ANZEIGE
Der schwere Unfall am Donnerstagnachmittag beschäftigt viele Wiesbadener und Wiesbadenerinnen auch am Folgetag. In der Nacht wurde bekannt, dass es sich bei dem schwerverletzten 85-jährigen Mann, um den bekannten und beliebten Handballtrainer Horst Buntschuh handelt. Das Handball-Urgestein erlag in der Nacht im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.
Wie Wiesbadenaktuell in einem Gespräch mit Jörg Ströhman, Sohn des langjährigen Handball-Förderers Bodo Ströhmann und früherer Geschäftsführer der SG Wallau/Massenheim erfuhr, steht die gesamte Handballgemeinde unter Schock. Buntschuh war am Donnerstag auf dem Weg zum Training der A-Jugend nach Wallau, als das furchtbare Unglück geschah. Mit ihm an der Haltestelle warteten unter anderem die Frau eines früheren Betreuers der ersten Mannschaft der SGE, die ebenfalls nach Wallau wollte. Die ausgebildete Krankenschester kümmerte sich sofort mit zwei weiteren Helferinnen um den schwerverletzten Buntschuh.
Derweil häufen sich die Beileidsbekunden im Netz für den beliebten Sportler. Freunde und Wegbegleiter sind fassungslos. Die HSG Wallau/Massenheim trägt Trauerflor. Im Verein ist man sich einig, dass der Spielbetrieb trotzdem weiter läuft: "Horst hätte das so gewollt. Schon bei seiner schweren Krankheit im vergangenen Jahr bestand er darauf, dass der Sport weitergehen muss", erzählt Jörg Ströhmann. "Wir alle verlieren einen guten Freund, einen Ersatzvater und Ersatzgroßvater, einen Mensch mit einem riesigen Herz und einer unglaublichen Leidenschaft für den Handballsport. Unfassbar, wie er aus dem Leben gerissen wurde", sagt Ströhmann abschließend.
Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende bedankt sich in einem Statement bei allen Ersthelfern und Rettungskräften für ihren Einsatz bei dem schweren Busunglück am Donnerstagabend vor dem Wiesbadener Hauptbahnhof: „Ein herzliches Dankeschön allen Helferinnen und Helfer für die große Leistung und ihren unglaublichen Einsatz, als es am Donnerstagabend darum ging, schnell und professionell zu handeln“, so Mende. Dafür gebühre den Ersthelfern, Polizei, Feuerwehrleuten, Ärzten und Sanitätern größter Respekt und Dank.
Empört zeigt sich der Oberbürgermeister über den mangelnden Respekt gegenüber den Opfern und den Hilfskräften durch filmende und fotografierende Gaffer.
Die Einsatzleitung des gestrigen Tages lobte ausdrücklich die Ersthelfer die vor Ort schnell und umsichtig reagierten. Aber auch bei diesem schlimmen Unfall behinderten wieder unzählige Gaffer und Handy-Filmer die Arbeit der Rettungskräfte. Außerdem tauchten Fotos und Videos der Unfallopfer in den Sozialen Medien auf. Eine Art der Verrohung die in solchen Fällen mittlerweile Gang und Gäbe ist. Den Tätern drohen bei Überführung mittlerweile hohe Strafen mit bis zu zwei Jahren Haft. Die Sensationsgier der Täter ist aber anscheinend größer, als die Angst vor der Strafverfolgung.
So äußerte sich der SPD Stadtverordnete Simon Rottloff auf seiner Facebook-Seite: "Ich bin wütend, sauer und angewiedert über unseren Verlust ethischen und moralischen Anstands...wie laut wäre der Aufschrei derer die Filmen, wenn es sich bei den Opfern um ihre Brüder, Schwestern, Eltern oder Kinder handeln würde? ...Wie laut und aggressiv wäre die Reaktion, wenn ihre eigene Würde in zahlreichen Gruppenchats, Social Media verletzt würde?
Mit dieser Haltung ist der Wiesbadener Politiker nicht alleine. Viele empören sich im Netz über die zahllosen Gaffer und Schaulustigen, die ohne irgendeine Scham Opfer in ihrem Leid filmten und fotografierten.
Den Einsatzkräften, die am Donnerstag gegen 16:30 Uhr zu dem Verkehrsunfall am Hauptbahnhof in Wiesbaden gerufen wurden, bot sich vor dem Bahnhof ein Bild des Chaos und des Schreckens. Zwei Gelenkbusse sowie vier Personenkraftwagen standen auf dem Grünstreifen des Kaiser-Friedrich-Ringes und in den Trümmern der gegenüberliegenden Bushalttestelle vor dem Hauptbahnhof, die von den Bussen zerstört worden war.
Wie der Sprecher der Polizei mitteilte, wurde nach ersten Erkenntnissen folgender Hergang festgestellt: Der 65 Jahre alte Fahrer des verursachenden Gelenkbusses der Linie 27, hatte an der Haltestelle C (Bahnhofstrasse) gerade seine Schicht angetreten und das Fahrzeug übernommen. Die Fahrgäste stiegen ein und aus. Danach fuhr der Bus laut Zeugen, trotz immer noch geöffenter Türen, an. Auf Grund eines technischen Versagens oder eines medizinischen Notfalls beim 65-Jährigen Fahrer, fuhr der Bus, statt rechts in Richtung Ringkirche abzubiegen, mit zunehmender Geschwindigkeit geradeaus in Richtung Hauptbahnhof.
Beim Überqueren der Fahrspur Kaiser-Friedrich-Ring (Richtung in Landtag) stieß er zuerst mit einem Opel Kombi zusammen, der dadurch auf den Grünstreifen geschleudert wurde. Dann streifte er einen Opel Adam, der gegen die Begrenzung des Mittelstreifens gedreht wurde sowie einen weiteren Pkw.
Danach überquerte der Gelenkbus den Grünstreifen und überfuhr dabei einen Stromkasten und Sträucher. Mit immer noch hoher Geschwindigkeit, querte er den Kaiser-Friedrich-Ring (in Richtung Brita-Arena), dabei stieß er mit einem Mercedes Kombi zusammen. Der Mercedes wurde auf einen neben ihm stehenden BMW geschoben, der dadurch in die Bushaltestelle geschleudert wurde. Dabei wurden zwei Fahrer leicht und eine 53-jährige Flörsheimerin schwer verletzt.
Zum furchtbaren Schluss rammte der Unfallbus das Heck eines Gelenkbusses der Mainzer Verkehrsbetriebe der an der Haltestelle stand. Dessen Heck wurde dadurch auf den Bürgersteig geschoben und rammte sich in die Bushaltestelle.
Der Unfallbus erfasste eine 33-jährige Wiesbadenerin sowie einen 85 Jahre alten Mann direkt vor dem Bushaltestellenhäuschen. Der Senior, bei dem es sich wie oben geschrieben um den Handballtrainer Horst Buntschuh handelte, wurde eingeklemmt. Die Frau erlitt glücklicherweise nur leichte Verletzung, dagegen wurde der 85-Jährige Buntschuh so schwer verletzt, dass er in der Nacht verstarb.
Nachdem der verursachende Bus zum Stillstand kam herrschte, laut Aussagen von Zeugen, Chaos rund um die Unfallstelle. Einige Fahrgäste taumelten aus dem Bus, viele Umstehende liefen in Panik durcheinander. Schreie waren überall zu hören.
Es gab zahlreiche verletzte Personen, die sofort durch beherzte Ersthelfer versorgt wurden. Sie befreiten zunächst den Busfahrer, der an seinem Platz eingeschlossen war. Danach setzten sie den Bus zurück, befreiten so das rverletzte Opfer und leisteten Erste Hilfe. Eine technische Rettung durch die Einsatzkräfte war deshalb nicht mehr notwendig. Alle anderen betroffenen Personen konnten die Fahrzeuge selbständig verlassen.
Nach der ersten Notrufmeldung wurde durch die Zentrale Leitstelle Wiesbaden Kräfte der Feuerwehr und des Rettungsdienstes entsandt. Da durch die Schilderungen der Zeugen von einer großen Anzahl verletzter und betroffener Personen ausgegangen werden musste, wurde der Einsatz auf das Stichwort „Massenanfall von Verletzen“ erweitert. Deshalb waren vor Ort auch Einheiten des Rettungsdienstes Wiesbaden sowie aus dem Main-Taunus-Kreis und Rheingau-Taunus-Kreis im Einsatz.
Die Einsatzkräfte begannen umgehend mit der Sichtung und Behandlung der verletzten Personen. Bis zum Einsatzende wurden insgesamt 23 Verletzte registriert, davon mussten 19 Patienten einer klinischen Versorgung zugeführt werden. Wegen der großen Zahl Verletzter wurden neben den Wiesbadener Kliniken auch Krankenhäuser in den Nachbarkreisen angefahren. Unter den Verletzten befanden sich zwei Schwerverletze sowie fünf mittelschwer verletzte Personen. Für die Leichtverletzten und weitere beteiligte Personen und Augenzeugen wurde vor Ort durch die „Seelsorge in Notfällen“ eine psychosoziale Betreuung bereitgestellt.
Die Rettungsdienstarbeiten wurden durch die Einsatzleitung Rettungsdienst koordiniert. Der Rettungsdienst war mit 23 Fahrzeugen und circa 60 Einsatzkräften vor Ort. Die Feuerwehr Wiesbaden war mit sechs Fahrzeugen und 24 Einsatzkräften im Einsatz.
Einsatzkräfte der Feuerwehr sicherten die beteiligten Fahrzeuge und stellten den Brandschutz sowie die Beleuchtung der Einsatzstelle sicher. Da unfallbedingt große Mengen Dieselkraftstoff aus dem Tank des unfallverursachenden Busses austraten wurden diese aufgefangen und abgebunden und die Kanalisation in diesem Bereich entsprechend abgeriegelt.
Nach dem alle Personen versorgt und die Feuerwehr ihre Sicherungsarbeiten abgeschlossen hatte, begann die Polizei mit ihren Maßnahmen zur Ursachenermittlung. Der Verkehr im Bereich des ersten Ringes wurde komplett gesperrt, ebenfalls die Bahnhofstraße. Die Verkehrsregelung wurde durch die Landes Polizei und die Kommunale Verkehrspolizei durchgeführt.
Gegen 19:00 Uhr überflog ein Polizeihubschrauber die Unfallstelle vor dem Bahnhof, um Luftaufnahmen zur Fotodokumentation und Rekonstruktion des Unfallhergangs zu machen. Zur Unfallaufnahme wurde die Beleuchtungsgruppe des Technischen Hilfswerkes, Ortsverband Wiesbaden eingesetzt. Ein Sachverständiger sicherte ebenfalls die Spurenlage.
Anschließend wurden die beteiligten Pkw und die Linienbusse sichergestellt und abgeschleppt. Die Maßnahmen der Unfallaufnahme dauerten um etwa 4:15, so dass es zu Verkehrsbehinderungen kam.
P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie Fan von Wiesbadenaktuell.de
Fotos: Daniel Becker