ANZEIGE
Die Verhandlung um überschrittene Stickoxidwerte vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden wurde am heutigen Mittwoch, den 13. Februar, abgeschlossen – Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sind demnach vom Tisch. Der Verkehrsclub Deutschland und die Deutsche Umwelthilfe hatten das Land Hessen wegen überschrittener Stickoxidgrenzwerte verklagt, ihre Klage aber zurückgezogen, da die vorgelegten Maßnahmen zur Reduzierung der Stickoxidwerte im „Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main 2. Fortschreibung Teilplan Wiesbaden“ als ausreichend erachtet wurden.
Oberbürgermeister Sven Gerich zeigt sich nach der Abschluss der Gerichtsverhandlung erleichtert: „Ein Dieselfahrverbot wäre für die Bürger und die Gewerbetreibenden in Wiesbaden sicherlich die einschneidendste und teuerste aller Maßnahmen gewesen. Deshalb sind wir froh, dass wir das Verbot gemeinsam mit dem Land abwenden konnten.“ Gerich sieht seine Position, die er gemeinsam mit seinem Magistratskollegen Andreas Kowol erstmals Ende Februar des vergangenen Jahres festgelegt hatte, komplett bestätigt. Bereits in ihrem damaligen Vorschlag für ein Sofortpaket hatten Gerich und Kowol die meisten der Maßnahmen vorgeschlagen, die jetzt zur Abwendung des Dieselfahrverbotes geführt haben.
Andreas Kowol, Dezernent für Umwelt, Grünflächen und Verkehr, sieht die enormen Anstrengungen der Stadt, die Stickoxidwerte zu reduzieren, durch den Ausgang der Verhandlung gewürdigt: „Dass Wiesbaden als erste Stadt in Deutschland um Fahrverbote herumkommt, zeigt, dass wir mit unserem Sofortpaket auf dem richtigen Weg sind. Das heutige Urteil bedeutet jedoch keinesfalls, dass wir jetzt die Füße hochlegen können. Wir werden unverändert mit Hochdruck daran arbeiten, die zahlreichen Maßnahmen des am Montag in Kraft getretenen Luftreinhalteplans, wie etwa das 365-Euro-Ticket, mehr Radwege oder neue Park&Ride-Parkplätze vollumfänglich umzusetzen. Diese Maßnahmen werden zu Veränderungen führen und auch zusätzliches Geld kosten. Wir müssen und werden die Verkehrswende in Wiesbaden konsequent weiter vorantreiben, um unsere Stadtluft sauberer zu bekommen und die Aufenthaltsqualität unserer Innenstadt deutlich zu erhöhen. Das wird für alle eine Kraftanstrengung, die sich am Ende aber lohnen wird.“
Die Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Wiesbaden hat am 6. September 2018 ein Sofortpaket zur Luftreinhaltung mit einer Vielzahl tiefgreifender Maßnahmen beschlossen. Dieses ist vollumfänglich in den Luftreinhaltplan eingeflossen, der am vergangenen Montag, den 11. Februar, in Kraft getreten ist. Der Luftreinhalteplan ist das zentrale, gemeinsame Instrument des Landes Hessen und der Landeshauptstadt Wiesbaden, um die Einhaltung der einschlägigen Luftqualitätsgrenzwerte auch ohne Fahrverbote sicherzustellen. Seit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung hat die Landeshauptstadt Wiesbaden zahlreiche Maßnahmen aus den Bereichen Elektromobilität, Ausbau und Elektrifizierung des ÖPNV, Förderung des Radverkehrs sowie Verkehrslenkung und -management mit großer Ernsthaftigkeit und hohem Tempo aktiv vorangetrieben.
„Verkehrsdezernent Andreas Kowol hat den zeitlichen Aufschub seit dem letzten Verhandlungstag in Sachen Diesel-Urteil hervorragend genutzt und konnte nun das Gericht endgültig von der Wirksamkeit der im neuen Luftreinhalteplan enthaltenen Maßnahmen überzeugen,“ freut sich Christiane Hinninger, Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Rathaus Wiesbaden, über den Ausgang der Gerichtsverhandlung zur Klage der Deutschen Umwelthilfe auf Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte im Straßenverkehr.
Auch die SPD in Wiesabden freut sich über das abgewendete Dieselfahrverbot.
Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Dr. Gerhard Uebersohn äußert sich in einer Pressemitteilung wie folgt: „Dass die DUH ihre eigene Klage für erledigt erklärt, ist ein bemerkenswerter und einmaliger Vorgang. Wiesbaden ist damit etwas gelungen, das in anderen Städten offenbar nicht möglich war, nämlich ein überzeugendes Konzept zur Luftreinhaltung vorzulegen“. Allerdings sei dies nicht einfach gewesen: „Immer dann, wenn es um Einschränkungen für Autos geht, sind viele Menschen extrem sensibel. Da muss schon viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.“, so Dr. Uebersohn.
Ausdrücklich dankt die SPD-Fraktion dem Magistrat und den Partnern in der Kooperation: „Oberbürgermeister Sven Gerich und Verkehrsdezernent Andreas Kowol haben hier einen Riesenjob gemacht, ohne den wir hier wie etwa Frankfurt oder Mainz ganz anders dagestanden hätten“, befindet Dr. Uebersohn.
Aber auch der in letzter Zeit öffentlich viel beschimpften DUH spricht Dr. Uebersohn seine Anerkennung aus: „Der Verein hat hier richtig Druck auf den Kessel gebracht. Was nun dabei rausgekommen ist, wäre sicher ohne die Klage niemals erreicht worden. Die Rücknahme belegt, dass es der DUH um die Sache ging“, befindet Dr. Uebersohn.
Allerdings ist für Uebersohn auch eines klar: „Mit unserem Konzept stehen wir jetzt im Wort. Jetzt nach dem Ende des Prozesses nach und nach das Rad wieder rückwärts zu drehen, sollten wir nicht mal in Erwägung ziehen. Der eingeschlagene Weg ist offenbar der richtige. Den müssen wir dann auch weiter gehen und die im Prozess versprochenen Anstrengungen auch in Zukunft liefern“, so der Sozialdemokrat abschließend.
Als gutes Signal für den Wirtschaftsstandort und für die gesamte Region werten Industrie- und Handelskammer (IHK) und Handwerkskammer (HWK) Wiesbaden, die Rücknahme der Klage. IHK-Präsident Dr. Christian Gastl und HWK-Präsident Klaus Repp zeigen sich erleichtert, dass damit Schaden für den Wirtschaftsstandort abgewendet werden konnte. Schließlich hätte ein Fahrverbot sowohl Handwerksbetriebe als auch den Lieferverkehr, Transportbetriebe, Busreiseunternehmen und den Einzelhandel hart getroffen.
Beide Wirtschaftsvertretungen betonen, dass der Wirtschaftsverkehr auch weiterhin auf die Straße angewiesen ist. Für die Wirtschaft würden Fahrverbote Wertverluste in Millionenhöhe, Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs und Umsatzverluste bedeuten.
Die CDU-Rathausfraktion begrüßt, dass es nicht zu Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in Wiesbaden kommt. Hans-Joachim Hasemann-Trutzel, verkehrspolitischer Fachsprecher der CDU-Rathausfraktion: „Das von der Stadtverordnetenversammlung im September beschlossene ‚Sofortpaket für den Luftreinhalteplan zur Abwendung eines Dieselfahrverbots für die Landeshauptstadt Wiesbaden‘ hat vor Gericht überzeugt.
Hasemann-Trutzel dankte besonders den Mitarbeitern und der Leiterin des Tiefbau- und Vermessungsamtes, Dr. Petra Beckefeld. „Gerade mit Blick auf das Ziel einer Verflüssigung des Verkehrs durch die konsequente Digitalisierung der Verkehrssysteme haben Fr. Dr. Beckefeld und ihr Team Herausragendes geleistet.“
Der in Wiesbaden durch Förderzusagen aus Bundesmitteln unterstützte Aufbau einen digitalen Systems zur Erhebung, Bereitstellung und Nutzung von Mobilitäts-, Umwelt- und Meteorologie-Daten als Grundlage für ein aktives Verkehrsmanagement (kurz DIGI-V) ist ein wesentlicher Bestandteil der Bemühungen der Landeshauptstadt Wiesbaden zur Reduzierung der Schadstoffbelastung durch den Verkehr.
„So sehr das Ergebnis zu begrüßen ist, bleibt doch zu bedenken, dass dies ein Vertrauensvorschuss ist, der nicht verspielt werden darf. Das heißt, der Luftreinhalteplan muss ohne Wenn und Aber und ohne Verzug durchgeführt werden“, erklärt die verkehrspolitische Sprecherin der LINKE&PIRATEN Rathausfraktion, Brigitte Forßbohm.
Anders sei nicht zu erwarten, dass es schon 2019 nur noch zu geringen Grenzwertüberschreitungen kommen werde und schon 2020 die Grenzwerte für Stickoxide eingehalten würden. Entscheidend sei die Ausweitung und drastische Verbilligung des öffentlichen Nahverkehrs in Wiesbaden und im Umland sowie die Ausweitung der Park&Ride-Flächen am Stadtrand. Längerfristig gehe nichts ohne den Bau der Citybahn.
In dem vorgesehenen und schnellstmöglich einzuführenden 365-Euro-Nahverkehrsticket, sieht die Fraktion L&P ein Anfang auf dem Weg zum gebührenfreien ÖPNV.
Was den Ausbau des Radwegenetzes betrifft, sei noch viel zu tun. „Dabei ist das Augenmerk vor allem darauf zu richten, Radfahren für die attraktiver zu machen, die sich im Stadtverkehr Wiesbadens bisher unsicher und gefährdet sehen“, gibt Forßbohm zu bedenken.
P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie Fan von Wiesbadenaktuell.de
Symnbolfoto