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Kunst- und Kulturminister Boris Rhein hat am Freitag bei der Übergabe des restituierten Gemäldes „Gang nach Bethlehem“ an das Museum Wiesbaden die herausragende Bedeutung von Provenienzforschung und Restitution in Hessen hervorgehoben. Die Zentrale Stelle für Provenienz-Forschung hatte das Werk von Fritz von Uhde als Raubkunst der Nationalsozialisten identifiziert, seine Geschichte recherchiert und die Erben des Eigentümers ausfindig gemacht.
Das Museum Wiesbaden übertrug kürzlich das Eigentum am Gemälde „Gang nach Bethlehem" von Fritz von Uhde (1848-1911) an die Erben des Verlegers und Kunstsammlers Rudolf Mosse. Anschließend wurde das Werk vom Museum Wiesbaden für seine Kunstsammlung erworben. Die offizielle Übergabe des Gemäldes fand am Freitagmittag im Museum Wiesbaden statt.
Nach einer Begrüßung durch Dr. Peter Forster, Kustos der Sammlung Alte Meister am Museum Wiesbaden waren als Redner zu Gast: Boris Rhein, Hessischer Minister für Wissenschaft und Kunst, Dr. Stephanie Tasch, Dezernentin der Kulturstiftung der Länder, Eva Claudia Scholtz, Geschäftsführerin der Hessischen Kulturstiftung, Professor Dr. Jan Hegemann, Vertreter der Erbengemeinschaft nach Rudolf Mosse und Miriam Olivia Merz, Zentrale Stelle für Provenienzforschung in Hessen.
Kunst- und Kulturminister Boris Rhein: „Mit der Suche nach NS-Raubgut in unseren landeseigenen Museumsbeständen stellen wir uns unserer historischen Verantwortung. Und so ist es immer ein besonderer Moment, wenn es den Expertinnen der Zentrale Stelle für Provenienz-Forschung gelingt, die Geschichte eines mutmaßlichen Raubkunst-Werks zu klären und seine rechtmäßigen Besitzer zu finden. Ich freue mich sehr darüber, dass die Erben des Gemäldes ‚Gang nach Bethlehem‘ dem Museum Wiesbaden die Möglichkeit gegeben haben, es zu für seine Sammlung zu erwerben und so weiterhin ausstellen zu können.“
Dr. Alexander Klar, Direktor des Museums Wiesbaden, ergänzt: Ich bin sehr glücklich, dass es gelungen ist, mit der Erbengemeinschaft nach Rudolf Mosse zu einer einvernehmlichen und fairen Lösung zu kommen und so das Bild Gang nach Bethlehem von Fritz von Uhde für die Sammlung des Museums Wiesbaden zu erhalten. Provenienzforschung, Restitution und die Rücküberlassung eines zuvor unrechtmäßig entzogenen Werkes durch die Erben des geschädigten Sammlers stellen heute einen wichtigen Teil der Sammlungsgeschichte des Museums Wiesbaden dar. In unserer Sammlung sind diese Werke heute ein Mahnmal der Unrechtsgeschichte Deutschlands, aber auch unseres Versuches, die Verbrechen während des Nazionalsozialismus aufzuarbeiten.
Der Berliner Rudolf Mosse (1843–1920) besaß eines der größten und einflussreichsten Verlagshäuser der Weimarer Republik und gehörte Anfang des vergangenen Jahrhunderts zu den bedeutendsten Verlegern Deutschlands. Zudem war er leidenschaftlicher Kunstliebhaber und machte der Öffentlichkeit seine umfangreiche Sammlung regelmäßig zugänglich. Für die Nationalsozialisten jedoch war die Familie Mosse ein Symbol der verhassten „jüdischen Presse“. Sie sabotierten seine Geschäfte bis zum Bankrott und zwangsversteigerten seine Gemälde- und Kunstsammlung im Mai 1934. Das Gemälde gelangte 1980 im Rahmen einer privaten Stiftung in die Sammlung des Museums Wiesbaden.
Da von Uhdes Gemälde in der Sammlung der Alten Meister eine bedeutende Stellung einnimmt, war das Museum Wiesbaden an einem Verbleib des Werkes im Hause sehr interessiert. In intensiven Gesprächen mit den Erbenvertretern und ihren Anwälten, mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst , der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Hessischen Kulturstiftung ist dies gelungen.
Der Künstler Fritz von Uhde (1848-1911) zählt mit seinem Gesamtwerk, das sich im Spannungsfeld zwischen Realismus und Impressionismus verorten lässt, zu den großen Malern des späten 19. Jahrhunderts in Deutschland. Ab 1884 schuf Uhde zahlreiche Gemälde, die sich auf Themen aus dem Neuen Testament beziehen und das Milieu der „einfachen Leute“, in den sich Christus zeigt, wiedergeben.
„Die Klärung der Herkunft ihrer Bestände ist eine zentrale Aufgabe für jede öffentliche Sammlung, so auch für unsere Landesmuseen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, haben wir bereits 2015 die Zentrale Stelle für Provenienz-Forschung am Museum Wiesbaden eingerichtet. Hier können die schwierigen Recherchen gebündelt, die dringend gebotene planvolle Untersuchung der seit 1933 erworbenen musealen Bestände koordiniert und gerechte Lösungen für den Umgang mit Kunstraubgut gefunden werden. Das sind wir den Opfern der Nationalsozialisten und ihren Nachkommen schuldig“, so Kunst- und Kulturminister Boris Rhein abschließend.
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Fotos: (1) Fritz von Uhde (2-4) © Museum Wiesbaden/Bernd Fickert