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Seit 1. April gibt es ein neues Bundesgesetz sowie neue Beratungsstrukturen zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Wiesbaden hat bereits seit Oktober 2010 ergänzende Beratungsstrukturen auf kommunaler Ebene etabliert. Das neue Gesetz soll es Ausländern leichter machen, ihren Beruf im Heimatland erlernten Beruf in Deutschland anerkennen zu lassen.
„Die sich immer rasanter verändernde Gesellschaftsstruktur und der Mangel an Fachkräften in bestimmten Bereichen eröffnet die Chance, bisher ungenutzte Potentiale aufzudecken und nutzbar zu machen“, so Rose-Lore Scholz, Integrationsdezernentin der Landeshauptstadt Wiesbaden.
Bereits im Oktober 2010 – lange vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (BQFG) – hat die kommunale Erstberatungsstelle im Wiesbadener Integrationsamt ihre Arbeit aufgenommen.
„Die finanzielle Unterstützung durch das hessische Ministerium der Justiz, für Integration und Europa hat das Projekt in dieser Form ermöglicht“, betont Stadträtin Scholz. „Inhaltlich und personell ist die Beratungsstelle eng mit dem Job-Center im Amt für Soziale Arbeit und der Agentur für Arbeit verzahnt, auch diese besondere Struktur ist wesentlich für den Erfolg und die Nachhaltigkeit des Projektes“, so Scholz.
Angesiedelt im Amt für Zuwanderung und Integration der Landeshauptstadt hat sich der Zulauf an Rat suchenden zum Teil hochqualifizierten Zuwanderern schnell entwickelt.
Bis heute suchten bereits mehr als 300 Menschen die Unterstützung des dreiköpfigen Beraterinnenteams. Zunehmend nutzen auch immer mehr zugewanderte Männer das Beratungsangebot. Die Herkunftsländer reichen über alle Kontinente – von Argentinien bis Sibirien und von den Rocky Mountains bis Australien.
Überwiegend kommen die Frauen und Männer mit einem akademischen Abschluss (Diplom, Master, Bachelor), zunehmend auch mit qualifizierten Berufsabschlüssen. So sind häufige Berufe neben Ingenieuren, Ärzten, Pädagogen, Informatikern und Wissenschaftlern auch Erzieher, Krankenpfleger oder kaufmännische Berufe.
Durch die Unterstützung der Beraterinnen beim Knüpfen beruflicher Netzwerke konnte ein aus Russland zugewanderter Ingenieur, dessen umfangreiche Bewerbungsaktivitäten bisher erfolglos geblieben waren, bereits mit der ersten neuen Bewerbung eine unbefristete Anstellung als Ingenieur finden. Ein weiterer Asyl suchender Ingenieur aus dem Irak erlangte seine Anerkennung und fand ebenfalls eine unbefristete Anstellung in der Region.
Zwei Erzieherinnen aus der Ukraine beziehungsweise aus Mexiko wurden durch die Vermittlung der Beratungsstelle in ein Praktikum in zwei Wiesbadener Kindertagesstätten vermittelt, hier ist die Muttersprache aus dem Heimatland aufgrund der bilingualen Ausprägung einer Kita für den Arbeitgeber besonders wertvoll.
Ein angehender Mediziner, der aus dem Irak geflüchtet ist, kann nach intensiver Beratung sein Medizinstudium in Mainz fortführen.
Für eine Krankenpflegerin mit langjähriger Berufserfahrung aus der Türkei wurde gerade das Anerkennungsverfahren angestoßen, so dass sie mittelfristig in ihrem erlernten Beruf qualifiziert arbeiten kann.
Dazu kommt eine große Zahl an Zuwanderern, die für ihre akademische oder berufliche Qualifikation aus dem Ausland bisher über keine Anerkennung oder Bewertung in Deutschland verfügten, dies aber mit der Hilfe der Beratungsstelle ändern konnten und nun mit entsprechendem Nachweis ihrer Qualifikation in die Jobsuche starten können. Daneben ermöglicht die Anerkennung schulischer Abschlüsse vielen jungen Migranten die Aufnahme einer Berufsausbildung.
Aktuell arbeitet die Beratungsstelle gemeinsam mit dem Bereich der Grundschulkinderbetreuung im Städtischen Schulamt zusammen, um bei den Anbietern der Grundschulkinderbetreuung, den Eltern- und Fördervereinen oder anderen freien Trägern, neue Beschäftigungsmöglichkeiten für Erzieher, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Lehrer oder vergleichbare Berufsgruppen zu generieren.
Der bereits im Herkunftsland erworbene Ausbildungs- und Berufsstatus kann zudem durch entsprechende Fortbildungsangebote der Schulkinderbetreuung fachlich weiter entwickelt werden. Auch in der Bürokommunikation oder Verwaltung sowie im hauswirtschaftlichen Bereich eröffnen sich qualifizierte Beschäftigungsfelder. „Davon können Zuwanderer wie die Träger der Grundschulkinderbetreuung gleichermaßen profitieren, insbesondere da in den nächsten Jahren die Betreuungsplätze an Grundschulen weiter ausgebaut werden sollen“, erläutert Rose-Lore Scholz, die in dieser Kooperation ein gutes Beispiel dafür sieht, wie sich die Dezernatszuständigkeiten von Schule und Integration vorbildlich miteinander vernetzen.