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Das Evangelische Dekanat und die Stadt Wiesbaden laden von Mittwoch, 27. April, bis Mittwoch, 4. Mai, unter dem Motto "Wiesbaden hält inne" zu einer Woche der Stille ein. - Das klingt zunächst einmal nach einer guten Idee und tatsächlich verspricht das Programm einige Highlights. Dennoch: Begeisterung will sich bei mir nicht einstellen. Stattdessen kommen Fragen auf.
Wer legt fest, wer in der Woche der Stille Angebote machen kann? Und wieso dürfen sich - einmal mehr - hauptsächlich etablierte Organisationen und Institutionen profilieren? Wenn man bedenkt, dass ein großer Teil der Stille-Angebote heute von Yoga- und Achtsamkeitslehrenden, Therapeut:innen und kleinen, privat und ehrenamtlich organisierten Meditationsgruppen gemacht wird, ist das nicht nachvollziehbar.
Freiburg macht vor, wie es besser geht. Anfang jeden Jahres macht ein interreligiöses Orga-Team mit Angehörigen aller Weltreligionen und des Gesundheitswesens eine Ausschreibung über die lokalen Medien. Alle, die wollen werden eingeladen, bei der Woche der Stille im November mitzumachen.
Alle, die sich beruflich oder privat in Freiburg mit Achtsamkeit oder Spiritualität beschäftigen, können im Rahmen der Stille-Woche ein Angebot machen und in das eigene Atelier, die eigene Praxis, das eigene Bewegungsstudio oder die eigene Meditationsgruppe einladen. Traditionelle Institutionen aller Glaubensrichtungen können natürlich auch teilnehmen. Vertreter der fünf Weltreligionen nutzen die Gelegenheit zum interreligiösen Dialog.
Auf diese Weise entsteht ein buntes Programm. Interessierte erfahren, welche Stille-Angebote es in Freiburg gibt und können gleich einmal hineinschnuppern. Die Anbietenden lernen sich im Rahmen von Orga-Treffen besser kennen und manchmal entstehen aus den neuen oder intensivierten Kontakten auch Kooperationen. Das ist eindeutig eine gute und interessante Sache für alle. Alle fühlen sich angesprochen, wertgeschätzt und mitgenommen, niemand wird ausgegrenzt.
Es ist nicht nachvollziehbar, wieso eine solche Art der Ausschreibung und Programmerstellung in der hessischen Landeshauptstadt nicht gemacht wird. Im Rahmen von „Wiesbaden tanzt“ funktioniert es – seit mittlerweile 18 Jahren – sehr gut.
Die Stadt weiß also ganz genau, wie die Organisation eines vielfältigen, demokratischen und interreligiösen Projektes "Wiesbaden hält inne" ablaufen könnte. Dennoch unterstützt sie eine Woche der Stille, die einseitig vom Evangelischen Dekanat organisiert und gestaltet wird, obwohl nur rund 20 Prozent der Menschen in Wiesbaden evangelisch sind.
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Foto: Logo "Woche der Stille"