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Nachdem eine amerikanische 250 Kilo schwere Splitterbombe mit 120 Kilo Sprengmittel im neuen Wohngebiet in Bierstadt entdeckt wurde, mussten am Donnerstag in einem Radius von 700 Metern rund 2.700 betroffene Anwohner ihre Häuser und Wohnungen räumen.
Ab 12:00 Uhr wurde die Bevölkerung auch mit Lautsprecherdurchsagen auf die bevorstehende Evakuierung aufmerksam gemacht. Gegen 13:00 Uhr gingen Kräfte der Polizei mit Listen von Haus zu Haus und überprüften, ob alle Bewohner aus ihren Wohnbereichen waren.
Mit Rollkoffern machten sich die meisten auf den Weg, um für die nächsten Stunden bei Freunden oder Verwandten unterzukommen. Wer keine Zuflucht gefunden hat, konnte in die Theodor-Fliedner-Schule gehen. Ein ESWE-Pendelbusverkehr brachte die Menschen aus ihren Wohngebieten dort hin. In der Halle hatten die Einsatzkräfte bereits alles vorbereitet, um die Menschen aufzunehmen. Für Getränke und Speisen war ebenfalls gesorgt.
Schwieriger war es für die knapp 250 Bewohner der beiden Seniorenheime. Hier müssen 39 Wachkoma-Patienten und 15 Menschen, die eine medizinische Intensivbetreuung benötigen, transportiert werden. Für sie wurde - ebenfalls in der Theodor-Fliedner-Schule - eine Unterbringung vorbereitet, die eine fachgerechte Versorgung garantierte.
Dabei mussten auch die Polizisten ihr Revier in Bierstadt verlassen. Schon am Morgen verstauten die Beamten Waffen und Munition und fuhren diese an einen anderen Ort.
Wegen der Nutzung der Theodor-Fliedner-Schule als Notunterkunft konnten die Schülerinnen und Schüler bereits am Donnerstag in die Osterferien starten.
Vier ESWE-Buslinien wurden ab 13:00 Uhr bis zum Ende der Sperrung umgeleitet.
Ein Polizeihubschrauber flog mit Wärmebildkamera über die Häuser, um die ordnungsgemäße Räumung zu überprüfen. Auch der Luftraum war während der Entschärfung gesperrt. Die Polizei patroullierte durch die menschenleeren Straßen, um Personen davon abzuhalten, die Sperrzone wieder zu betreten sowie Einbrüchen oder Plünderungen vorzubeugen.
Die Maßnahmen zur Evakuierung und Sicherung des Sperrbereiches in Wiesbaden Bierstadt zur Entschärfung der Weltkriegsbombe lagen vor dem Zeitplan, so dass bereits um 18:00 Uhr begonnen konnte. Die B455 wurde in diesem Bereich bereits um 17:45 Uhr gesperrt.
Der Leiter des Kampfmittelräumdienstes Rene Bennert und sein sechsköpfiges Team konnten die 250 Kilo Splitterbombe mit circa 120 Kilo Sprengstoff nach gut einer halben Stunde entschärfen. Mittels einer Raketenklemme konnte der Zündkopf entfernt werden. Nachdem der Zünder entfernt wurde, begutachtete der Kampfmittelräumdienst den Zustand der Bombe und ließ sie auf einen Lkw verladen. Hierzu wurde ein Teleskopstapler eingesetzt. Die Bombe wurde zunächst auf die vierte Polizeiwache gebracht. Dort standen bereits zahlreiche Pressevertreter bereit.
"Die Entschärfung hat super geklappt. Die Evakuierung lief deutlich schneller als geplant, so dass wir früher beginnen konnten. Wir haben eine Raketenklemme eingesetzt. Gleich beim ersten Anlauf hat es geklappt. Die Bombe wird einem Zerlegebetrieb zugeführt, wo sie dann fachmännisch entsorgt wird", erklärt Bennert.
An den jeweiligen Außengrenzen waren Absperrbarken angebracht, die von Polizisten noch mal extra gesichert werden. Auf den Feldwegen zwischen Kloppenheim, Bierstadt war die Reiterstaffel der Polizei Hessen im Einsatz, um zu überwachen, dass der Gefahrenbereich nicht betreten wird.
Zwei Arbeiter kamen um kurz nach 18:00 Uhr von der Arbeit und liefen in Maleroutfit Ecke Dresdner Ring/Leipziger Straße entlang und wollten zu ihrer Wohnung in der Nauroder Straße. Die Polizei ließ sie nicht durch. Sie hatten von der Evakuierungsmaßnahme nichts mitbekommen.
Die Sperrzone darf seit kurz nach 19:00 Uhr wieder betreten werden. Die Anwohner dürfen wieder in ihre Wohnungen und Häuser zurück. Die Zufahrten zu den Pflege- und Altenwohnheimen sollen für die Einsatzkräfte freigehalten werden. Der Sondertransport von der Theodor-Fliedner-Schule mit den Bussen setzte umgehend ein.
Insgesamt befanden sich in der Sporthalle der Theodor-Fliedner-Schule 56 Personen (liegend), die auf Betreuung angewiesen waren. Weiterhin befanden sich dort 141 gehfähige Personen. Der Großteil der 2.700 Bewohner kamen anderweitig bei Freunden und Bekannten unter.
An der Schule und auf dem ehemaligen Gelände der PX standen zahlreiche Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge in Bereitschaft.
Die Helfer haben mit dem Rücktransport begonnen, der voraussichtlich bis Mitternacht andauern wird. Florian Erbacher von der Berufsfeuerwehr Wiesbaden zog ein positives Fazit. "Es verlief alles reibungslos. Von fünf Landkreisen kamen zusätzliche Rettungswagen. Im Laufe des Tages wurde das Personal gewechselt, um die Belastung für die Helfer in Grenzen zu halten", so Erbacher.
Die Bombe wurde bei Sondierungsarbeiten auf dem Grundstück "An den Fichten" entdeckt. Drei weitere mögliche Fundstellen erwiesen sich als negativ. Der Sprengkörper lag zirka 1,50 Meter tief waagerecht im Erdreich.
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Fotos: Daniel Becker, Feuerwehr Wiesbaden