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Der Wald zwischen Georgenborn und Frauenstein ist warm und fast dampfend feucht. Pilze stehen an diesem Freitag im Oktober in Kreisen um die Bäume. Es ist still, nur wenige Vögel zwitschern auf dem Weg in Richtung Friedwaldgelände. Nahe dem Parkplatz, auf einer mit Rindenmulch aufgefüllten Lichtung, haben es sich einige Menschen, darunter auch Vertreter der Stadt und der Kirchen, auf den aufgestellten Bänken bequem gemacht.
Plötzlich wird die Stille mit den Klängen von Hörnern erfüllt. Die Töne schwallen über die Gäste in den Wald und werden von dort zurückgeworfen. Ein schöner, friedlicher Augenblick, der einen Eindruck vermittelt, was es emotional bedeutet, seine letzte Ruhestätte hier zu finden.
Wie immer, wenn etwas Neues geplant wird, gab es auch beim Wiesbadener Friedwald im Vorfeld zahlreiche Bedenken. Kirchenvertreter diskutierten, ob es sich dabei um eine Modeerscheinung handele und ob eine Beisetzung in ungeweihter Erde dem christlichen Glauben entspricht. Frauensteiner Bürger befürchteten ein höheres Verkehrsaufkommen durch ihren Ort. All diese Bedenken haben sich seit der Eröffnung 2013 nicht erfüllt.
Im Gegenteil, die neue Bestattungsform wurde von den Bürgerinnen und Bürgern mit großer Begeisterung angenommen, sodass die Verdopplung der bereitgestellten Waldfläche eine logische Konsequenz dieser Nachfrage ist und der Tatsache gerecht wird, dass bereits 70 Prozent der Plätze auf dem Erstareal vergeben sind.
Interessant ist die Tatsache, dass hier auch Nicht-Wiesbadener Bürgern ermöglicht wird, eine Grabstatt zu erwerben.
Mit dem Eröffungstag am Freitag stehen ab sofort insgesamt 15 Hektar Wald mit über 1.000 Bäumen zur Verfügung. 1,5 Kilometer, mit Rindenmulch belegte Gehwege, erleichtern das Schlendern durch den Wald. Große Bänke laden zum Verweilen und Gedenken ein.
Bürgermeister Dr. Franz zeigte sich in seiner Ansprache zufrieden, dass das Projekt Friedwald kostendeckend arbeitet und darüber hinaus drei Arbeitsplätze geschaffen hat. Als weitere Besonderheit des Friedwaldes würdigte er die konfessionsübergreifende Möglichkeit der Bestattung an Buchen, Eichen, Kiefern, Esskastanien und weiteren Baumarten.
Grünflächen-Dezernent Andreas Kowol bedankte sich bei den engagierten Mitarbeitern von Terra Levis, die einen großen Anteil am Erfolg dieses Projektes haben. Er würdigte diese Bestattungsform auch hinsichtlich der Tatsache, dass viele alleinstehende Menschen nach ihrem Tod niemanden haben, der für eine ordentliche Grabpflege sorgen könnte. Dem schloss sich auch Manfred Kinzer, Sprecher des Wiesbadener Seniorenbeirates an.
Pfarrer Stefan Schröher berichtete von den besonderen Möglichkeiten bei einer Bestattung im Friedwald. Für ihn gehört seitdem ein Paar schwarze Gummistiefel zur Grundausstattung, aber auch die Tatsache, dass hier sehr persönliche Dinge im Gedenken an die Verstorbenen dort umgesetzt werden können. So erzählte er von einer Beerdigung einer alten Dame, deren Lieblingslied „Weißt Du wieviel Sternlein stehen“ während der Zeremonie erklang. Für die Mitarbeiter von Terra Levis ist es immer wieder eine Herausforderung, die letzten Wünsche zu erfüllen – bisher mussten sie jedoch noch keine Absagen erteilen.
Gabriele Oberbandscheid und Susanne Fichtl von der Klinikseelsorge Wiesbaden hielten eine kurze Andacht mit einer Lesung aus dem Prediger Salome „Alles hat seine Zeit“ und die Anwesenden stimmten am Ende in ein gemeinsames „Vater unser“ ein.
Bei einer Führung durch das neue Gelände, an der unter anderem auch die Stadtverordnetenvorsitzende Christa Gabriel teilnahm, konnten die Teilnehmer einen Eindruck erhalten, wie der Friedwald Terra Levis organisiert ist. Beim abschließenden Plausch mit Kaffee & Kuchen auf Einladung des Backhaus Schröer zeigten sich alle von der Anlage begeistert.
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Fotos: Petra Schumann