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Im gut besuchten Hitzelhof in Kloppenheim fand im Rahmen des Brückenfestes am Freitag ein illustrer Abend mit den bekannten Mundart-Dichterinnen Ulrike Neradt und Hildegard Bachmann statt. Das Thema „Hibbe un dribbe vom Rhein“ bezeugte zwar, dass der Strom eine gewisse Grenzmarkierung darstellt, aber die Menschen mit ihrer Mundart und ihrer Art zu Denken und zu Handeln ähnlicher sind, als man landläufig meint. Selbst die vornehme Wiesbadener scheinen sich ‚o zu basse‘. Auch die beiden Frauen spiegeln diesen Trend wider. Seit 20 Jahren sind sie befreundet – seit 15 Jahren treten sie miteinander auf. Trotz der unterschiedlichen Charaktere; der Rhein ist das Verbindende, weniger das Trennende, weil ‚jedi Seid die ebsch Seid is…‘!
Sie lasen Anekdoten und Geschichten aus ihren Büchern. Bachmann hat bereits 35 Bücher herausgebracht und Neradt’s fünftes Buch ist gerade erschienen, mit den Titel „Eh ich mich uffreech, is mir’s lieber egal“. Nach eigenen Angaben ist hier nix geloge, nur e bisje.
„Wann se babbele, do reden se, wann se schwätze, do gaggern se und traatsche, wann se schdänkern, do giggelnse irgendwann - unerm Strich: babbele und redde kann ganz unerschiedlich soi, aber andererseits wieder sehr ähnlich…!
So erzählte Hildegard Bachmann von einer Lesung in der Grundschule. Es waren circa 100 Kinder; über die Hälfte keine Deutsche. Ein Türkisches Mädchen habe unter anderem gefragt, wo sie denn Deutsch gelernt habe, und ne andere meinte: „mach der nix draus, ich bin aach net fun hier“. Das Fazit: mit Mundart kann mer die Mensche erreiche. Ja, sie ist vergleichbar mit dem Weinstock: der Dialekt ist die Wurzel, aus dem sich die Reben entwickeln.
Abwechselnd lasen die Frauen Texte über die Ribbelkuche, die Samstagsmorgens nach de Frühmess gebacke wern und zum Bäcker getrage wern. Aber beim Abhole, auf dem Heimweg, müsse immer wieder Ribbele (Streusel) an verschiedenen Stellen abgezupft werde, bis endlich, dahom angekomme, fasst gar ko mer druff sinn…
Es ging weiter, um die frisch geholt Milchkann, bis zum Zungenkuss, wie man den nach de Traubeles im Kirchetürmche lernt, un was mer dabei so alles erlebe kann. Da war ja auch das quälende Unbehagen, ob mer davon aach Kinner kriege kann. Und zusätzlich das Problem, vom 9-jährigen Bruder erwischt und erpresst zu werden.
Bachmann erzähle anschließend von einer früheren Lesung in Kloppenum „Sache gibt’s und Zufäll gibt’s“ - was bei Anwesenden ein herzliches Gelächter hervorrief.
Es folgten weiter Geschichten von einem abenteuerlichen Ritt auf einem kleinen Pferd, namens Kanapee, was die Freude an weiteren Ausritten trübte; bis hin zu einer verstorbenen Oma, die sich als „Schmetterling inkarnierte“ und so sich immer wieder in Erinnerung riefen ließ. Vor der Pause sang man beim Schunkeln gemeinsam die alten schönen Rheinlieder.
Der Fußball war anschließend Thema und die Erfahrungen bei einem früheren Meisterschaftsspiel gegen Italien, Endstand, 1:3 für Deutschland. Die vier Urlauber erlebten es in Italien, waren aber beim Feiern total integriert und waren eingeladen mit ihren Fähnchen beim Autokorso mitzufahren. Schee…
Über das komplizierte Hummer-Essen (Schuster bleib bei deinen Leisten) ging es weiter zu Angie's 60. Geburtstag. Das Altersbild hat sich gewandelt: heut sin se net mer alt, die Alten - im Vergleich zu unserer 60-jährigen Oma damals.
Gegen Schluss wurde durch die Geschichten von den Landfrauen in Hamburg (St. Pauli) ein verschmitztes Lächeln auf die Gesichter gezaubert. Sie erwarteten im Kabarett die Zauberer und Balettdamen: Der Vorstand war entsetzt, die Köpfe der Männer wurden rot, die Fraue hielten sich die Aache zu – Erbarme, was geht da los, im Kabarett, St. Pauli…
In der Zugabe hört mer, was die Glocke fun der Määnzer Kirche läutend, saache, un noch e Geschichtche vun den Rummelsbacher Landfraue, als sie verspätet ins Theater komme. Uff die Frag von Orthello zu Desdemona „Wo kommt ihr her denn her, wo seid ihr geblieben“, die Vorsitzende ruft „de Buss hat Verspätung, mer kumme vun Rummelsbach…“
Alles in allen war es ein unterhaltsamer Abend, der Lebensfreude und ein stückweit Heimatverbundenheit vermittelte.
Brückenfest im Hitzelhof Kloppenheim - Gespräch mit dem 1. Vorsitzenden Arno Schild.
Wiesbadenaktuell: Woher kommt der Name des Festes?
Arno Schild: Bis zur Kanalisation in den 1990er Jahren lief der Wäschbach in seinem ursprünglichen Verlauf durch Kloppenheim. Bis dahin konnte man ihn über die ‚Brück‘ überqueren. In diesem Zusammenhang veränderte sich einiges: der Wäschbach wurde umverlegt, die Brücke verschwand, aber der Name für das Fest ist als Erinnerung geblieben.
WA: Wer ist der MGV?
Schild: Wir sind ein Männer-Gesangverein, mit über 50 aktiven Sängern. Unser Repertoire ist sehr umfangreich. Es reicht von klassischen Stücken (zum Beispiel Schuberts Deutsche Messe, bis hin zu Gospels und deutschen Volksliedgut). An dieser Stelle soll unser vorbildlicher Dirigent Hans Schlau erwähnt werden.
WA: Wo tretet ihr auf?
Schild: Wir bereichern das Vereinsleben; zum Beispiel auf der Kerb, wir machen ein Schlachtfest, (für circa 250 Leute, mit vier Schweinen), ein Konzert findet hier im Jahr statt; in Wiesbaden, auf dem Erntedank-Fest am Warmen Damm treten wir auf, in der Ringkirche gibt es ein Adventskonzert und vieles mehr.
WA: Wie lange besteht der Verein?
Schild: Im Jahr 2009 fand unser 150-jähriges Jubiläum statt.
WA: Was bedeutet das Brückenfest für Sie?
Schild: Es ist ein besonderes Highlight im Jahresverlauf. Drei Tage wird gefeiert. Meistens ist der 1. Tag dem Chorkonzert verpflichtet, am 2. Tag gibt es Blasmusik, und am 3. Tag Jazz oder ähnliches. Wir hatten hier schon etliche hochrangige Gruppen: zum Beispiel die Hoch- und Deutschmeister Regiment Kapelle aus Wien und die Juristenband.
Ursprünglich hatten wir lediglich ein Picknick auf dem Sportplatz. Freundlicherweise bat die Familie Hitzel uns an, das Fest auf ihrem Hof zu machen. Damals gab es noch die Brücke. Seitdem ist das Brückenfest hier eine Tradition und wird sehr gut angenommen!
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