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Wiesbadens Feuerwehrkräfte sind seit den frühen Morgenstunden mit einem komplizierten Einsatz beschäftigt, der Kirchturm von Sankt Birgid in Bierstadt brennt. Zwar sind die Flammen seit circa 10:30 Uhr gelöscht, Glutnester entfachen jedoch immer wieder kleiner Brände und der Turm ist stark beschädigt.
Als die Kirchenglocken von Sankt Birgid gegen 4:40 Uhr, in der Nacht zum Mittwoch ungeplant läuteten, nahm das Unheil seinen Anfang. Rund eine Stunde später, also gegen 5:30 Uhr, bemerkte ein Passant das der Kirchturm in Flammen stand und alarmierte die Feuerwehr. Mehr als einen Meter hoch loderten Flammen aus den oben liegenden Fenstern (zwei Fotostrecken zu dem Brand gibt es in unserer Galerie).
Die eintreffenden Rettungskräfte fanden eine schwierige Einsatzsituation vor, da der Kirchturm in Massivbauweise errichtet wurde und sich die Zugangsmöglichkeiten und somit die Löschmöglichkeiten als kompliziert erwiesen. Durch die sehr schmalen Fenster im Turm, konnten Rauch und Hitze nur sehr schwer abziehen. Im Gebäude entstand deshalb ein massiver Wärmestau. Trotzdem versuchten die Einsatzkräfte neben dem Löschen von außen per Drehleiter, auch mit einem Innenangriff gegen die Flammen vorzugehen.
Der Brandherd selbst war rasch lokalisiert, er befand sich in einem Technikraum unterhalb des Glockenstuhls der zum Glück durch einen Betonfußboden abgetrennt ist. Der Technikraum ist an einen Mobilfunkanbieter vermietet. Möglicherweise hat sich durch einen technischen Defekt ein Brand entwickelt. Die Polizei hat die Ermittlungen zu der Ursache aufgenommen.
Zur Brandbekämpfung waren drei Drehleiter zum massiven Außenangriff im Einsatz. Die Einheiten von den Berufsfeuerwehr Feuerwachen 1, 2 und 3 sowie die Freiwilligen Feuerwehren Bierstadt und Breckenheim waren mit rund 60 Kräfte an der Einsatzstelle.
Der Bierstadter Ludwig Bienfeld war als Kind Messdiener in Sankt Birgid. Mit bangem Blick auf „seine“ Kirche erzählt er, dass diese kurz vor dem zweiten Weltkrieg 1939 eingeweiht (Baubeginn 1938) wurde. Erst 2017 waren die jüngsten Renovierungsarbeiten beendet, bei dem die Kirche unter anderem eine Fußbodenheizung bekam.
Gegen 8:20 Uhr war das Feuer zunächst unter Kontrolle, die Löscharbeiten dauerten weiter an, da noch Glutnester im Turm vermutet wurden. Dazu wurde mit Schaum weiter gelöscht.
Im Laufe des Morgens wurden Risse am Turm festgestellt. Ein Statiker der Bauaufsicht schaute sich diese genau an. Anschließend wurde der Innenangriff ausgesetzt um keine Einsatzkräfte zu gefährden. Alle weiteren Löschmaßnahmen mussten über die Drehleitern fortgesetzt werden. Die Stabilität des Gebäudes, eine Stahlbeton-Konstruktion mit Holzverschalungen im Inneren sowie einer Natursteinummauerung an der Außenseite schien zunächst fraglich, was sich um Glück im Laufe der weiteren Untersuchungen nicht bestätigte.
Eine eigens von der Biebricher Werksfeuerwehr InfraServ angeforderte Drohne mit Wärmebildkamera, konnte nicht im Inneren des Turms eingesetzt werden, da keine der vorhandenen Öffnungen groß genug war, um die Drohne einfliegen zu lassen.
Auch eine zweite, kleinere Kameradrohne konnte nichts zur Klärung der Lage im Inneren beitragen, da die Räume zu stark verqualmt und verrußt waren.
Gegen 11:00 Uhr krochen Feuerwehrleute durch eine Luke in Höhe des Dachs des Kirchenschiffs in den Turm, um sich einen Überblick der Lage zu verschaffen. Sie konnten aber ebenfalls keine konkreten Ergebnisse liefern.
Während der Löscharbeiten saugte die Freiwillige Feuerwehr Breckenheim Löschwasser und -schaum im Kirchenschiff ab, um größeren Schäden vorzubeugen. Wegen der immer wieder auflodernden Flammen entschloss sich die Einsatzleitung schließlich gegen 12:20 Uhr, den gesamten Turm mit Löschschaum zu fluten. Ein spektakuläres Schauspiel für die zahlreichen Anwohner und Beobachter die zusehen konnten, wie der Schaum wieder aus den weit geöffneten Türen der Kirche die Treppe herunterlief.
Laut den Bauplänen des Turms handelt es sich um eine Stahlbetonkonstruktion, die auf vier Etagen Räume beherbergt und die mit einer Betontreppe verbunden sind. In der ersten Etage befindet sich ein Gesellschaftsraum mit Glasfront in Richtung Kirchenschiff. Zum Zeitpunkt des Brandes waren dort Stühle gelagert. Darüber befindet sich eine Holzdecke die den Lagerraum der Pfadfinder abtrennt. Beide Räume und deren Inhalt wurden durch das Feuer und das Löschwasser fast vollständig zerstört.
Der darüber befindliche Technikraum, der mit einer Betondecke zum Glockengebälk abgetrennt ist, wurde ebenfalls ruiniert. Die Decke zum Glockengebälk hat jedoch ganze Arbeit geleistet und die wertvollen Glocken vor der Zerstörung durch die Flammen bewahrt.
Während des Einsatzes wurden die Patrickstraße und Birgidstraße voll gesperrt und der Busverkehr umgeleitet. Es kam zu Verkehrsbehinderungen.
Um den Grundschutz sicherzustellen wurden die Feuerwachen mit den Freiwilligen Feuerwehren Nordenstadt, Delkenheim und Erbenheim nachbesetzt. Außerdem wurde die Drehleiter der US Army Feuerwehr für mögliche folgende Einsätze auf der Feuerwache 1 in Bereitschaft versetzt.
In den Nachmittagsstunden wurde mit Unterstützung des THW Wiesbaden und Bad Homburg noch Abstüzungen der Decken innerhalb des Turmes durchgeführt, um die Einsturzgefahr eines Holzbodens zu beseitigen.
Die Feuerwehr wird vermutlich noch bis Donnerstagmorgen im Einsatz sein. Über Nacht ist geplant, eine Brandwache an der Kirche abzustellen.
Die Höhe des Schadens steht noch nicht fest.
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Fotos: Daniel Becker, Privat