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Eines vorweg, dem Abriss am vergangenen Wochenende ging eine sehr lange Planungsphase voraus mit dem festen Ziel, die Arbeiten im gesetzten Zeitraum pünktlich abzuschließen. Was musste dafür getan werden? Priorität hatte bei der Planung die möglichst perfekte Einhaltung des Zeitplans, nur so kann gewährleistet werden, dass die mit den Sperrungen einhergehenden Behinderungen und damit etwaige Staus so gering wie möglich zu halten. Bei einer Autobahn, die zu den verkehrsreichsten im ganzen Land gehört, ein mehr als schwieriges Unterfangen.
Die einstmals für 44 Tonnen Gesamtlast gebaute Brücke hatte durch die Jahre bereits so gelitten, dass schon seit einigen Jahren keine Schwertransporte mehr darüber rollen durften, wie Matthias Achauer, Fachbereichsleiter des Dezernats Bau BAB Süd, bei der Baustellenbegehung berichtete. „Ein Zustand, der für ein Wirtschaftsland wie Deutschland nicht mehr tragbar war und dringend verbessert werden musste.“ Die neue Brücke soll wirklich 100 Jahre überdauern und dabei eine Gesamtlast von 60 Tonnen tragen können.
Pünktlich um 20:00 Uhr am Freitag, 8. Juni, erfolgten die Sperrungen der A66 in beide Fahrtrichtungen und insgesamt 13 Bagger und bis zu 60 Bauarbeiter unterschiedlicher Gewerke nahmen ihre Arbeit auf. Zunächst wurde die Fahrbahn der A66 unter der Brücke mit einer Geotextilen-Plane abgedeckt und im Anschluss eine Sand/Kies Schüttung als Fallbett aufgebracht.
Danach gingen neun Abrissbagger ans Werk, die Brücke zunächst von oben und danach von unten mit Hilfe eines Presslufthammeraufsatzes abzureißen. Bagger schaufelten den Schutt auf sogenannte Dumper, Radlader mit großen Ladewannen, die den Abraum auf einen nahegelegenen Abladeplatz brachten, von wo aus alles nach Rüsselsheim transportiert wurde. In einer speziellen Anlage wird der Schutt feinsäuberlich nach Stahl und Beton sortiert und der Wiederverwertung zugeführt. Wie bei einer Choreographie wurde abgerissen, aufgeladen und abtransportiert.
Insgesamt 6.000 Tonnen Schutt fallen beim Abriss an. Bis Samstagnachmittag war die Brücke fast vollständig abgetragen und nur noch die Bagger mit den Betonscheren knabberten die Ränder ab. Bevor die Fahrbahn der A66 in der Nacht zum Montag wieder freigegeben wurde, erfolgte eine gründlich Reinigung der Straße.
Während des Samstags kam es rund um das Wiesbadener Kreuz zu kleineren Verkehrsbehinderungen. Am frühen Morgen fuhr ein Fahrer falsch auf die A66 auf und löste als Geisterfahrer Alarm aus. Zum Glück führte der Fehler zu keinem Unfall.
Warum die Bauarbeiten auf dieses Wochenende gelegt wurden, erklärte Matthias Achauer genau. „Während der Sommerferien möchten wir die großen Stützpfeiler der Brücke bauen, denn dafür sind zahlreiche Sperrungen notwendig, da für die Pfeiler tiefe Bohrungen notwendig sind, um wirklich eine Nutzungsdauer von 100 Jahren garantieren zu können.“ Für den Bau der Pfeiler sind acht Wochen veranschlagt worden. 40 Millionen Euro kostet der Bau der neuen Brücke, die mit 56,5 Meter Spannweite sechs Meter fünfzig breiter sein wird als die Vorgängerin. Mehr als 200.000 Fahrzeuge passieren das Wiesbadener Kreuz Tag für Tag.
Für die neue, länger Spannweite müssen auch neue Widerlager gebaut werden. Als Widerlager wird im Brückenbau ein Bauteil bezeichnet, das den Übergang zwischen der Brückenkonstruktion und dem Erddamm herstellt (Quelle).
Dabei wird ein neues Baukonzept eingesetzt, das mit weniger Beton auskommt, weil es mit einer größeren Verdichtung des Erdwalls arbeitet.
Die Sperrungen für die kommenden größeren Bauarbeiten sollen nachts oder in verkehrsarmen Zeiten liegen. „Dieser Bau ist für alle Beteiligten eine sehr große Herausforderung. Viele Bauabschnitte erfordern filigrane Arbeit, die den eng gesteckten Zeitplan negativ beeinflussen können. Jeder der beteiligte Arbeiter ist während der Schicht für seinen eigenen Abschnitt und die Fertigstellung in diesem Zeitraum zuständig, erzählt Achauer. Wir haben Mitarbeiter aus den Bereichen Abbruch, Bau, Asphaltierung, Reinigung und Verkehrsleitung im Einsatz.
Bisher wurde bereits zwei Granaten gefunden und entschärft. Auch vor den kommenden Erdbewegungen wird der Kampfmittelräumdienst weitere Sondierungsarbeiten durchführen. Die Fertigstellung dieser Brückenseite ist – wenn nichts unvorhergesehenes passiert - bis Weihnachten 2018. Die gesamte Brücke soll Mitte 2020 fertig sein.
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Fotos: Daniel Becker