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Der konjunkturelle Schwung des ersten Quartals hat die Handwerksbetriebe im Kammerbezirk Wiesbaden auch über die Monate April bis Juni hinweg getragen. Über 80 Prozent der befragten Handwerksunternehmer bezeichnen der aktuellen Konjunkturumfrage zufolge ihre Geschäftslage im 2. Quartal als „gut“ oder „befriedigend“.
Nach Angaben von Kammerpräsident Klaus Repp habe sich erfreulicherweise die geschäftliche Lage in den Kfz-Handwerken stabilisiert. Fast Dreiviertel der befragten Kfz-Betriebe seien aktuell mit ihrer Geschäftslage zumindest zufrieden. Das Handwerk ist auch für die nächsten drei Monate optimistisch. Knapp 83 Prozent der Befragten rechnen mit einer guten oder zufriedenstellenden Geschäftslage. „Das Handwerk befindet sich damit bereits im vierten wirtschaftlich erfolgreichen Jahr in Folge und ist somit weiterhin gut aufgestellt“, so Kammerpräsident Repp.
Die Zahl der Handwerksbetriebe im Wiesbadener Kammerbezirk ist im 1. Halbjahr leicht zurückgegangen. Am Stichtag 30. Juni waren 25.438 Betriebe in die Handwerksrolle eingetragen. Das bedeutet einen Rückgang um 0,5 Prozent oder 121 Betriebe. Verantwortlich hierfür ist vor allem der Rückgang bei den zulassungsfreien Handwerken und handwerksähnlichen Gewerben, die im Gegensatz zu den 41 meisterpflichtigen Handwerken ohne nachgewiesene handwerkliche Qualifikation ausgeübt werden dürfen. Erstmals seit der Novellierung der Handwerksordnung 2004 gab es einen leichten Rückgang bei den zulassungsfreien Handwerken, die in in den letzten 10 Jahren starke Zuwächse zu verzeichnen hatten. „Ob damit eine Trendumkehr eingeleitet wurde, bleibt abzuwarten“, sagte Repp unter Hinweis darauf, dass es sich lediglich um Halbjahreszahlen handele.
Kammerpräsident Repp zufolge besteht im heimischen Handwerk ein akuter Fachkräftebedarf: „Gut ausgebildete Fachkräfte sind das beste Kapital eines Handwerksbetriebes. Das Handwerk rekrutiert traditionell einen großen Teil dieser Fachkräfte über die Ausbildung des eigenen Nachwuchses.“ Nach Angaben von Repp sind aktuell 1.687 neue Lehrverträge bis zum 30. Juni, in der Lehrlingsrolle der Kammer eingetragen worden.
Repp machte aber auch aufmerksam auf die mehr als 200 freien Lehrstellen, die aktuell in der Lehrstellenbörse der Kammer gelistet sind. „Allein diese freien Lehrstellen belegen, dass es für viele Betriebsinhaber noch schwieriger geworden ist, geeignete Bewerber zu finden. Gerade in technikorientierten Handwerken, aber auch bei den Nahrungsmittelhandwerken gebe es keinen Lehrstellenmangel, sondern einen Lehrlingsmangel. Der Kampf um die besten Köpfe habe deutlich zugenommen. Nachwuchsgewinnung sei ein zentrales Thema der Handwerkskammer Wiesbaden.
Laut Kammerhauptgeschäftsführer Harald Brandes ist die Handwerkskammer Wiesbaden zunehmend auch international aktiv. Brandes verwies auf das Verbundausbildungsprojekt mit spanischen Jugendlichen in Mittelhessen. „Mit diesem ehrgeizigen und arbeits- und kostenintensiven Projekt bieten wir von Arbeitslosigkeit bedrohten jungen Spaniern eine berufliche Zukunft und eröffnen heimischen Handwerksbetrieben die Beschäftigung von qualifizierten Nachwuchskräften“, so Brandes.
Die Kammer sei aber auch im polnischen Posen engagiert. So gebe es mit der polnischen Schwesterkammer einen Lehrlingsaustausch und erst vor kurzem seien 16 Friseurlehrlinge für ein 14-tägiges Praktikum nach Wiesbaden gekommen. Dabei wurden den Teilnehmerinnen fachspezifische Kenntnisse vermittelt, die auf ihre Ausbildung in Polen angerechnet werden. Vorbild für den Lehrlingsaustausch mit der polnischen Schwesterkammer sei der Lehrlingsaustausch mit der Kammer in Avignon, der im nächsten Jahr seit 40 Jahren besteht. Aber nicht nur in Europa sei die Kammer aktiv, sondern auch in China. Dort bestehe ein Kooperationsprojekt mit der Region Chengdu, wo die Kammer ihre Erfahrungen in der Ausbildung, insbesondere im Kfz-Handwerk, vermittele.
Die EU-Kommission überprüft aktuell alle reglementierten Berufe in den Mitgliedstaaten. Davon besonders betroffen ist die deutsche Pflichtmeisterprüfung in den 41 zulassungspflichtigen Handwerken, die zu den reglementierten Berufen zählen.
„Am Ende dieser Überprüfung auf EU-Ebene könnte die Beschneidung oder gar Abschaffung des deutschen Meisterbriefs als verpflichtender Berufszugang stehen“, so Brandes. Um dies zu verhindern setze sich die Handwerkskammer Wiesbaden gemeinsam mit anderen Kammern für den Erhalt des Meisterbriefs und die Wertigkeit der Meisterqualifikation ein. Denn er steht für Qualitätsarbeit und dient aktiv dem Verbraucherschutz. Er befähigt zur Ausbildung junger Menschen und sichert Jugendlichen eine qualifizierte Ausbildung. Brandes: „Die Bedeutung der Meisterqualifikation ist uns im Handwerk klar. Das müssen wir aber auch den anderen Ländern in der EU sagen. Hier kennt man die Vorzüge dieser Qualifikation nicht oder will bewusst unser Ausbildungs- und Qualifizierungssystem schwächen.“
Bis Ende des Jahres will die Handwerkskammer Wiesbaden deshalb möglichst viele Unterstützungskarten „Ja zum Meister“ sammeln und diese gegenüber der EU in einer Veranstaltung präsentieren. Unter www.hwk-wiesbaden.de besteht zudem die Möglichkeit online seine Stimme abzugeben.
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Symbolfoto