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Wenn am ersten Februarwochenende Sportfans wieder neugierig auf die Landeshauptstadt schauen, weil sich erneut weibliche und männliche Weltmeister, Olympia-Sieger und Top-Athleten aller Sportarten sowie Sponsoren zum Feiern und Netzwerken treffen, muss sich die zweifache Weltmeisterin im Freiwasserschwimmen, Angela Mauerer, keine Gedanken um ein Hotelzimmer machen. Die gebürtige Wiesbadenerin kann bequem von ihrem zu Hause, in dem sie mit ihrem Mann und Trainer Nikolai Evseev und dem gemeinsamen Sohn wohnt, zur Eröffnungsveranstaltung der „Ball des Sports Sektnacht“ in der Kellerei Henkell fahren. Dort gehört sie zu den Sportlerinnen, die Sie beim Meet & Greet vor der Fotowand begrüßen.
Die gebürtige Wiesbadenerin wusste schon früh, dass Wasser ihr Element ist und gewann 1989 und 1990, als 15-jährige, die Jugendeuropameisterschaften in der Bahn. Der Mauerfall führte zu einem Bruch in der sportlichen Karriere von Maurer. Die Konkurrenz durch die Sportlerinnen und Sportler aus den neuen Bundesländern machte den West-Deutschen Athleten nicht nur im Schwimmen die Qualifikation für Wettbewerbe schwieriger, so dass sie mit 19 Jahren erstmals das Ende ihrer Schwimmkariere erklärte. „Es war schwer zu akzeptieren, dass durch den Glücksfall der Wiedervereinigung die Chancen für Schwimmerinnen und Schwimmer aus dem Westen, sich für internationale Meisterschaften zu qualifizieren, nur noch sehr gering waren“, erzählt Maurer.
Doch das Schwimmen ließ die zierliche Sportlerin nicht los. Sechs Jahre später machte Maurer aus der Not eine Tugend und wechselte in die weniger populäre Freiwasser-Sparte. Als Trainingsstätte bot sich das Rüsselsheimer Waldschwimmbad an.
Freiwasserschwimmen – dabei denkt man an Wellen, dunkles Wasser und viele Schwimmer, die sich gleichzeitig ins kalte Nass stürzen und Körper an Körper in Richtung Wendeboje und Ziel unterwegs sind. Kräftezehrende Wettkämpfe, bei denen Siege von viel mehr Faktoren abhängig sind, als beim Schwimmen im 50-Meter-Becken.
Und so war der Anfang auch für Maurer ungewohnt. Statt des hellen, gekachelten Schwimmbadbodens war plötzliche nur dunkles, unheimliches Schwarz unter ihr. Aber diese Bedenken waren rasch überwunden und Maurer lernte, sich auf die oft widrigen Bedingungen im Freiwasser mit Wind und Wellen einzustellen.
Und die Wettkampferfolge gaben ihrer Entscheidung Recht. So qualifizierte sie sich 1997 auf Anhieb für die EM in Sevilla, bei der sie auf den sechsten Platz kam. Bis 2004 erschwamm sie zahlreiche Podestplätze (Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Angela_Maurer) in nationalen und internationalen Wettbewerben. Die Schwangerschaft mit ihrem Sohn 2005 kam zu einem für Maurer passenden Zeitpunkt. Sie fühlte sich müde und brauchte eine Pause, denn vor allem die Langstrecke über 25 Kilometer machte ihr keine Freude mehr. Umso erstaunlicher mutete ihr Comeback 2006 an, als sie zweifache Europameisterin über 10 und 25 Kilometer wurde.
Jetzt hatte der Schwimmvirus Angela Maurer wieder gepackt und ihr Traum, die Teilnahme an den Olympischen Spielen, rückte in greifbare Nähe. 2007 gelang ihr die Qualifikation für Olympia in Peking 2008. Dort landete sie über 10 Kilometer auf dem undankbaren 4. Platz.
Und auch vier Jahre später – 2012, später schaffte sie die Qualifikation und fuhr für Deutschland zu den Olympischen Spielen nach London. „Olympische Spiele sind für Sportler mit nichts zu vergleichen, ein Sieg und eine Medaille sind der Traum eines jeden von uns. Platz 5 bei einer WM steckst Du weg, Platz 4 bei den Spielen sind ein Albtraum“, erzählt Maurer. Mit ihrer zweiten Teilnahme erregte die damals bereits 37-jährige mediales Aufsehen. Auch ein Shooting mit anderen Athletinnen für das Männermagazin Playboy brachte sie in die Schlagzeilen. Diesem Druck hielt Maurer nicht stand und verpasste auch in London einen Platz unter den ersten drei.
Den dritten und letzten Anlauf für einen Medaille nahm sie bei den Olympischen Spielen in Rio, scheiterte jedoch bereits in der Qualifikation. „Im ersten Moment ist es einfach nur schlimm, man realisiert, dass man bis zu diesem Zeitpunkt sein Leben nach diesem Ziel ausgerichtet hat und dass es nun für immer unerreichbar bleiben wird.“
Im Olymp des Deutschen Spitzensports ist nicht viel Platz. Nur gewinnen reicht nicht aus, um wirklich populär zu sein. Die „richtige“, weil in den Median populäre, Sportart oder eine olympische Medaille entscheiden darüber, ob das oft jahrzehntelange Training sich im wahrsten Sinne des Wortes „bezahlt“ macht. Sponsoren interessieren sich in der Regel nur für Sportarten, über die in den Medien ausführlich berichtet werden.
„Sport öffnet einem das Tor zur Welt, aber er kann es einem auch brutal vor der Nase zuschlagen“, sagt Maurer. „Besonders in Randsportarten, in denen die Athleten mit dem gleichen Aufwand trainieren wie in den populäreren, ist es oft schwer, sich immer wieder zu motivieren. Denn zu dem Verzicht auf Freizeit kommt oft auch noch die finanzielle Ungewissheit.“ In Deutschland kommen viele Leistungsträger bei der Bundeswehr und der Polizei unter. Hier haben sie die Möglichkeit, Ausbildung und Beruf zu verbinden und auch im Anschluss an ihre aktive Laufbahn eine Anstellung zu finden. Auch Angela Maurer arbeitet als Polizeikommissarin und hat somit diese Sorge zum Glück nicht. Sie schwimmt bis heute für SSV Undine Mainz 08. Ihr Mann, ebenfalls Ex-Schimmer, arbeitet als Trainer für den Schwimmverein Delphin Wiesbaden.
Auf die Frage, wie ihr Leben nach der aktiven Sportzeit weitergeht, lächelt Maurer: „Am liebsten würde ich meine Erfahrungen aus dem Spitzensport weitergeben. Managertrainings zum Thema Selbstmotivation oder ähnliches sind Fähigkeiten, die ich sehr gut vermitteln kann. Leistungssportler sind so oft gefallen und wieder aufgestanden, dass sie als perfektes Beispiel für andere taugen.“
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Fotos: privat, Webseite Angela Maurer