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150 Programmpunkte umfassten die Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen unseres Bundeslandes seit Mai dieses Jahres. Abschluss und gleichzeitiger Höhepunkt war der Festakt am Donnerstag, 1. Dezember, im Hessischen Staatstheater, in dem vor genau 70 Jahren die Hessische Verfassung per Abstimmung bestätigt wurde.
Zu den zahlreichen Gästen zählten der Präsident des Staatsgerichtshofes Dr. Günther Paul, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer, die ehemaligen Ministerpräsidenten Eichel und Koch, die Stadtverordneten Vorsteherin Christa Gabriel, Oberbürgermeister Sven Gerich sowie zahlreiche Vertreter anderer hessischer Städte und Gemeinden, die der Präsident des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann unter anderem in seiner Rede begrüßte.
Und dann ging es auch schon los. Flankiert von zwei blauen Hessenlöwen auf der Bühne, wurden Bilder aus dem zerstörten Nachkriegsfrankfurt und auch kurze Wiesbadener Szenen gezeigt und in kleinen Sequenzen das Thema Flucht und Vertreibung schauspielerisch angesprochen. Über das Thema amerikanische Besatzung, ging es zur hessischen Verfassung.
Bedauerlicherweise kam an diesem Punkt der weitere Verlauf der Veranstaltung irgendwie vom Thema ab. Man sah Elvis mit seinen kreischenden Fans, die munter und flott Rock´n Roll tanzten. Es folgte eine Gesangsdarbietung des Erlkönigs mit Begleitung am Klavier, die an Goethe erinnerte- nichts gegen Goethe als Hesse, aber in den vergangenen 7 Jahren nicht mehr ganz so aktiv.
Danach eine Szene aus Woyzeck, ein Stück des hessischen Dramatikers Georg Büchners (auch in den letzten 70 Jahren nicht mehr persönlich präsent). Im Anschluss begleitete das Ballettensemble den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier auf die Bühne. Der betonte in seiner Rede den Wert von 70 Jahren Frieden und gratulierte den Bürgern für ihr Zutun zum Erfolg des Bundeslandes Hessen. Mit Blick auf die aktuellen Probleme in Deutschland und der Welt sagte er „Unsere Demokratie ist stark geworden und wird stark bleiben. Sie hält Widerspruch und Gegensätze aus. Was sie nicht aushält, sind Gleichgültigkeit, Hass und Gewalt.“ In diesem Zusammenhang betonte Bouffier auch die Wichtigkeit eines geeinten Europas.
Und wie die Cola zu Amerika gehört zu einer Hessenchronik ganz selbstverständlich auch eine Szene aus einer der ersten HR Fernsehserien der 60ziger Jahre "Familie Hesselbach", wie auch ein Einspieler mit dem Wirt des Blauen Bocks Heinz Schenk.
Im Anschluss sprach der hessische Astronaut Dr. Thomas Reiter über die Erde aus der Sicht aus dem All und wie sich Grenzen und der Begriff Heimat aus dieser Perspektive verflüchtigt. Es folgte ein kabarettistischer Abriss der Hessischen Geschichte von 1946 bis 1989. Warum es keinen zweiten Teil von 1990 bis 2016 blieb rätselhaft.
Der aus Sysrien geflüchtete Musiker Aeham Ahmad spielte, begleitet von der Big Band der Bundeswehr – übrigens fantastische Musiker, die die Veranstaltung deutlich aufwertete – einen Song, den er mit drei Worten in syrischer Sprach begleitete. Für Nicht-Wiesbadener eher schwer in einen Zusammenhang zu bringen, wie auch der gesamten Veranstaltung eine Moderation sicher gut getan hätte.
So sang man zum Schluss gemeinsam die Nationalhymne gefolgt, von der Titelmelodie des Blauen Bocks, dem Onkel Otto Lied des HR und einem fröhlichen „Erbarmen die Hesse komme“.
Dazu gab es Goldflitter und hunderte goldene Luftballons, die die Gäste sogleich fröhöich zum platzen brachten.
Damit gingen knapp Stunden Festakt zur Verfassung des Bundeslandes Hessen zu Ende! Wäre es ein Deutschaufsatz gewesen hätte der Lehrkörper darunter geschrieben: „Ich habe mich sehr amüsiert, leider wurde das Thema verfehlt“.
Schade, in 70 Jahren hätte es sicher mehr über das Hessen von gestern, heute und morgen zu erzählen gegeben. Dieser Meinung waren viele Gäste, als sie das Theater verliesen.
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Fotos: Daniel Becker