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„Der regelmäßige Austausch mit den Wiesbadener Gewerkschaften sowie mit den Personal- und Betriebsräten ist mir für ein gutes, offenes Verhältnis sehr wichtig“, so Oberbürgermeister Sven Gerich. In seiner Einführung ging er aus aktuellem Anlass auf den Streik der Erzieherinnen und Erzieher ein. Rund die Hälfte der 37 städtischen Einrichtungen seien aktuell betroffen, darunter auch Kinder-, Jugend- und Stadtteilzentren sowie die Schulsozialarbeit. „Die Verwaltung hat einen sehr guten Notfallplan entwickelt, um die Ausfallzeiten so gut als möglich aufzufangen. Dennoch habe ich Verständnis für die Streikenden und hoffe auf eine schnellstmögliche Einigung zum Wohle aller Beteiligten“, sagte Gerich.
Die Zusammenlegung von ESWE-Verkehr und WiBus war eines der Hauptthemen bei dem Gespräch. „Die Fehler der von der EU-Kommission geforderten Trennung der Unternehmen im Jahre 2004 wurden korrigiert. Endlich gilt wieder gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Dienstpläne in einem Unternehmen und der ÖPNV bleibt im Sinne öffentlicher Daseinsvorsorge in kommunaler Hand“, so der Oberbürgermeister.
„Noch vor kurzem galten wir als Negativbeispiel, heute sind wir Vorreiter, da Wiesbaden eine der ersten Städte der Republik ist, in der diese Fehlentwicklung nun beseitigt wurde“, kommentierte Thomas Baldering, stellvertretender Betriebsrat bei ESWE-Verkehr.
Gleich mehrfach wurde das hohe Mietpreisniveau angesprochen. Besonders junge Familien und Menschen mit geringen Einkommen hätten erhebliche Probleme, bezahlbaren Wohnraum zu finden. „Es darf nicht sein, dass öffentliche Wohnbaugesellschaften nach Sanierungsmaßnahmen die Mieten derartig anziehen, dass langjährige Mieterinnen und Mieter aufgrund zu knapper Renten zur Suche nach einer neuen Bleibe außerhalb der Stadt genötigt werden. Hier ist die Kommunalpolitik gefordert“, sagte der Vorsitzende des DGB Wiesbaden-Rheingau-Taunus, Philipp Jacks.
Stefan Heinemann, Vorsitzender der IG BAU Wiesbaden-Rheingau-Taunus, sprach das neue Tariftreue- und Vergabegesetz der Hessischen Landesregierung an. Es gebe immer wieder Fälle, in denen Menschen zu unwürdigen Löhnen arbeiteten. „Vergaberichtlinien dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern deren Einhaltung muss stärker kontrolliert werden“, so der IG BAU-Vorsitzende. Axel Gerntke, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Wiesbaden-Limburg, forderte indes, sich nicht von mangelnden gesetzlich vorgeschriebenen Kontrollmöglichkeiten entmutigen zu lassen, sondern nach alternativen Prüf- und Kontrollmechanismen zu suchen.
Für die IG BCE bedauerte Marco Rosenlöcher, stellvertretender Bezirksleiter Rhein-Main, die geringe Wahrnehmung des Industriestandorts Wiesbaden. Er fordert einen Ausbau der Infrastruktur in Sachen Industrie, Bildung und Wohnbau. Auch eine stärkere Vernetzung der Städte im Rhein-Main-Gebiet sei für den industriellen Sektor wichtig. Oberbürgermeister Sven Gerich verwies auf den kürzlichen Ankauf von rund 275 Hektar für Industrie- und Gewerbeentwicklung seitens der Stadt. Ferner verwies Gerich auf die Flächenplanung im Rahmen von WISEK 2030 unter Einbeziehung der Industrie sowie auf die gute Zusammenarbeit der Stadt mit dem Industriepark Infraserv in Sachen Ausbildung.
Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft forderte Michael Zeitz, eine angemessene Ausstattung öffentlicher Bildungseinrichtungen. „An vielen Schulen besteht dringender Sanierungsbedarf“. Auch müssten Alternativen zum Gymnasium, etwa in Form einer weiteren Gesamtschule, gestärkt werden.
„Es ist gut, dass aus Gewerkschaftssicht viele Themen angesprochen wurden, die uns im politischen Alltag ebenfalls beschäftigen. Wir arbeiten an Lösungen, sofern wir Einfluss darauf haben“, so der Oberbürgermeister. Viele Probleme ergäben sich leider auch aus der Weitergabe von Aufgaben des Bundes und der Länder an die Kommunen ohne die notwendige Finanzierung sicherzustellen. Der Wiesbadener Oberbürgermeister wies in diesem Zusammenhang erneut auf die völlig unzureichende Reform des Kommunalen Finanzausgleichs hin, nach dem das Land Hessen die Kommunen mit ihren deutlich gestiegenen Aufgaben im Stich lasse.
Abschließend war man sich einig, dass die von Gerich neu eingeführten Treffen zwischen Oberbürgermeister und Gewerkschaften in unterschiedlichen Formaten mindestens einmal pro Jahr stattfinden sollen.
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Foto: Stadt Wiesbaden