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Pünktlich um 10:00 Uhr am Sonntagvormittag öffnete die Security die Wiesbadener Kurparkpforten. Die davor wartenden Menschen strömten sogleich in den Park. An der zweiten Sicherheitsschleuse, kurz nach dem Kurhausweiher, war für einige allerdings bereits Schluss. Trotz der zahlreichen Vorabinformationen im Vorfeld der Veranstaltung, wussten viele Besucher nicht, dass Getränke, Klappstühle, Banner und Fahnen nicht mit auf das Festgelände genommen werden durften. Da half auch keine Diskussion mit der Security oder die Aussicht auf kostenloses Wasser im abgesperrten Bereich. Wer es trotzdem auf das Gelände geschafft hatte, fand eine große Auswahl an sonnigen und schattigen Plätzen auf der Wiese vor der Bühne.
Im Halbschatten hat es sich eine bunte Gruppe junger Leute mit direktem Blick auf Bühne und Übertragungsleinwand niedergelassen. Die sechs Darmstädter kommen ursprünglich unter anderem aus Syrien, Rumänien und Jordanien und kennen sich aus dem Sprachclub und vom Sport. Alle sehen den Dalai Lama heute zum ersten Mal live und freuen sich bereits auf diese Begegnung. Annika Bömelburg hat sich bereits im Vorfeld mit spirituellen Themen beschäftigt „Der Dalai Lama gibt gute Richtwerte, wie man sein Leben im spirituellen Sinn ausrichten kann“, sagt die angehende Psychologie-Studentin. „Die Aussagen des Dalai Lamas gelten doch für alle Menschen, egal welchen Glaubens“, bekräftigt ihre Freundin Anna Maria Imre. Andreas findet, dass das Tibetische Oberhaupt den Menschen viel näher ist, als zum Beispiel der Papst. Auch Mahmoud, Mohamad und Ahmad die drei junge Männer mit moslemischen Glauben in dieser Gruppe, sehen in den Botschaften des Dalai Lama keinen Wiederspruch zu ihrer eigenen Religion.
Während sich der Kurpark füllte, begann im nahegelegenen Hotel Nassauer Hof um 11:30 Uhr ein Empfang mit seiner Heiligkeit, für die Spender und Unterstützer des Vereins „Freunde für einen Freund“, die durch ihr Engagement den kostenfreien Eintritt zur Geburtstagsfeier im Kurpark überhaupt möglich gemacht hatten. Zeitgleich begann dort das Vorprogramm der öffentlichen Veranstaltung mit einem Vortrag von York Hovest zu seinem Bildband „100 Tage Tibet – Das Versprechen“ und dem Auftritt der Musikerin Dechen Shak-Gagsay.
Unter großem Applaus betrat der Dalai Lama gegen 14:00 Uhr die Bühne. Auch 10 Jahre nach seinem letzten Besuch in Wiesbaden, gabt er sich gewohnt frisch, schelmisch und jung. Der alterslos scheinende, charismatische Mann weiß um sein Markenzeichen, das gewinnende Lachen zu nutzen und setzt es, sehr zur Freude der Besucher, gerne und häufig ein.
Frank Auth, Vorsitzender und Gründer des Vereins „Freunde für einen Freund“ begrüßte die rund 7.000 Menschen im Kurpark. Ihm folgten weitere Grußworte, unter anderem von Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth, dem Bürgermeister der Stadt Wiesbaden Arno Goßmann und dem hessischen Ministerpräsident a.D. Roland Koch. Dabei dankte Claudia Roth seiner Heiligkeit für 56 Jahre gewaltfreien Widerstand und Roland Koch, langjähriger Freund des Dalai Lama, unterstrich: „Wir stehen hinter ihm und hinter dem Kampf für sein Volk.“ Arno Goßmann hob den Wiesbadener Kurpark als besonderen Ort der Begegnung hervor.
Und dann war es endlich soweit, der XIV. Dalai Lama ergriff das Wort und sprach in seiner unnachahmlichen Art über Mitgefühl, Liebe, Toleranz und Vergebung. Aber auch die großen Themen wie Religionskonflikte, Klimawandel, Flüchtlingspolitik, Wirtschaftskrisen und Bildung wurden von ihm angesprochen. Zwei Dinge lagen ihm besonders am Herzen: „Wir alle möchten ein glückliches Leben führen und jeder hat ein Recht, ein glückliches Leben zu erreichen.
Seine Botschaft „Die Lösung sämtlicher Probleme liegt in unseren Händen“
Die Realität ist, dass wir alle mit einander verbunden sind und dass die Probleme, die wir haben, keine Grenzen kennen. Viele Konflikte und Probleme, die wir erleben, tragen dieser Erkenntnis aber nicht genügend Rechnung. Nur gemeinsam können wir die Konflikte lösen.“ Durch die abnehmende Bedeutung von Religionen, führte er weiter aus, „werden moralische Werte nicht mehr vermittelt und menschliche Werte gestärkt. Wir müssen inneren Frieden entwickeln und können ihn dann hinaustragen in die Welt.“ Er betonte auch, dass der Frieden nicht von Gott geschaffen werden könne, es läge in unserer Händen die Konflikte, die wir geschaffen haben auch zu beenden.
Im Anschluss überreichte er geweihte Schals an Frank Auth und Ronald Koch, um sich danach ins Publikum zu begeben, um an ihn gerichtete Fragen zu beantworten. Dafür ließ er sich jede Menge Zeit. Mit einem letzten Lächeln stieg erst um 17:30 Uhr in seine Limousine und brauste, umrahmt von einer Polizei-Eskorte, davon. Einige Besucher verließen bereits vor dem offiziellen Ende den Wiesbadener Kurpark. Daurauf angesprochen sagte Sabine N. aus Wiesbaden:"Ich habe den Dalai Lama schon vor 10 Jahren hier im Kurpark gesehen. Im Vergleich zu damals, fand ich den heutigen Vortrag oberflächlicher. Mir fehlte das Zwischenmenschliche." Ihre Freundin Bianca T. fügte hinzu "Das fand ich auch, aber trotzdem ist seine Botschaft an alle Menschen ungebrochen wichtig und für morgen habe ich mir doch ein wenig Gelassenheit und Zuversicht mitgenommen," so Bianca weiter.
Seit einigen Jahren werden die öffentlichen Auftritte des Dalai Lama von Protesten der Shugden Buddhisten begleitet. Die Mitglieder dieser Gruppe werfen dem Dalai Lama vor, mit seinem weltweiten Verbot der Dorje Shugden eine Spaltung unter den Buddhisten heraufbeschworen zu haben, die tief durch das gesamte tibetische Volk sowie alle Buddhisten geht. Die Shugden-Aktivisten folgen dem Dalai Lama zu allen öffentlichen Auftritten und protestieren mit Bannern und Sprechchören. Ihr Ruf „False Dalai Lama. Stop lying“ erklang in Wiesbaden auf dem Kurhausplatz von 8:00 bis 16:00 Uhr pausenlos.
Die Pressesprecherin und buddhistische Nonne, Barbara Pietzcker erklärt den Wunsch der Gruppe so „Es ist eine persönliche spirituelle Entscheidung, wem ich spirituell folge“. Laut Pietzcker gibt es Geschäfte, die Anhängern der Shugden den Einkauf verweigern. Auch manche Kliniken behandeln Anhänger dieser Glaubensrichtung nicht, Schilder an den Eingängen weisen auf diese Entscheidung hin. Offiziell hat sich der Dalai Lama zu diesen Vorwürfen bisher nicht geäußert. Aus seinem Umfeld werden die Proteste als von „China gesteuert“ bewertet. Die Shugden streiten jede Beziehung zur Chinesischen Regierung ab. Eine umfassende Chronik der Auswirkungen, des seit 1970 schwelenden Konfliktes finden Sie hier.
„Laut den Ärzten, die meine körperliche Konstitution geprüft haben, werde ich 100
Jahre alt“, sagte er in einem Interview. „Laut meinen Träumen werde ich 113 Jahre
alt. Aber 100 sind, glaube ich sicher.“ Frank Auth, Vorstand von Freunde für einen
Freund wird Seine Heiligkeit, diese Anrede hat er mit dem Papst gemeinsam, auf
jeden Fall auch zur 90. Geburtstagsfeier nach Hessen einladen und alle Freunde
freuen sich jetzt schon auf das Fest in 10 Jahren.
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