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Als beim letzten großen Unwetter 2014 die Wassermassen, unter anderem durch das Wiesbadener Kurhaus und die neue Tiefgarage, in die Innenstadt flossen, war allen Beteiligten klar – wir müssen etwas ändern, so etwas darf nicht wieder vorkommen. Jetzt, zwei Jahre später muss man feststellen – es hat sich nichts geändert.
Wobei, das Kurhaus blieb diesmal verschont, stattdessen drang das Wasser in die Keller der Kolonaden ein und überflutete 500 Quadratmeter Fläche. Teilweise stand das Wasser fast 40 Zentimeter hoch. Durch die zahlreichen Einsätze musste die Wiesbadener Feuerwehr um „Amtshilfe“ aus Mainz bitten. Zusammen mit den Kollegen der Freiwilligen Feuerwehr aus Bierstadt pumpten die Einsatzkräfte bis kurz vor Mitternacht den Keller leer. Die Schadenshöhe steht noch nicht fest. Eine gute Nachricht gab es: Das kleine Spiel war nicht betroffen, sodass die Freunde des Automatenspiels ungehindert ihrer Leidenschaft frönen konnten.
Bis zum frühen Abend feierten mehrere tausend Besucher noch bei schönem Wetter auf dem Kranzplatzfest. Eine spontan aufgetretene Gewitterzelle mit dicken und dunklen Wolken verdunkelte den Himmel. Gegen 18:00 Uhr erreichte die Feuerwehr die Unwetterwarnung der Stufe 3 des Deutschen Wetterdienstes.
Vorsorglich wurden die Veranstalter des Kranzplatzfestes und des Reitturnieres in Kloppenheim über die aufziehende Unwetterfront gewarnt, so dass beide Veranstaltungen wie in den Sicherheitskonzepten beschrieben, abgesagt wurden. Gegen 18:20 Uhr forderte man über Lautsprecher auf die Besucher des Kranzplatzfestes umgehend zu gehen und sich in Sicherheit zu bringen.
Trotz der Wetterwarnungen, die bereits seit Donnerstag verbreitet wurden, traf das Unwetter viele Wiesbadenerinnen und Wiesbadener völlig überraschend. Besonders gebeutelt wurden auch diesmal wieder die Bewohner von Rambach, Sonnenberg, Kloppenheim und Medenbach. Der Starkregen und die bis zu kirschgroßen Hagelkörner rissen alles mit, was sich in den Weg stellte und so sammelte sich an den tiefsten Stellen der Orte riesige Mengen aus Eis, Geröll, Ästen und Blättern und verstopften augenblicklich die Kanäle und Gullis. Die Lawine walzte sich durch die Straßen, ergoss sich in Keller und schickte die Ausläufer auch diesmal wieder als „schmutzigen Grüße“ bis in die Innenstadt. In Rambach in der Niedernhausener Straße wurden Teile des Asphalts auf circa fünf Zentimeter Tiefe weggespült.
Besonders schlimm erwischte es zwei Familien in einem Kloppenheimer Doppelhaus. Durch die Belastung der Dachterrassen mit Hagelkörnern, brach die Decke im Wohnzimmer ein. Eis, Schmutz und Wasser ergossen sich in die Wohnzimmer. Alle Versuche, die Wohnzimmer freizuschaufeln erwiesen sich als sinnlos, dass mussten die beiden Familien schon bald resigniert erkennen. Zum Glück war keiner in den betroffenen Räumen, als das Unglück geschah.
Auch Simon Rottloff zögerte nicht und schaufelte in Kloppenheim eifrig die Hagelkörner von der Straße. Mehr als 50 Zentimeter standen die Straßen an manchen Stellen unter Wasser. Umgestürzte Bauzäune, Mülltonnen und Schilder erschwerten die Aufräumarbeiten zusätzlich. Und wo Schaufeln nicht mehr ausreichten, wurde „schweres Gerät“ aufgefahren. Zum Abtransport der unglaublichen Mengen an Hagelkörnen kam ein Traktor mit Schaufelaufsatz zum Einsatz. Wären die Helfer während ihres Einsatzes nicht nur mit T-Shirts bekleidet gewesen, hätte man beim Anblick der Straße von einem Wintereinbruch ausgehen können.
Besonders ärgerlich – gerade gestern wurden im Ort 100 Sommerpflanzen gesetzt. Geranien und Co sollten in den kommenden Monaten die Augen der Kloppenheimer und Besucher erfreuen. Leider hat nicht ein einziges Pflänzchen den Hagelsturm überlebt – hoffentlich findet sich in kommenden Tagen Ersatz?!
Hart getroffen hat es auch das Spital in der Saalgasse. Die vom Neroberg kommenden Geröll-, Wasser- und Hagelmassen, drückten die Kellerfenster des Lokals ein und verwüsteten die Räume in denen, neben Getränken, leider auch die gesamte Anlage für die Beschallung gelagert war. Mit einer Eimerkette, versuchte das Personal das Wasser aus dem Keller zu schöpfen um Schlimmeres zu verhindern.
Eine böse Überraschung erlebten auch die Autobesitzer, die ihre Fahrzeuge in der Burgstraße abgestellt hatten. Im Bereich vor den Vier Jahreszeiten/Vapiano, war die Straße teilweise über 50 Zentimeter hoch geflutet.
Ein Taxi-Fahrer, der sich in diesem Bereich befand, war durch die reißenden Wassermassen in seinem Fahrzeug eingeschlossen und wurde aus den Fluten gerettet. Die Feuerwehr pumpte drei Fahrzeuge, darunter auch das Taxi, leer. Viel dürfte das den Wagen nicht mehr genutzt haben. Laut der Aussage der Feuerwehr, waren die Motoren irreparabel geschädigt.
Noch schlimmer erging es einem Fahrer, der seinen Pkw noch rechtzeitig aus der Gefahrenzone holen wollte. Als er vorsichtig durch die langsam steigenden Wassermassen fuhr, kam ihm ein ESWE Bus in voller Fahrt entgegen. Dieser trieb eine „Bugwelle“ mit Wasser vor sich her und schob diese über die Motorhaube des Pkw, das angesaugte Wasser erzeugte auch an diesem Fahrzeug einen totalen Motorschaden.
Durch die Vielzahl an vollgelaufenen Kellern und überschwemmten Straßen kamen sämtliche Freiwillige Feuerwehren aus dem Stadtgebiet zum Einsatz (bis zu 400 Einsatzkräfte). Zusätzlich wurden rund 30 Kräfte der Berufsfeuerwehr aus der Freizeit hinzugezogen. Die Einsatzzentrale wurde durch IuK-Unterstützungsgruppe, sowie alle Beamten der Führungsdienstes aus der Freizeit unterstützt.
Die Arbeit wurde durch neun Erkunder des Führungsdienstes unterstützt um vorab eine Sichtung aller eingehenden Einsätze durchzuführen. Dabei stellte sich heraus, dass sich einige hilfeersuchenden in Eigenregie beholfen hatten, was den Einsatz der Feuerwehr nicht mehr erforderlich machte.
Zu den Unwettereinsätzen kamen zeitgleich noch ein Kohlenmonoxid Alarm, eine ausgelöste Brandmeldeanlage und zwei Einsätze mit einem Brandverdacht. Glücklicherweise musste dort die Feuerwehr nicht tätig werden. In der Spitzenzeit stand die Werkfeuerwehr InfraServ als Reserve für weitere Einsätze im Stadtgebiet zur Verfügung.
Auch der Main-Taunus-Kreis blieb nicht verschont. Die Unwetterschwerpunkte lagen in Hofheim, Kriftel und Bad Soden. In Hofheim war das Chinon-Center und die Altstadt abgesoffen. Sämtliche Wehren aus dem Main-Taunus-Kreis wurden alarmiert, darunter auch Wallau.
Alles in Allem dauerte das Unwetter noch nicht einmal eine Stunde. Im nachlassenden Regen sangen und spielten sich die Bandmitglieder von Mallet zu „Somewhere over the rainbow“ ein und auch die ersten Gäste kehrten auf den Kranzplatz zurück. Um nicht im Wasser zu stehen, feierte man stehend auf den Bänken weiter. Die Gastronomen wischten die Tische trocken und nach Überprüfung der Elektrik, machten die Wiesbadener auf der gefluteten Kranzplatzwiese weiter, als sei nichts geschehen. Wenn Wiesbaden feiert, kann nicht mal ein Unwetter etwas dagegen machen!
Für Samstag und Sonntag sagen die Meteorologen weitere Unwetter voraus. Drücken wir die Daumen, dass Wiesbaden dann verschont bleibt.
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