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Der Urteilsspruch der Verwaltungskammer Wiesbaden am Donnerstag war für die Feuerwehrmänner der Wiesbadener Berufsfeuerwehr ein Schlag ins Gesicht. Die Vergütung von geleisteten Überstunden in den Jahren 1996 bis 2006 sind nach Ansicht des Gerichts verjährt. Die sechs Kläger bekommen die Überstunden für die Jahre 2007 bis 2009 ausbezahlt. Statt der erwarteten 10.000 bis 15.000 Euro wird allerdings nur ein Betrag von 1.500 bis 2.000 Euro erstattet. Ein Großteil der Kosten werden die Anwalts- und Gerichtskosten aufzehren. Am Donnerstag erschienen zur Urteilsverkündung neben den sechs klagenden Parteien gut 80 Kollegen der Berufsfeuerwehr und waren nach Bekanntgabe des Ergebnisses entsprechend entsetzt.
Die Brandschützer waren vor der Verkündung des Urteils noch in positiver Erwartung, da im Oktober klagende Beamte in Hamburg erfolgreich waren. Der überwiegende Teil der 2.300 Feuerwehrkräfte erhalten dort bis zu 15.000 Euro Nachzahlungen.
Die Rechtsanwältin Gertrud Bernhardt, die neben den sechs klagenden Beamten auch noch 80 weitere Brandschützer vertritt, will prüfen, ob eine Berufung sinnvoll und möglich ist. Die klagende Seite sieht die Ansprüche nicht als verjährt an, da ein langjähriger Schriftwechsel zwischen dem Personalrat und der Stadt lief.
Nach Ansicht des Gerichts und dem Rechtsamt hätte nach Bekanntwerden des europäischen Überstundenverstoßes jeder Beamte einzeln für seine Ansprüche tätig werden müssen. Dies sei nicht erfolgt, so dass nach drei Jahren die Verjährung eingetreten ist, so die Urteilsbegründung.
„Das war eine bittere Niederlage für die Wiesbadener Feuerwehrleute vor Gericht. Dass die Feuerwehrmänner enttäuscht sind und sich über den Tisch gezogen fühlen, kann ich gut verstehen“, kommentiert OB-Kandidat und SPD-Fraktionsvorsitzender Sven Gerich das Urteil des Verwaltungsgerichts. Nach Ansicht von Gerich hätte der Dienstherr – also vor dem Wechsel der Zuständigkeiten Oberbürgermeister Helmut Müller – aus Fürsorgepflicht auf Verjährungsfristen aufmerksam machen müssen.
Die SPD nehme die Sorgen der Feuerwehrleute sehr ernst und sei in Kontakt zum Personalrat der Feuerwehr, um sich einerseits immer auf dem aktuellen Sachstand zu halten und andererseits an einer Lösung mitzuarbeiten.
Das Verhalten Müllers bei der Feuerwehr sei typisch gewesen, so die Ansicht von Gerich. Vermeintlich prestigeträchtige Aufgaben würden von ihm gerne mal zur Chefsache erklärt. Wenn dann etwas schief läuft, seien jedoch immer die anderen Schuld. Das habe man bei der Feuerwehr erleben können. „Just einen Monat vor der Bekanntgabe einer gerichtlichen Auseinandersetzung um Dienstzeiten und Überstunden wechselte die Verantwortung von Müller zum Dezernenten Detlev Bendel.“
„Das Urteil ist sicherlich nicht förderlich für die Motivation der Feuerwehrmänner“, kritisiert Gerich, selbst Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr Biebrich, den Umgang mit den Feuerwehrleuten in den vergangenen Jahren. Sollte er die OB-Wahl im Februar gewinnen, will er die Feuerwehr auf jeden Fall wieder in seine Zuständigkeit als Oberbürgermeister zurückholen.
Symbolfoto