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Wenn ein Gericht ein Urteil fällt, muss es auch in die Tat umgesetzt werden. Wenn ein Straftäter eine Haftstrafe verdonnert bekommt, muss er ins Gefängnis. Wenn das Land Hessen einer Stadt wie Wiesbaden die Einführung einer Umweltzone verbietet, muss die Stadt das akzeptieren. Falsch! Denn, nachdem das Land Hessen der Stadt Wiesbaden im Juni noch die Einführung einer Umweltzone verweigerte, da diese zu keiner spürbaren Verbesserung führen würde, entschied nun das Verwaltungsgericht Wiesbaden, dass die hessische Landeshauptstadt die Umweltzone einführen muss.
Nach dem Aus der Umweltzone, beschlossen von der hessischen Landesregierung, klagte nun eine 44-jährige Wiesbadenerin. Die Grünen-Politikerin Astrid Espenschied, mehrfache Mutter und Tagesmutter, klagte nun erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden. Wohnhaft ist in der Schiersteiner Straße, auf der täglich rund 30.000 Fahrzeuge vorbeifahren. Dort wird, wie auch an den Messstationen in Wiesbaden, mehrmals im Jahr der EU-weit geltende Schadstoff-Grenzwert überschritten.
Doch warum „muss“ die Stadt die Umweltzone nun einführen und gab den beiden Klägern Recht? Aufschluss gibt das Urteil der Richterin des Verwaltungsgerichtes in Wiesbaden:„ Angesichts der fortgeschrittenen Planung, bei der alle denkbaren Maßnahmen erwogen wurden, steht fest, dass auf lokaler Ebene alle umsetzungsfähigen und verhältnismäßigen Maßnahmen Eingang in den Planentwurf gefunden haben, mit Ausnahme der effektivsten, der Umweltzone. Damit ist der Urteilsspruch praktisch gleichbedeutend mit der Verpflichtung zur Aufnahme einer Umweltzone in den Teilplan Wiesbaden des Luftreinhalteplans Rhein-Main.“
Das Land Hessen, insbesondere das Verkehrsministerium, hatte anstatt einer Umweltzone andere wirksame Einzelmaßnahmen vorgeschlagen. Dies wies die Richterin jedoch am Montag ab, da die vom Land vorhergesehenen Maßnahmen nicht annähernd ausreichend sind. Eine Umweltzone wie in Frankfurt am Main muss nun her.
Erstmals wurde ein Umweltverband als Kläger zugelassen. Neben der Kommunalpolitikerin trat die Deutsche Umwelthilfe e.V. als Kläger auf. Das Urteil scheint nun eine weitreichende Bedeutung zu haben, denn nun können weitere Umweltverbände auch in anderen Städten eine Umweltzone einfordern. Möglich hat dies auch eine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gemacht. Nach diesen Vorgaben muss das Gericht das nationale Verfahrensrecht in Bezug auf die Voraussetzungen für die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens so auslegen, dass es einer Umweltschutzvereinigung ermöglicht wird, eine Entscheidung, die möglicherweise im Widerspruch zu Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Aus den Kreisen der Landesregierung wird eine Revision für möglich gehalten. Die Stadt Wiesbaden legt jedoch dem Land Hessen nahe, nicht in Berufung zu gehen und zum Wohle der Bürger zu handeln.
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Foto: obs / TÜV Rheinland