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Es ist 1973, als in der Kirche St.-Marie-Madeleine in Marcoussis ein Gemälde gestohlen wird. 46 Jahre später konnte es in Wiesbaden unversehrt an den Bürgermeister der französischen Stadt übergeben werden.
Bei einem Treffen im Rahmen des EU-Projekts NETCHER (Bekämpfung des illegalen Handels mit Kulturgut) nahm auch eine Beamtin aus dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden (auf dem Foto ganz links) teil. Eine Vertreterin des französischen Kultusministeriums sprach sie auf ein Gemälde an, das ein französischer Restaurator auf der Webseite eines Wiesbadener Auktionshauses entdeckt hatte, dort wurde es zum Erwerb angeboten.
Laut der Aussage des Restaurators handelte es sich bei dem Bild um das 1973 in Marcoussis entwendete Gemälde des bekannten Malers Théodore Chasseriau: "Jesus bei Martha und Maria".
Die französische Vertreterin äußerte ihr Bedauern, dass in diesem Fall die Ermittlungen wohl schwierig, beziehungsweise ein Verkauf schwer zu verhindern sei, weil der Diebstahl schon so lange zurückläge und das Gemälde nicht in der nationalen und internationalen Fahndung ausgeschrieben sei. Das BKA schloss sich dieser Bewertung nicht an und regte eine Sicherstellung wegen des Verdachts der Hehlerei eines inkriminierten Gegenstandes bei der Polizeidirektion Westhessen an. Die dortigen Ermittler zögerten nicht lange, fuhren in das Auktionshaus und stellten das Gemälde sicher (ein an der Sicherstellung beteiligter Polizist ist auf dem Foto als zweiter von rechts zu sehen).
Im Rahmen der Ermittlungen wurde auch der Mann kontaktiert, der das Gemälde beim Aktionshaus eingeliefert hatte, um es dort veräußern zu lassen. Er gab an, das Bild aus dem Familienbesitz geerbt zu haben. Seinem Kenntnisstand zufolge wurde das Gemälde 1974 auf dem Pariser Kunstmarkt erworben. Erst 2019 fiel ihm das Gemälde, das auf dem Speicher verwahrt worden war, wieder in die Hände und er entschloss sich zur Weitergabe an das Aktionshaus.
Nachdem der Einlieferer erfahren hatte, dass es sich bei dem Gemälde um ein registriertes nationales französisches Kulturgut handelte, erklärte er sich zur Überlassung an den Eigentümer, die Gemeinde Marcoussis, bereit. Eine wirklich außergewöhnliche Geste, die dazu führte, dass das Bundeskriminalamt gemeinsam mit der Polizeidirektion Westhessen die Rückführung des Gemäldes unbürokratisch organisieren konnte!
Der genaue Wert des Gemäldes kann derzeit nicht näher beziffert werden. Das Gemälde wurde wohl nach dem Raub aus dem Rahmen herausgetrennt und weist leichte Beschädigungen auf, daher fehlt bedauerlicherweise die Signatur. Andere Werke des Künstlers T. Chasseriau werden auf dem Kunstmarkt - je nach Zustand - ab 10.000 Euro gehandelt.
Der Bürgermeister von Marcoussis Olivier Thomas (auf dem Foto zweiter von links) dankte während der Übergabe in den Räumen des Präsidiums ausdrücklich dem BKA und der Kriminalpolizei für die schnelle sowie effiziente Sachbearbeitung, die eine Rückkehr des Gemäldes möglich gemacht hat. Der Dank der Gemeinde Marcoussis gilt in besonderem Maße auch dem Vorbesitzer, der sich freiwillig bereit erklärte, das Gemälde an die Gemeinde zurückzugeben.
Während der Übergabe durch Polizeivizepräsidentin Roswitha Briel (auf dem Foto rechts) sagte Bürgermeister Thomas, dass er sich noch gut an das Gemälde erinnere, weil es zum Zeitpunkt seiner Kommunion im Jahr 1971 noch in der Kirche hing. Er habe die Hoffnung nie aufgegeben, es irgendwann zurückführen zu können.
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Foto: Polizeipräsidium Westhessen