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Null Bock auf Schule und nur Flausen im Kopf? Von wegen. Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Heinrich-von-Riehl-Schule in Biebrich zeigten in den vergangenen Wochen, wie gut sich Coolness und schulisches Engagement ergänzen. Auf Initiative von „Chancenwerk e.V.“ texteten sie einen Rap, in dem sie sich mit ihrer Lebens- und Lernsituation auseinandersetzen. Mit Unterstützung der Schulband wurde ein großes Projekt mit Tanzeinlagen. Die Teilnehmer hatten jede Menge Spaß. Als Höhepunkt gab es zum Abschluss ein professioneller Video-Dreh.
In nur sechs Wochen haben die 11 Schüler der 6. bis 8. Jahrgangsstufe dieses Ziel erreicht. Talent allein reicht dafür nicht – nur mit Teamgeist, Durchhaltevermögen und der Bereitschaft, etwas Neues auszuprobieren, konnte das Video entstehen. „Darum geht es ja auch uns vom Chancenwerk“, sagt Regionalleiter Philip Kösters, „wir wollen Bildung und Beteiligung fördern. Die Kinder sollen sehen, dass Leben, Lernen und Schule zusammengehören und Spaß machen. Und dass sie zusammen ein Ziel erreichen können!“
Nicht einmal die Weihnachtsferien konnten die Truppe unter der musikalischen Leitung von Hansi Malolepssy bremsen. Es gab ja auch viel zu tun: Der Text musste geschrieben und einstudiert werden. Die Instrumentalbegleitung wurde geprobt und das Szenario für das Video ausgedacht. Dabei hatten die Kids nicht nur riesigen Spaß, sondern auch professionelle Unterstützung: In einem dreistündigen Workshop zeigte ihnen Rapper Danny Fresh, worauf es beim Umgang mit der Kamera und einem großen Publikum ankommt. Wie stelle ich Emotionen wie Langeweile („Ich will aber nicht langweilig sein!“, so eine Schülerin), Traurigkeit oder auch Freude dar? Wie bewege ich mich im Raum? Fast nebenher gab der Musiker, der unter anderem als Dozent an der Mannheimer Pop-Akademie arbeitet und schon mit Xavier Naidoo auf Tour war, den Kids noch etwas mit auf den Weg: Selbstbewusstsein.
„Die Entwicklung, die die Kids durchgemacht haben, ist unglaublich“, findet Philip Kösters, Leiter der Chancenwerk-Regionalstelle in Hessen. „Sie sind nicht nur professioneller und selbstsicherer geworden, sie haben auch neue Freundschaften geschlossen.“ Diese Entwicklung ist auch Thema des Videos: Aus einer gelangweilten Meute – Pöbeleien und Beschimpfungen inklusive – wird eine engagierte Klassengemeinschaft: „Jeder hat mal ein Problem, das ist schon klar – und deswegen ist das Chancenwerk da“, heißt es in einem Vers. „Uns geht es im Chancenwerk darum, Lernen als etwas Positives zu vermitteln, als etwas, was den Kindern auch Spaß macht und sie im Leben weiterbringt“, so Kösters. Das Rap-Projekt sei daher ein wichtiger Impulsgeber im Sinne der Chancenwerk-Arbeit: Lernen und Schule bringen einen weiter, es geht nicht nur um Noten, sondern auch um das Miteinander.
Als Abschluss der langen kreativen Arbeit bekamen die Kids Besuch von einem Kamerateam – einen Nachmittag lang stand ein professionelles Video-Shooting auf dem Stundenplan. Selbstbewusst und mit viel Durchhaltevermögen zeigten die Mädchen und Jungen, was sie draufhaben – selbst nach dem fünften „Das machen wir jetzt noch einmal, nur zur Sicherheit!“. Das Video wird bei der Jubiläumsveranstaltung „10 Jahre Chancenwerk“ am 14. Februar in Duisburg uraufgeführt. Vom Talent der Schüler überzeugen können sich dann auch Gäste wie Ulla Schmidt, Vizepräsidentin des Bundestages und andere Größen aus Politik und Wirtschaft.
Im Chancenwerk geht es um Chancengerechtigkeit für alle Kinder und Jugendlichen. Die lässt sich nicht nur mit fachlicher Unterstützung erreichen, sondern bedarf neuer Perspektiven und geeigneter Vorbilder.
Das Chancenwerk etabliert an seinen Kooperationsschulen „Lernkaskaden“: Schüler und Schülerinnen der höheren Jahrgänge bekommen in einem Fach ihrer Wahl 1 x pro Woche Unterstützung durch Studierende. Das Angebot ist für diese Schüler kostenfrei – sie zahlen mit ihrem Engagement und ihrem Wissen, indem sie Kinder der unteren Jahrgänge unterstützen. In dieser Lernbetreuung können die Jüngeren gemeinsam lernen, ihre Hausaufgaben erledigen und den Unterrichtsstoff vertiefen. Für die Unterstufenschüler/innen kostet diese Betreuung an wöchentlich zwei Nachmittagen nur 10 Euro im Monat. Diese geringe Monatsgebühr ist an der Riehl-Schule nur möglich durch die dankenswerte Unterstützung der Globus-Stiftung.
Das Modell hat greifbare Erfolge. Eines der Mädchen aus dem Rap-Projekt verbesserte sich zum Beispiel durch den Besuch der „Chancenwerk“-Betreuung von einer 4 auf eine 3+. Und kann sich nun deutlich entspannter auf die Suche nach einer Ausbildungsstelle machen.
Durch den Einsatz von Rollenvorbildern – auch das gehört zur „Chancenwerk“-Idee – werden Schüler in ihren schulischen Leistungen gestärkt und zu höheren Bildungsabschlüssen ermutigt. An der Wilhelm-Heinrich-von-Riehl-Schule, einer Integrierten Gesamtschule, lernen Kinder aus über 40 Nationen. Rund 70 Prozent der Schüler haben Migrations-Hintergrund. Schulleiter Thomas Schwarze: „Dank Chancenwerk und weiterer Förderprojekte an unserer Schule haben einige Schüler, die letztes Jahr noch um ihre Versetzung bangten, jetzt sogar eine Fachoberschul-Empfehlung bekommen“.
Fotos: cw