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Rettungskräfte und Polizei erleben es immer wieder: Gaffer zücken ihre Handys und halten drauf - auf Verletzte, Tote, Leidende. Sie bleiben stehen, halten extra an, filmen von der Gegenfahrbahn, von Brücken, sogar am Steuer. Sie kennen keine Skrupel. Gefühlt nehmen Gaffer und Filmer an Unfall- oder Einsatzstelle immer mehr zu. Egal ob Gebäude brennt oder schwere Unfälle passiert sind, Schaulustige holen ihr Handy heraus und halten drauf.
Die sogenannten "Gaffer" filmen und fotografieren Unfallszenen oder andere Geschehnisse und stören dadurch häufig die Arbeit der Einsatzkräfte.
Nachdem unmittelbar nach dem schweren Busunfall am Wiesbadener Hauptbahnhof am 21. November letzten Jahres Gaffervideos vom Unfallort und den dort verletzten Personen veröffentlicht wurden, hat dies nun für die dafür verantwortlichen Personen ernste Konsequenzen. Der Busunfall, bei dem ein 85-jähriger Wiesbadener getötet und 23 weitere Personen verletzt wurden, hat großes öffentliches Interesse, Trauer und Bestürzung ausgelöst. Als umso verwerflicher wurde es angesehen, dass Passanten unmittelbar nach dem Unfall die Szenerie und die Verletzten mit ihren Handys aufgenommen haben, anstatt Hilfe zu leisten.
Die Wiesbadener Staatsanwaltschaft und die Polizei haben dies zum Anlass genommen, gegen diese Personen Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen (§ 201 a StGB) einzuleiten und konsequent vorzugehen.
Ein 38-jähriger Mann aus Wiesbaden konnte bereits am 14. Dezember von einem Beamten des 1. Polizeireviers als mutmaßlicher Tatverdächtiger identifiziert werden, als dieser in anderer Sache auf dem Revier Strafanzeige erstatten wollte. Die Beschlagnahme seines Handys als Beweismittel und für die Auswertung der Bildaufnahmen war nur eine der sofort gegen den Mann eingeleiteten polizeilichen Maßnahmen.
Nach einem Beschluss des Amtsgerichtes Wiesbaden gehen nun die Ermittlungsbehörden mit einer Öffentlichkeitsfahndung gegen einen weiteren Mann vor, der ebenfalls dringend verdächtig ist, die Bilder vom Unfallort unmittelbar veröffentlicht zu haben.
"Die Zurschaustellung der Hilflosigkeit der von dem Unfall betroffenen Menschen erscheint nach dem Beschluss des Amtsgerichtes Wiesbaden derart eklatant und entwürdigend, dass diese Maßnahme getroffen wird, um den Täter zu identifizieren", so Markus Hoffmann von der Polizei Wiesbaden.
Am Dienstagmittag durch die Polizei öffentlich mit Fotos die aus der Videoüberwachung eines am Unfallort stehenden Linienbusses stammen nach dem Mann. Es ist auf dem Videomaterial zu erkennen, dass der Filmende am Unglücksort sogar andere Personen abdrängt, um seine Aufnahmen zu machen, obwohl mindestens ein Zeuge versucht, den Mann vom Filmen des Verletzten abzuhalten. Das gefertigte Video versendete der Beschuldigte über einen Nachrichtendienst, wo es von zahlreichen Nutzern weiterverbreitet wurde.
Durch den großen medialen Auftritt, hat sich der Mann am Dienstagnachmittag der Polizei gestellt. Bei ihm handelt es sich um einen Wiesbadener. Dem Mann droht jetzt eine Anzeige wegen unterlassen Hilfeleistung und Verletzung des Persönlichkeitsrechts.
Neben den ohnehin umfangreichen Ermittlungen zur Aufklärung der Unfallursache setzen Staatsanwaltschaft und Polizei bewusst einen Schwerpunkt bei der Aufklärung des Sachverhaltes, um neben der strafverfolgenden Zielrichtung ein deutliches Signal zu setzen, dass solche Handlungen inakzeptabel sind. Jeder Bürgerin und jedem Bürger, der Zeuge solcher oder ähnlicher Vorfälle wird, sollte bewusst sein, dass es sich nicht lohnt, so schnell wie möglich Bildmaterial von betroffenen Personen zu veröffentlichen. Im Gegenteil.
Menschen, die derartig handeln, riskieren ein mögliches Strafverfahren, die Beschlagnahme des Handys und weitere ernstzunehmende Konsequenzen bis hin zu einer Verurteilung vor Gericht.
Aus gutem Grund hat die Hessische Polizei bereits unterschiedliche Initiativen ins Leben gerufen, um gegen das Phänomen von Gaffervideos vorzugehen. Die Menschen sollen zum Umdenken animiert werden, sich in die Perspektive der Opfer versetzen und sich mit den Folgen für die Betroffenen auseinandersetzen. Filmen Sie nicht, sondern helfen Sie!
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Fotos: Polizei Wiesbaden