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Großer Andrang bei der Urteilverkündung im Mordprozess um die 14-jährige Susanne aus Mainz. Bereits um 6:00 Uhr hatten sich die ersten Zuschauer eingefunden, um eines der Tickets für den Gerichtssaal zu bekommen. Um 9:00 Uhr waren bereits alle Plätze vergeben. Auch das Interesse der Presse war groß. Rund 40 akkreditierte Journalisten berichteten live vor Ort.
Knapp ein Jahr nach der Tat verurteilten die Richter am Landgericht Wiesbaden den Angeklagten Ali Bashar zu lebenslänglicher Haft und vorbehaltlich einer anschließenden Sicherheitsverwahrung. Das Gericht erkannte auch die besonderer Schwere der Schuld. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der 22-jährige Täter die Mainzer Schülerin im Mai 2018 zuerst vergewaltigt und anschließend ermordet hat.
Das Gericht bescheinigte Bashar eine schwere Persönlichkeitsstörung mit psychopathischen Zügen und vollkommener Empathielosigkeit, die Wiederholungstaten wahrscheinlich mache. Auffällig ist seine außerordentliche Geringschätzung gegenüber Frauen. Er wurde von den Gutachtern als nicht therapierbar eingeschätzt.
Bashars Verteidigung hatte auf einen eigenen Strafantrag verzichtet und lediglich auf die "fehlende Sozialisierung" und den hohen Alkoholkonsum ihres Mandanten hingewiesen.
Da in das Urteil auch der schwere Raub mit einfloss, bedeutet das für Bashar, dass eine Haftentlassung vor dem Ablauf von 20 Jahren unmöglich scheint. Nach frühestens 15 Jahren kann er alle zwei Jahre überprüfen lassen, ob er weiterhin in Haft bleiben muss. Damit ist eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung unmöglich und kann in eine wortwörtliche lebenslange Haft münden.
Eine Abschiebung kommt nach deutschen Recht nicht in Frage, da Bashar in seinem Heimatland die Todesstrafe droht.
Bei der Verlesung des Urteils durch den Richter herrschte im Saal tiefe Betroffenheit beim Publikum, tiefe Betroffenheit, da erneut Einzelheiten der Tat geschildert wurden. Entsprechend leise verließen sie später den Gerichtssaal.
Über die Haftstrafe hinaus wurde Bashar dazu verurteilt, je 50.000 Euro Schmerzensgeld an die Mutter und die Schwester der Getöteten zu zahlen. Wohl ein Urteil mit Symbolcharakter, denn diese Summen wird er in seinem Leben nicht mehr aufbringen.
Während des gesamten Verhandlungszeitraums zeigte Ali Bashar keine Anzeichen von Reue. Vielmehr beschuldigte er andere, ihn zum Konsum von Alkohol verführt zu haben. Dem deutschen Staat warf er vor, zu wenig für seine Integration getan zu haben.
Susannas Mutter, die an allen Prozesstagen anwesend war, weinte, wie bei der Urteilsverkündung, wie bei vielen anderen Gerichtsterminen.
Nach den Plädoyers vor einigen Wochen sagte sie in einem anschließenden Interview, sie selbst habe auch lebenslänglich bekommen, denn sie müsse bis zu ihrem Lebensende mit dem Tod ihrer Tochter zurechtkommen. Besonders schlimm sei es für sie, bei den Aussagen von Bashar nicht erfahren zu haben, warum er sie letztendlich getötet habe.
Den Behörden warf sie vor, die Vermisstenanzeige nicht richtig ernst genommen zu haben und die Suche nach Susanne nur halbherzig angegangen zu sein.
Für die Mutter ist das Urteil von Mittwoch vielleicht der Abschluss eines Kapitels, sicher aber nicht der Geschichte des Mordes an ihrem Kind.
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Fotos: Daniel Becker