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Das Diakonische Werk in Wiesbaden und die Evangelische Kirche in Wiesbaden – darunter das Evangelische Stadtjugendpfarramt und die Evangelische Familienbildungsstätte – haben sich an der Protestaktion unter dem Motto „Jetzt schlägt’s dreizehn!“ beteiligt und demonstrierten mit mehr als 1000 Wiesbadenerinnen und Wiesbadener am Freitag, 13. November, auf dem Dernschen Gelände.
Der Dekan der Evangelischen Kirche in Wiesbaden, Dr. Martin Mencke, forderte in seinem Grußwort, die Investitionen in den sozialen Kitt zu verstärken. Die Qualität des Lebens in der Stadt bemäße sich an der Qualität des Lebens der Schwächsten. „Dafür stehen wir als Kirchen mit allen anderen guten Willens zusammen“, so Mencke. Er kritisierte vor allem das Rasenmäher-Prinzip, mit dem die Stadtverantwortlichen den Haushalt sanieren wollen: „Als wäre der Rasenmäher eine Gerechtigkeitswunderwaffe. Was für ein Unsinn. Was ist in die Köpfe und noch viel mehr Herzen der Verantwortlichen gefahren, an Kürzungen im Sozial- und Kulturbereich überhaupt zu denken?“
Betina Seibold, Leiterin der Evangelischen Familienbildungsstätte in Wiesbaden, mahnte, dass das gute Netz an Beratungs- und Betreuungsangeboten in Wiesbaden zerreißen würde. „Für viele Familien in Wiesbaden bedeuten die Kürzungen, dass sie keine Chance haben, ihr Familienleben zu gestalten und ihren Kindern einen Zugang zu Bildung zu verschaffen.“
Denis Wöhrle, der für den Stadtjugendring und den Evangelischen Jugendring sprach, wies darauf hin, dass – wenn die geplanten Sparmaßnahmen kommen – es künftig etwa merklich weniger Kinder- und Jugendfreizeiten geben würden. Außerdem seien viele Ehrenamtliche an der Belastungsgrenze. „Die Stadt signalisiert den Ehrenamtlichen wenig Wertschätzung“, so Wöhrle und weiter: „Warum werden gerade hier in der Jugendarbeit den Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen Steine in den Weg gelegt?“
Die Kundgebung wurde von Aktions- und Infoständen begleitet. Auf der Bühne sprachen außerdem Vertreter der Liga-Verbände und anderer von den Sparmaßnahmen betroffener Institutionen.
Heike Lange vom Paritätischen Wiesbaden war eine der Organisatorinnen und Rednerinnen der Großdemonstration, die die Anliegen vieler sozialer Institutionen, Verbände und Träger in den Fokus rückte. Obwohl die Haushaltskürzungen vorerst nicht mehr so drastisch ausfallen sollen wie zunächst befürchtet, „schlägt es jetzt 13“, so das Motto der Versammlung.
Kürzungen an Pflichtaufgaben der öffentlichen Hand sind gesetzeswidrig, so Heike Lange und zahlreiche andere Redner von Sozialverbänden wie der AWO, dem Wiesbadener Arbeitskreis Kultur oder der Caritas. „Das Sozialdezernat hält die meisten gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen vor. Das sind Pflichten der Stadt, man kann sich über diese Gesetze nicht einfach mit Rasenmäher-Kürzungen hinwegsetzen“, sagte die Geschäftsführerin des Paritätischen.
Auch dass die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst nicht an freie Träger weitergegeben wird, kritisierte Lange. „Warum soll eine Erzieherin, die bei der Stadt arbeitet, besser bezahlt werden als eine bei der Arbeiterwohlfahrt, beim Kinderschutzbund oder bei der Lebenshilfe?“ Man setze den sozialen Frieden durch solche Kürzungen aufs Spiel.
„Wir brauchen diese sozialen Strukturen, um weiter solidarisch zu leben.“ Wenn man so weitermache, werde in einigen Jahren nicht nur jedes vierte Kind, wie derzeit, sondern jedes zweite Kind von Armut betroffen sein. Das sei einer deutschen Landeshauptstadt nicht würdig, befand Heike Lange. „Jetzt schlägt’s 13!“ Einige hundert Teilnehmer der unterschiedlichsten freien oder kirchlichen Träger verliehen der Demonstration mit ihrer Anwesenheit Gewicht – auch akustisch, denn viele Pfiffe aus Trillerpfeifen schrillten an die Adresse der Kommunalpolitiker.
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Fotos: Privat, Dennis Geldschläger