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Bei der OB-Wahl trauten die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener Gert-Uwe Mende, trotz seiner Zugehörigkeit zur SPD, mehrheitlich zu, sich über parteiinterne Verstrickungen hinwegzusetzen und das in den Medien zigfach kolportierte Wort „Filzbaden“ endgültig aus dem Sprachgebrauch zu entfernen.
Nach Veröffentlichungen zu aktuellen Stellenvergaben in Printmedien, wurde den Genossen über das vergangene Wochenende klar: „Mende muss liefern“, denn seine ehemaligen Gegner im Wahlkampf machen deutlich, dass sie nicht mehr bereit sind, das jahrelange direkte und indirekte Zuschanzen von gut dotierten Aufträgen, Posten und Ämtern, an der Stadtverordnetenversammlung vorbei, stillschweigend hinzunehmen. Die in diesen Tagen nach außen gedrungenen Personalien, wühlten die Stimmung in den sozialen Medien nach dem fulminanten Wahlsieg dazu unschön auf.
Dabei ging es um die die im Sommerloch still - aber nicht heimlich, jedoch ohne Ausschreibung, - vollzogene Vertragsverlängerung des früheren CDU-Stadtverordneten Torsten Tollebeek, als Geschäftsführer der GWI (Gewerbeimmobilien GmbH der Stadt), die die SPD angeblich nur akzeptierte, wenn neben dem Geschäftsführer der GWW und GWG, Thomas Keller die Genossin Evelyn Pflugradt (Projektleiterin des Kongresszentrums RMCC), als zweite Geschäftsführerin mit einem Jahreseinkommen im unteren sechsstelligen Bereich und Dienstwagen positioniert wird.
In einem offenen Brief fordert Hinninger von Mende:
„…Neben vielen anderen Aspekten spielen ordentliche Besetzungsverfahren der Führungspositionen der städtischen Beteiligungsgesellschaften hierbei eine besondere Rolle. Die Einhaltung der Regeln des Beteiligungskodex‘ sollte ebenso selbstverständlich sein, wie ergebnisoffene Ausschreibungsverfahren auf Basis klar definierter Kriterien. Dies schließt Vereinbarungen und Vorfestlegungen zwischen Parteien/Fraktion über wechselseitige Besetzung solcher Positionen aus.“
Hinninger weist auf die Sondersitzung des GWG/GWW Aufsichtsrates in dieser Woche hin, in der Pflugradt ernannte werden soll und die gleich mehrere Regeln verletzen würde, nicht nur was die Konditionen anbelangt. Sondern auch zahlreiche Unregelmäßigkeiten im Bewerbungsverfahren, im Bezug auf Fristen, Art und Form der Bewerbungsgespräche, Vertragslaufzeiten und der ungeklärten Rolle von Pflugradt in der Kuffler-Affäre, die alle nicht dem Beteiligungskodex entsprechen.
Des weiteren spricht Hinninger in diesem Brief auch die Vorgänge um die WJW (Wiesbadener Jugend Werkstatt) deren Überlebenschancen nur noch als gering zu bezeichnen sind sowie das Thema Abfallentsorgung, wo weitreichende und für die Unternehmen grundlegende Entscheidungen ohne die städtischen Gremien getroffen wurden und werden und fordert Mende zum Handeln auf.
Ingo von Seemen sagt in einer Pressemitteilung der LINKE:„Es ist doch wirklich ironisch, eigentlich sollten die vom Volk gewählten, ehrenamtlichen Stadtverordneten die Geschicke unserer Stadt leiten. Hinter unseren Rücken jedoch, werden lukrative Posten und Aufträge vergeben, ohne jegliche Eignungsprüfung. Allein der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Hans-Joachim Hasemann-Trutzel hat in der Vergangenheit 216.000 Euro über städtische Aufträge erhalten (als Quelle zitiert er einen Artikel in einem lokalen Printmedium). Das bekommt ein Stadtverordneter für 27,5 Jahre Tätigkeit, “ bemerkt von Seemen, „und das ist nur ein Beispiel unter vielen!“
Mendes Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. In der Kooperationsrunde am Montag brachte er die folgenden Vorschläge zum weiteren Verfahren bei der Besetzung von vakanten Geschäftsführungsposten bei städtischen Gesellschaften in Gespräch.
Oberbürgermeister Mende sagte zu diesem Verfahrensvorschlag am Montag in Wiesbaden: „Die Personalvorschläge zur Besetzung der Geschäftsführungen der WJW und der GWW/GeWeGe sind bereits vor Beginn meiner Amtszeit entstanden. Bislang ist keine Einigung innerhalb der Kooperation darüber absehbar. Wenn Konsens erreichbar gewesen wäre, hätte ich die getroffenen Entscheidungen im Sinne einer konstruktiven Zusammenarbeit und der Kontinuität solcher Verfahren unabhängig von Direktwahlen mitgetragen. Die Debatte der vergangenen Tage zeigt jedoch, dass allein ein Neustart geeignet ist, die verfahrene Situation zu bereinigen.
Damit verbunden ist kein negatives Urteil meinerseits über die Personen, die jetzt nicht berufen werden sollen. Ich habe keinen Zweifel an deren Integrität und Qualifikation. Ein Neustart bietet die Chance, die von mir vertretenen Grundsätze bei der Auswahl von Geschäftsführungen ohne ‚Vorbelastungen‘ zu realisieren. Zunächst muss geprüft werden, ob Gesellschaften überhaupt zwei Geschäftsführungen benötigen. Das Vier-Augen-Prinzip lässt sich auch über einen Prokuristen oder eine Prokuristin einhalten. Sodann ist ein objektives und nachvollziehbares Auswahlverfahren durchzuführen, das ergebnisoffen zur Auswahl der am höchsten qualifizierten Person führt.
Das Ziel ist aus meiner Sicht zum einen, die Zukunft der WJW als leistungsfähigen Ausbildungsbetrieb und als herausragenden Bio-Landwirtschaftsbetrieb zu sichern, und zum anderen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften GWW und GeWeGe unbelastet von politischen Querelen im Sinne des dringend benötigten Wohnungsbaus zu stärken.
Für eine Besetzung der vakanten WVV-Geschäftsführung ist es im Sinne des Unternehmens, die als Holding eine zentrale strategische Rolle unter den städtischen Beteiligungen spielt, unabdingbar, dass nicht der Hauch einer parteipolitischen Einflussnahme entsteht. Deshalb werde ich als Aufsichtsratsvorsitzender dem Aufsichtsrat vorschlagen, eine anerkannte Personalberatung mit der Vorbereitung der Besetzung einschließlich eines Personalvorschlags zu beauftragen.“
Die Reaktion der GRÜNEN im Wiesbadener Rathaus ließ nicht lange auf sich warten: "Die von Herrn Oberbürgermeister Mende ergriffene Notbremse gegen die Versuche, weiterhin Geschäftsführerpositionen parteipolitisch zu besetzen, ist ein richtiger Schritt auf dem Weg zu regelgerechten Besetzungsverfahren", heißt es in ihrer Pressemitteilung von Montagabend.
"Insbesondere der Hinweis des Oberbürgermeisters, dass ein objektives und nachvollziehbares Auswahlverfahren, einhergehend mit der Qualifikation der zur Auswahl stehenden Personen, notwendig ist, entspricht vollinhaltlich den seit Monaten geforderten Verfahrensweisen der Grünen Fraktion. Diese Maßstäbe von Besetzungen bei den Geschäftsführungen der Gesellschaften sind zukünftig streng zu beachten. Auch die Besetzung der WVV-Geschäftsführung, die als Holding eine wichtige Rolle spielt, darf nicht mit parteipolitischen Erwägungen in der Personalfindung einhergehen."
Mit seiner Entscheidung geht Mende anscheinend den von ihm im Wahlkampf versprochenen, mutigen Weg, bei dem er auf mögliche Befindlichkeiten seiner Genossen wenig bis keine Rücksicht nimmt. Man darf gespannt sein, wie die Rathausfraktion auf diese Art reagiert. Wie gespalten Fraktionen sein können, kann der Wähler mit Blick auf die CDU im Wiesbadener Rathaus nur erahnen.
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