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Das Handy klingelt oder vibriert, schnell mal ein Blick auf das Display geworfen und geschaut, wer mich gerade angeschrieben oder angerufen hat. Da spielt es auch keine Rolle, dass man eigentlich gerade am Autofahren ist und die Konzentration dem Straßenverkehr gelten sollte. Viele Verkehrsteilnehmer sehen das nicht so eng.
Das Smartphone hat Einzug in den Alltag genommen, bekommt sehr viel Aufmerksamkeit und sorgt so für Ablenkung im Straßenverkehr. Dabei kann bereits ein kurzer Blick auf eine Textnachricht wie WhatsApp fatale Folgen für das eigene und das Leben anderer haben.
Die Kampagne "Runter vom Gas" des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) macht sich deshalb gemeinsam mit dem Polizeipräsidium Westhessen stark gegen Ablenkung am Steuer.
Der Verkehrsdienst der Polizei Wiesbaden und die Bereitschaftspolizei sowie Kräfte vom Polizeipräsidium Westhessen hatten am Dienstag die Kontrollaktion gemeinsam durchgeführt. Rund zehn bis 15 Personen waren jeweils im Einsatz.
Bereits am Vormittag fand in der Boelckestraße in Kastel eine Überprüfung der Fahrer statt. In zwei Stunden erwischten die Beamten 17 Verkehrsteilnehmer. Von 17 haben 16 haben zugegeben, dass sie mit dem Smartphone hantierten oder telefonierten. Einer bestritt den Vorwurf, um eine Geldbuße wird er dennoch nicht herumkommen.
Eine zweite Kontrollstelle wurde in der Mittagszeit bei Dotzheim aufgebaut. In der Erich-Ollenhauer-Straße, in Richtung Dotzheim, Höhe einer Gärtnerei wurden die Fahrzeuge herausgewunken.
Ein Zivilbeamter war Undercover ein paar hundert Meter vor dem eigentlichen Kontrollpunkt, hatte seine Beobachtungen per Funk mitgeteilt und so Fahrzeug und Kennzeichen durchgegeben. Der Schwerpunkt der Prüfung lag auf die Handynutzung, weiterhin wurden auch nicht angeschnallte Fahrer herausgezogen.
Das erste Fahrzeug war ein Kastenwagen eines Handwerkers. Mit einer Winkerkelle wurde dieser zum Anhalten aufgefordert. Polizeioberkommissar der Fachgruppe Verkehrsdienst Bernd Lukas trat an das Fahrzeug heran. Er informierte den Fahrer über die besondere Kontrollaktion. Der Handwerker wurde aufgefordert seinen Fahrzeugschein und Führerschein vorzulegen. Lukas klärte ihn auf, dass er mit dem Handy in der Hand von einem Zivilbeamten beobachtet wurde. Der Fahrer bestritt den Vorwurf. Ihm blüht ein Bußgeldbescheid über 60 Euro und einen Punkt in dem Verkehrszentralregister.
Ein BMW-Fahrer hatte kurze Zeit später ebenfalls ein Smartphone in der Hand. Ihm wurde geschildet was beobachtet wurde. Polizeioberkommissar Lukas erfasste die Daten in einem elektronischen System, die per Datenleitung direkt an die Bußgeldstelle übermittelt wird. Ein größerer Papierkram entfällt. Der BMW-Fahrer zeigte sich ebenfalls nicht einsichtig. Während der Kontrolle "spielte" er wieder mit seinem Handy.
Zwei weitere Fahrer wurden herausgezogen, da sie im Fahrzeug nicht angeschnallt waren. Einer war sehr einsichtig und zahlte direkt die 30 Euro Strafe. Der Handwerker sagte gegenüber Wiesbadenaktuell.de, dass er immer mal wieder vergisst sich anzuschnallen.
Eine junge Dame mit einem Opel Corsa wurde mit dem Handy in der Hand erwischt. Der Polizist fragte die Fahrerin, wie viel Strecke sie in einer Sekunde bei 50 km/h zurücklegt. Wenn man eine Sekunde auf das Smartphone schaut fährt man 15 Meter im Blindflug.
Zwei weitere Pkw-Fahrer wurden herausgewunken, der eine bediente das Smartphone in der rechten Hand und ein Golf-Fahrer hielt das Handy in der linken Hand am Ohr. Beide bestritten den Vorwurf. Um eine Strafe werden sie jedoch nicht herumkommen. Die Bilanz der ersten Stunde: vier Personen waren nicht angeschnallt. Sechs hantierten mit dem Smartphone.
Polizeioberkommissar Lukas appelliert an das Verständnis der Fahrer und will nicht belehrend wirken. Wenn unbedingt während der Fahrt telefoniert werden muss, sollte ein Headset oder eine Freisprecheinrichtung genutzt werden. Diese gibt es bereits für kleines Geld.
„Ich würde mich freuen, wenn die Einsicht bei den Autofahrern da wäre und ihr Fehlverhalten zugegeben hätten. Viel lieber wäre es mir, wenn die Verkehrsteilnehmer nicht mit dem Smartphone während der Fahrt hantieren“, so der Polizeioberkommissar. Die Polizei Wiesbaden wird auch weitere Kontrollen hierzu durchführen.
Es könnte eine drastische Verschärfung geben. Es ist im Gespräch das ein Handy-Verstoß ein Bußgeld von 600 Euro nach sich ziehen kann. Ein Monat Fahrverbot und 1 bis 2 Punkte ins Flensburg könnte folgen. "Ich finde die geplante Verschärfung nicht so schön, aber wenn die Verkehrsteilnehmer ihr handeln nicht begreifen, dann muss es an den Geldbeutel und den Führerschein gehen", so Lukas abschließend.
Ablenkung gilt als eine der häufigsten Unfallursachen auf deutschen Straßen. Experten gehen davon aus, dass etwa 30 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden auf Unaufmerksamkeit zurückgehen. Im Jahr 2016 wurden laut Statistischem Bundesamt rund 400.000 Menschen im Straßenverkehr verletzt. Davon starben 3.206 an den Folgen des Unfalls. Ein einziger Moment der Ablenkung kann katastrophale Folgen haben.
So genügt bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h eine Sekunde Unachtsamkeit, um 15 Meter im Blindflug unterwegs zu sein. In zwei Sekunden und bei Tempo 100 sind es schon 55 Meter.
Während des Autofahrens nebenbei das Handy bedienen, eine Wasserflasche öffnen und parallel noch auf das Navigationsgerät schauen? Das funktioniert nicht. Denn das Gehirn kann Entscheidungen nur nacheinander treffen und ist bei vielen Aufgaben schnell überfordert. Mit den Smartphones haben die Verkehrsunfälle durch Ablenkung zugenommen, so die Polizei.
Im Rahmen der bundesweiten Verkehrssicherheitskampagne wird vom 17. bis zum 21. Juli ein überdimensionales Handy im Innenbereich des Rathauses der Landeshauptstadt Wiesbaden aufgestellt sein. Auf dem Display des Handys verdeutlicht ein fiktiver Chatverlauf, der "böse" endet, wie gefährlich es ist, sich nicht auf den Verkehr zu konzentrieren. Bleibt auf die Einsicht der Verkehrsteilnehmer zu hoffen.
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