ANZEIGE
Es wird momentan versucht, die digitale Selbstverständlichkeit, die bereits in vielen Unternehmen Alltag ist, auch im Bereich der Polizei zu implementieren. Jahrelang haben die Gewerkschaft der Polizei Hessen (GdP) und der Hauptpersonalrat dies bereits eingefordert, passiert sei der Gewerkschaft nach nichts. Dass der Hessische Innenminister Peter Beuth zusammen mit Digitalministerin Kristina Sinemus dies pressewirksam als einzigartigen Erfolg bezeichne, kaschiere demnach nur die Versäumnisse der vergangenen Jahre.
„Die bis dahin zurückzulegende digitale Durststrecke (bis Ende 2022) geht zu Lasten unserer Kolleginnen und Kollegen in den Basisdienststellen im Schicht- und Wechselschichtdienst und bei den Ermittlern. Möglicherweise sind sie nicht einmal mehr in der Lage, mobil telefonieren zu können“, so der Landesvorsitzende der GdP Hessen, Jens Mohrherr, in Wiesbaden.
Es sei optimistisch zu hoffen, so der Eindruck der GdP, dass die neue mobile IT-Endgeräteausstattung die letzten Polizeibeschäftigten in den kommenden drei Jahren erreichen. Ein Zeitraum, in dem wahrscheinlich die ersten Geräte wieder ersetzt werden müssen.
Beuth kündigte am gestrigen Donnerstag, 29. Juli, bei einer Informationsveranstaltung im INNOVATION HUB 110 in Frankfurt am Main an, dass alle Polizist:innen in Hessen ein persönliches Dienst-Smartphone bis Ende 2022 erhalten werden.
Schon seit Jahren lägen diese Pläne, die nun durch Sinemus und den Innenminister mit viel medialer Präsenz vorgestellt und als technischen Errungenschaften für die hessische Polizei präsentiert wurden, vor.
„Bevor es in Hessen überhaupt ein Digitalministerium gab, lagen die Pläne zur Ausstattung der Polizei in den Schubladen,“ erklärt die GdP und erinnert an einen Satz aus dem Innenministerium von 2018: „In spätestens zwei Jahren besitzt jeder Polizeibeschäftigte in Hessen ein Smartphone.“ In den Augen der Gewerkschaft ist nicht ersichtlich, warum es bis jetzt gedauert hat, diesen Plan wieder aufzugreifen.
Dennoch sei die Entwicklung, insbesondere die Loslösung von der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) zu einem Rechenzentrum des Mobilfunkproviders nach Frankfurt am Main, der richtige Weg in die digitale Zukunft. Die GdP hätte sich diesen Schritt früher gewünscht: „Zu lange hielten Finanzminister und Innenminister die HZD als digitale Servicestelle für geeignet.“
Jahrelang habe man mit der HZD versucht, die 4000 Smartphones der Polizei in Hessen „digital und funktionstüchtig“ zu machen. Außer einfacher Telefonie und einer elektronischen Anwendung für den digitalen Zahlungsverkehr bei Ordnungswidrigkeiten, blieben andere Anwendungen in den Kinderschuhen stecken.
Ein 2017 hoch angepriesene polizeiliche Messenger scheiterte zum einen an der mangelhaften Ausstattung der Beschäftigten mit mobilen Endgeräten, zum anderen, da die dafür benötigte Bedienungsanleitung „eher als Taschenbuch geeignet“ war. Folglich blieb die Akzeptanz aus und der Messenger wurde eingestellt.
Laut Mohrherr wäre es jetzt auch an der Zeit, dass „der Innenminister mit Blick auf seine selbst propagierte Fehlerkultur in der Polizei eigene Fehler aus der Vergangenheit aufzeigt, statt Neues zu feiern. Einige der angekündigten zu investierenden Millionen hätten besser angelegt werden können.“
Beuth hatte in Folge unerlaubter polizeilicher Datenabfragen im zeitlichen Zusammenhang mit NSU-2.0 Drohschreiben und Verdachtsfällen polizeilichen Fehlverhaltens im vergangenen Jahr eine neue Fehlerkultur der Polizei gefordert. Erst Anfang des Monats stellte er zusammen mit dem im Juli 2020 berufenen Landespolizeipräsidenten Roland Ullmann eine erste Bilanz des entsprechenden Maßnahmenkatalogs vor.
P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie Fan von Wiesbadenaktuell.de und folgen Sie uns auch auf Instagram!
Symbolbild