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Assaf Gruber thematisiert in seinen Arbeiten, wie individuelle Ideologien durch persönliche Biografien geformt werden und wie sich diese auf soziale Beziehungen innerhalb privater und öffentlicher Räume auswirken. Grubers Film The Conspicuous Parts (2018) hinterfragt anhand der fiktiven Geschichte zweier Frauen, die im Museum für Naturkunde Berlin arbeiten, politische Aspekte der Präsentation von Objekten in musealen Räumen. Eine deutsche Tierpräparatorin trifft zufällig auf eine britische Schriftstellerin, die im Museumsarchiv für ihren neuen Roman recherchiert und sich dabei besonders für eine obskur anmutende Expedition zu einem kubanischen Korallenriff zu Zeiten der DDR interessiert. Während ihrer Begegnung beginnen die beiden Frauen eine eher ungewöhnliche Kommunikation.
Die von Gruber forcierte erzählerische Kraft von Objekten wird im zweiten Ausstellungsraum durch Skulpturen und fotografische Arbeiten herausgefordert. Die Fotografien zeigen Korallen, die tatsächlich 1967 aus Kuba mitgebracht und seitdem im Berliner Museum für Naturkunde aufbewahrt wurden und die der Künstler bewusst in Dioramen des Museums pflanzte, die wiederum bereits in den 1950er Jahren gebaut wurden (und seit Jahrzehnten nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind). Damit verstärken die Fotografien die vom Film aufgeworfenen Fragen: Welche Entscheidungen führen dazu, dass etwas in einer Kulturinstitution gezeigt wird? In welchem Zusammenhang stehen diese Entscheidungen zur jeweiligen Zeit? Und welche Motivation liegt Expeditionen, wie der kubanischen in den 1960er Jahren, zugrunde?
Die Skulpturen, die sich über den Ausstellungsraum ausbreiten, thematisieren mit Humor diese Rätsel aus einem anderen Blickwinkel. Sie adaptieren spielerisch abstrakte Naturformen: Die Holzflöten, die hier eher an Schlangen, Schwäne oder Pflanzen erinnern, oder die zu riesigen Eiern deformierten Kunststoff-Bowlingkugeln wurden ihrer eigentlichen Funktionen beraubt. In ihren neuen Formen erfüllen sie nicht mehr ihre symbolische Bedeutung, die Übertragung von Ton und Melodie, also Information bei den Blockflöten, oder ein brutales Spielwerkzeug, also Munition bei den Bowlingkugeln. Vielmehr schaffen sie, ebenso wie seine Filme, einen vielschichtigen Bedeutungsraum.
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Programm zur Ausstellung
Eröffnung
Donnerstag, 30. August, ab 18:00 Uhr
Wo: Nassauischer Kunstverein Wiesbaden, Wilhelmstraße 15, Wiesbaden
Führungen
Sonntags, 15:00 Uhr und auf Anfrage
Kurzführung in der Mittagspause mit Espresso
Dienstags, 12:45 bis 13:15 Uhr
Finissage
Sonntag, 26. Mai 2019, 15:00 bis 18:00 Uhr
Aktuelle Termine und Öffnungszeiten stehen auf der Homepage
Über Assaf Gruber
Der Filmemacher und Bildhauer Assaf Gruber (*1980, Jerusalem) lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte Bildende Kunst an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris und am Higher Institute of Fine Arts (HISK) in Gent. Im Jahr 2018 erhielt er Auszeichnungen und Stipendien, unter anderem den The Camargo Foundation Award FIDLAb Marseille, das Publikations Stipendium des Berliner Senats und des Kunstfonds Bonn. Seine Arbeiten wurden auf mehreren Film-Festivals und in einer Vielzahl von Gruppen- und Einzelausstellungen im In- und Ausland gezeigt, zuletzt im Ujazdowski Castle Center for Contemporary Art in Warschau und in der Berlinischen Galerie.
Assaf Gruber wurde für das diesjährige höchstdotierte Wiesbadener Stipendium Follow-Fluxus – Fluxus und die Folgen ausgewählt. Er wurde von Jaroslaw Lubiak, künstlerischer Direktor des Ujazdowski Castle Centre For Contemporary Art in Warschau, nominiert. Ziel des Stipendiums ist es, internationale junge Künstlerinnen und Künstler zu fördern, die in ihrem Werk die Ideen der Kunstbewegung Fluxus aufgreifen und diese weiterentwickeln. Neben einem Preisgeld in Höhe von 10.000 € beinhaltet das Stipendium einen dreimonatigen Arbeitsaufenthalt in der hessischen Landeshauptstadt sowie eine Einzelausstellung im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden.
Die Jury
Die fünfköpfige Jury 2018 setzt sich zusammen aus Christina Lehnert, Kuratorin Portikus, Städelschule – Staatliche Hochschule für Bildende Künste, Frankfurt, Bazon Brock, Gründer der Denkerei / Amt für Arbeit an unlösbaren Problemen und Maßnahmen der hohen Hand, Berlin, und emeritierter Professor am Lehrstuhl für Ästhetik und Kulturvermittlung, Bergische Universität Wuppertal, Michael Berger, Fluxus-Sammler und Mäzen, Wiesbaden, Dr. Isolde Schmidt, Referentin für Bildende Kunst, Kulturamt der Landeshauptstadt Wiesbaden und Elke Gruhn, Künstlerische Leitung, Nassauischer Kunstverein Wiesbaden. Die Jury entschied aus 44 Nominierungen.
Bisherige Preisträger
Die bisherigen Follow Fluxus-Stipendiaten waren Emily Wardill (Großbritannien), Jimmy Robert (Guadeloupe), Asla Sungu (Türkei), Katerina Šedá (Tschechische Republik), Stefan Burger (Schweiz), Annette Krauss (Niederlande), Taro Izumi (Japan), Mehreen Murtaza (Pakistan), Adriana Lara (Mexiko) und Gerrit Frohne-Brinkmann (Deutschland). Das Stipendium wird durch das Kulturamt Wiesbaden ermöglicht.