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Wiesbaden lebt Weltoffenheit mit Blick auf junge Leute und ist seit 10 Jahren ein Beispiel für andere Kommunen, die ihren jungen Bürger:innen internationale Erfahrungen ermöglichen wollen. Partner bundesweiter Organisationen nahmen an der jährlichen fachlichen Begegnung im Rahmen von „Wiesbaden international“ teil, sowie auch Azubis, Fachkräfte der Jugendarbeit, Schulsozialarbeit, Partnerschaftsvereinen, Jugendorganisationen und Jugendhilfeträger.
In einer Podiumsdiskussion wurden die Auswirkungen der Pandemie aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Seit dem vergangenen Herbst tasten sich Fachkräfte kreativ an virtuelle und hybride Begegnungsformate heran, nachdem die internationale Arbeit bis zum Sommer komplett zum Erliegen gekommen war. Iman von den „Reisepeers“ berichtete, dass der Austausch über Social Media und digitale Formate sie in Zeiten des Lockdowns zusammen gehalten hat. Die Reisepeers sind eine Gruppe von Wiesbadener Jugendlichen, die bereits an Reisen teilgenommen haben und ihre Erfahrungen an andere junge Menschen weitergeben.
Claudius Siebel von „Jugend für Europa“ berichtete, dass es trotz vieler Ausfälle nicht weniger Anträge gegeben und das Interesse an Begegnungen damit nicht abgenommen habe. Dennoch habe die Pandemie große Auswirkungen auf die Jugendarbeit gehabt, besonders in osteuropäischen Ländern ohne Rettungsschirm. Mittel für europäische Erasmus-Programme seien für die nächste Programmgeneration aber stark aufgestockt worden – ein positives Signal. Daniel Poli vom IJAB-Institut berichtet von über 100 internationalen Workcamps, die virtuell stattfanden.
Die Lerneffekte bei virtuellen Begegnungen seien natürlich andere, dies werde wissenschaftlich evaluiert, denn diese Erkenntnisse wolle man für die Zukunft verwerten. Denn nicht in allen Ländern und nicht für alle Altersgruppen gebe es bislang Impfstoffe und deswegen werden die Bedingungen für Auslandsreisen auch mittelfristig anders bleiben. Hybride Austauschformate werden deswegen weiter im Fokus bleiben.
Nazife Ilhan vom Träger „Weltblick“ erzählte von unterschiedlichen Erfahrungen ihres Vereins: „Es gab Highlights, aber auch Sachen, die schief gelaufen sind, zum Beispiel mangelhafte Internetverbindungen für virtuelle Begegnungen.“ Das „Informelle“ fehle leider in virtuellen Begegnungen gänzlich, bedauerten viele. Außerdem seien digitale Begegnungen auch davon abhängig, wer Zugang zu entsprechenden Geräten oder auch Internetzugang habe. Wo das funktioniert, existierten interessante Softwaretools.
Jugendliche hätten sich sehr solidarisch verhalten, sagte Sozialdezernent Christoph Manjura, „obwohl sie eine große Last in der Pandemie tragen mussten.“ Man müsse sie nun dort abholen, wo die Pandemie sie zurückgelassen habe – schulisch, aber auch im Leben. Die Jugendarbeit habe in Wiesbaden immer unter den entsprechenden Bedingungen stattgefunden und man versuchte, keine Pausen zu machen. Das sei aber nicht immer einfach gewesen.
Im Jahresrückblick teilte Christoph Manjura auch Fakten mit. Im Herbst konnten hybride Begegnungen mit insgesamt 115 Teilnehmer:innen veranstaltet werden – unter anderem erstmals mit einem Jugendzentrum in Marokko, die Reisepeers haben sich regelmäßig digital getroffen, Teamerqualifikationen mit dem Schwerpunkt virtuelle Methoden der Jugendarbeit wurden aufgrund des großen Interesses verstärkt angeboten und es konnten 120 Interessierte erreicht werden, eine Veröffentlichung, „Internationalisierung der Ausbildung“ wurde publiziert, die Börse „Hessen total international“ 2020 hat virtuell stattgefunden.
In vier Workshops konnten die Teilnehmer:innen einzelne Aspekte vertiefen: So ging es beispielsweise um Jugendmobilität in Zeiten von Corona und Klimakrise, um „digitales Gelingen“, um rassismuskritische Perspektiven in der Jugendarbeit und um erfolgreiche Erfahrungen aus Kelkheim, einer weiteren Modellkommune.
Dass sich das Mobilitätsverhalten nicht nur durch die Pandemie, sondern auch durch den Klimawandel verändern müsse, ist eine Erkenntnis, die es auch bei der Organisation von Jugendbegegnungen zu berücksichtigen gilt. Dass versteckter Rassismus oft eine Rolle spielt und man sich des Problems stärker bewusst werden müsse, besprach Tim-Tih Kost von „Weltblick“ mit den Teilnehmer:innen seines Workshops.
Die Erfahrungen aus Kelkheim sind positiv: Auch die Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen, so Petra Bliedtner, funktioniere hier ausgezeichnet, ebenso mit der Stadt Wiesbaden in punkto „Ausbildung weltweit“.
Ein Rhein-Main-Sondierungstreffen im Herbst soll weitere Synergien über Städtegrenzen hinweg schaffen.
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Foto: Veranstalter