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Strahlender Sonnenschein begrüßt die Delegierten zum SPD Sonderparteitag in Wiesbadens neuem RheinMain CongressCenter. Vor der eleganten Kulisse des RMCC stehen zahlreiche Übertragungswagen nationaler und internationaler Medien, die von den umherziehenden Kamerateams mit Bildern und O-Tönen versorgt werden.
Um in das Innere des RMCC zu kommen, herrschen strenge Sicherheitskontrollen. Alle Laptops und Kameras der Medienvertreter werden auf Funktionalität überprüft, um zu garantieren, dass sie nicht als Hohlkörper für Sprengsätze dienen. Während die Temperatur im Foyer als „gemütlich warm“ zu bezeichnen ist, herrscht im Gebäude Nord ein angenehmes Klima. Hinter der Sitzen der Delegierten ist ein Tisch und Stuhlring für die Journalisten und – neu – auch für die zahlreichen Influenzer aufgebaut. Gefühlt sind mehr Multiplikatoren als SPD-Mitglieder vor Ort.
Denn an diesem Sonntag sind alle Blicke auf Wiesbaden gerichtet, wo sich bis 16:00 Uhr die Zukunft der SPD entscheidet. Erst das zweite Mal nach 1995, als Oskar Lafontaine den amtierenden Rudolf Scharping vom Sockel stieß, stehen zwei Personen zur Wahl. Premiere in der 155-jährigen Geschichte der SPD hat die Tatsache, dass sich zwei Frauen zur Wahl der Vorsitzenden stellen. Ganz gleich ob Andrea Nahles oder Simone Lange als Siegerin hervorgeht – eine der beiden Frauen wird Geschichte schreiben.
Der SPD-Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl in Hessen, Thorsten Schäfer-Gümbel eröffnet den Sonderparteitag mit seiner Rede. Er bat um aktive Teilnahme, obwohl fünf Parteitage in den letzten beiden Jahren an die Schmerzgrenze des erträglichen gingen.
Rückblick auf die Koalitionsverhandlungen betonte er, dass sich die Parteispitze die Kritik des letzten Parteitages zu Herzen genommen hat. Mit Blick nach vorn betont er, dass für die SPD jetzt ist Zeit der Erneuerung gekommen ist. Dies ist aber nur möglich wenn es innerhalb der Partei nicht mehr länger „Wir“ oder „Ihr“ heißt, sondern nur noch nur gemeinsam um Lösungen gerungen werden kann.
Das erstmals eine Frau die SPD anführen wird, hält er für einen wichtigen Teil der programmatischen Erneuerung. „Eines der wichtigsten Ziel der SPD dürfen wir niemals aus den Augen verlieren: Sozialer Wohlstand für alle – ist die übergeordnete Forderung, nach der sich die SPD ausrichten muss!
Mit Blick auf die Landtagswahl am 28. Oktober, sieht Schäfer-Gümbel beste Chancen unter seiner Führung als stärkste und größte Partei hervorzugehen. Da in den vergangenen Jahre eine solide Basis in den Städten und Kommunen gebildet wurde. So stellt die SPD 9 von 12 Oberbürgermeister und 13 von 21 Landräten in Hessen. Und das unter den schwierigen Rahmenbedingungen einer Landesregierung von CDU und Grünen. Deshalb stellte er die Frage: „Wenn nicht jetzt wann dann?“ Denn laut Schäfer-Gümbel bedeutet die SPD für Hessen Fortschritt die CDU jedoch Rückschritt.
Oberbürgermeister Sven Gerich begrüßte die Genossinnen und Genossen und sagte in seiner Rede: „Ich bin froh und stolz, dass genau Ihr es seid, die das RMCC als Tagungsort einweiht. Das sind doch passende Gegensätze, die älteste Partei Deutschlands trifft sich im modernsten CongressCenter des Landes.“
Er betonte, dass der aktuelle Erfolg der SPD in Wiesbaden auf zehn Jahren harter Arbeit beruhen, die es brauchte, um die SPD hier wieder auf Vordermann zu bringen. Immer wieder haben die Genossen hier den Menschen, zugehört, nichts versprochen, was man nicht halten konnte und an zahlreichen sozialen Themen gearbeitet. Deshalb ist die Partei seiner Meinung nach heute, knapp stärkste Fraktion im Rathaus und stellt 17 von 26 Ortsvorstehern. Zwar müssen im Bündnis oft Kompromisse geschlossen werden, aber das tut man zugunsten anderer Themen. „In Wiesbaden ist es uns gelungen, den Trend umzukehren. Ich überzeugt, dass sich diese Ergebnisse übertragen lassen. Wenn es im Kleinen geht, dann passt das auch im Großen. Die Menschen in Wiesbaden vertrauen der SPD. Weil wir Wohnungen bauen, weil wir die Anschaffung von Elektrobussen unterstützen, weil wir eine CityBahn bauen, weil wir Schulen und Bürgerhäuser sanieren, ertüchtigen oder neu bauen, damit sind wir Vorbild für die Bundespolitik“, so Gerich weiter.
In seiner Rede machte der Wiesbadener Oberbürgermeister aber auch aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Er berichtete, dass er auf seine im Vorfeld an die SPD-Zentrale gerichtete Anfrage, ob es für Wiesbaden prominente personelle Unterstützung im Haustürwettkampf geben könne gar keine Reaktion gegeben habe. „Das ist für mich unerklärlich und es fällt mir schwer, dafür Verständnis aufzubringen“, Gerich.
Er forderte die SPD Führung auf, sich auf die traditionellen Werte der Partei zu besinnen. Es liegt an den Personen zu überzeugen, dass die Welt eine funktionierende SPD braucht.
Der kommissarische Vorsitzende der SPD Olaf Scholz zeihte sich in seiner kurzen Rede zufrieden mit der Entwicklung der Partei während seiner kurzen Amtszeit „Das haben wir gut hinbekommen.“
Im Anschluss hatten die beiden Kandidatinnen jeweils eine halbe Stunde Zeit, nochmals für ihre Kandidatur zu werben, Dabei blieb Simone Lange erneut farblos und wenig überzeugend. Entschuldigte sich jedoch für die Agenda Politik der SPD. "Wir haben in Kauf genommen, dass Menschen heute in Arbeit leben, obwohl sie Arbeit haben. Dafür möchte ich mich bei den Menschen entschuldigen"
Andrea Nahles steigerte sich in ihre(r) Rede und manch einer wünschte sich, die Ohrenstöpsel, die die Junge Union vor der Tür als „Nahles-Stimmen-Soforthilfe“ verteilt hatte, nicht abgelehnt zu haben. Während sich Lange direkt an die klassische Wählerbasis der SPD gewandt hatte, konzentrierte sich Nahles auf das Thema „Soziale Marktwirtschaft“ sowie der Außenpolitik und dem Rechtsruck in Europa.
Das abschließende Wahlergebnis in dem Andrea Nahlles knapp nur knapp zwei Drittel der Delegierten Stimmen auf sich vereinigen konnte und damit das zweitschlechteste Ergebnis bei der Wahl zum SPD-Parteivorsitz nach Oskar Lafontaine erhielt, spiegelt den zerrissenen Zustand der Partei. Es gibt viel zu tun für die neue SPD Parteivorsitzende, hoffentlich packt sie es an!
Die Verabschiedung von Martin Schulz erfreute Andrea Nahles laut eigenen Worten sehr. Kurz würdigte sie seine Berg- und Talfahrt als Kanzlerkandidat und Parteivorsitzender und fasste die Zusammenarbeit als sehr positiv zusammen. Als Dank für seine Arbeit erhielt der Ex-Europa Abgeordnete, Ex-Kanzler Kandidat und Ex-Parteivorsitzende ein Bild für sein Büro - wo immer das denn sein wird.
Schulz saß während Nahles Rede alleine an seinem Tisch vor der Bühne - viele der Genossinen und Genossen hatten da schon den sonnigen Heimweg angetreten.
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Fotos: Joshua Ziß