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Der Betriebsrat des Moritz-Lang-Haus hat sich mit den beiden Varianten der Zukunft des Moritz-Lang-Hauses auseinandergesetzt. Zur Debatte stehen Neubau versus Sanierung. In einer Stellungnahme die der Betriebsrat AltenHilfe des Moritz-Lang & Toni-Sender-Haus an alle Fraktionen Wiesbadens sowie den Ortsbeirat Dotzheim geschickt hat, äußern sich die Vertreter aus der Sichtweise des Personals, das an der Basis arbeitet und das die Bewohner, das Haus und das Gelände im Alltag erleben.
Der Betriebsrat spricht sich nach Abwägung der Argumente für einen Neubau am Gelände der HSK aus und begründet diese Position wie folgt:
Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie ist lediglich ein Entwurf. Im Falle einer Sanierung käme es zu einer Ausschreibung für einen Generalplaner und erst nach diesem Verfahren zu einer Vergabe. Geschätzt würde das zwei bis drei Jahre dauern und erneut Kosten verursachen. Parallel würde sich die bereits marode und störungsanfällige Bausubstanz des Moritz-Lang-Hauses weiter verschlechtern.
Bei einem Neubau ließe sich der Zeitaufwand deutlich verkürzen – da die Pläne bereits vorliegen – und man könnte wesentlich früher in die Bauphase eintreten.
Die in der Machbarkeitsstudie dargelegten Pläne zur Arbeitsorganisation während des Umbaus zu übernehmen wäre aus pflegefachlichen Gründen ein Desaster. Die dargestellten Bereichsgrößen würden es erfordern, dass das Personal über mehrere Etagen springen müsste. Eine angemessene, bewohnerorientierte Arbeitsweise kann so nicht gewährleistet werden.
Im Gegensatz zu einem Neubau lassen sich die Kosten bei einer Sanierungen nicht sicher kalkulieren. Deshalb ist zu befürchten, dass während der Bauphase zusätzliche, oft erhebliche Kosten entstehen.
Ein weiteres Problem sieht der Betriebsrat im Falle einer Sanierung in der Lärm- und Schmutzbelästigung. In diesem Zeitraum würden keine neuen Bewohner einziehen, sondern vermutlich eher Bewohner ausziehen, während die Betriebs- und Personalkosten unverändert blieben.
Im Fall eines Neubaus könnte das „alte“ MLH seinen Normalbetrieb fortsetzen und kostendeckend bis zum Umzug wirtschaften.
Für den Fall einer Sanierung hat der Betriebsrat mehrere Bedenken die im Vorfeld erörtert beziehungsweise geklärt werde sollten. Was passiert, wenn die Kosten durch unvorhersehbare Umstände ausufern? Gibt es eine Baugarantie trotz möglicher Kostenexplosion? Werden die Ausfallkosten mit einkalkuliert?
Weiterhin bereitet dem Betriebsrat die Frage Kopfzerbrechen, ob das Projekt Moritz-Lang-Haus nicht wieder im Sand verläuft, sondern auch über diese Legislaturperiode hinaus verfolgt wird?
Bedenken äußert der Betriebsrat auch mit Blick auf Bewohner und Anlieger rund um das Moritz-Lang-Haus. Die mit Sicherheit entstehenden enormen Belästigungen durch Lärm, Dreck und Verkehrsbehinderungen werden in der Machbarkeitsstudie nicht korrekt eingeschätzt. Schmutz und Staub führen zum Beispiel sicher dazu, dass die bei den Bewohnern beliebten Balkone sowie der Innenhof nicht genutzt werden können, Lärm wird zur erheblichen Belastung der Mitarbeiter führen und unter den oft schon dementen Bewohnern massive Verhaltensauffälligkeiten provozieren. Das führt zwangsläufig zu einer stark erhöhten Arbeitsbelastung für das Personal und gefährdet damit die pflegerische Arbeit.
Durch die Lage des Moritz-Lang-Haus in der Nähe einer Schule entsteht schon jetzt täglich ein Verkehrschaos, wenn die Elterntaxis Kinder Bringen und Abholen. Eine Großbaustelle mit An- und Abfahrten durch Baustellenfahrzeuge in der Karl–Arnold–Straße führt zu einer Verschärfung der sowieso schon angespannten Situation. Davon betroffen wären dann auch Krankentransporten und Arztbesuchen und die Materialienanlieferungen. Nach Meinung des Betriebsrates eine logistische Herausforderung.
Die Machbarkeitsstudie beschäftigt sich nicht mit dem Umgang der wahrscheinlichen gesundheitlichen Belastung für Personal, Bewohner sowie Schüler und Lehrpersonal durch den Rückbau von verbauten Gefahrenstoffen, die bei der Sanierung mit großer Wahrscheinlichkeit auftauchen werden.
Heiß diskutiert wurde in der Vergangenheit die Frage der Quartiersnähe. Aus Sicht des Personals ist das jedoch völlig irrelevant. Die Bewohner des Mortiz-Lang-Heims, sind in der Regel nicht in der Lage, den steilen Berg nach Dotzheim Mitte zu bezwingen. Das soziale Leben im Freien spielt sich deshalb vor allem im kleinen, verbauten Innenhof ab. Aus Sicht der Bewohner wäre ein Neubau mit seiner grandiosen Aussicht vom Wohnbereich, einem angelegten Park direkt ebenerdig am Haus sowie der geplanten Dachterrasse angrenzend zum Dementen-Bereich ein deutlich attraktiverer Pluspunkt als die vielbeschworene Quartiersnähe.
Auch zweifelt der Betriebsrat an den geplanten Grünflächen, da sie auf Grund der Begebenheiten des Grundstücks in steiler Hanglage so nicht geschaffen werden könnten.
Generell hat der Betriebsrat den Verdacht, dass seitens des Planungsbüros falsche Vorstellungen über das Klientel herrschen. Bereits jetzt leben im Moritz-Lang-Haus keine „rüstigen Rentner“ oder „aktiven Best-Ager“. Dieser Trend wird sich mit den anstehenden Gesetzesreformen zur Pflegeversicherung ab 2017 verschärfen – es werden weiterhin überwiegend Menschen mit der Diagnose Demenz sowie Schwerstkranke und Menschen mit multiplen Krankheitsbildern dort wohnen. Hinzu kommen Bewohner zur Kurzzeitpflege oder Patienten mit erheblichem Nachsorgebedarf aufgrund der „blutigen“ (immer frühzeitigeren) Entlassung aus den Krankenhäusern.
Alle anderen alten Menschen werden so lange es geht zu Hause bleiben und dort auch versorgt werden. Denn gerade im ambulanten Bereich ist in den letzten Jahren viel passiert. Wiesbaden ist da tatsächlich gut aufgestellt.
Der Betriebsrat hofft, dass die Argumente der Betroffenen sich bei der Entscheidung niederschlagen und fordern die Politiker auf, nicht leichtfertig zu entscheiden, langfristig zu denken, alle Bestimmungsfaktoren realistisch, objektiv und nachhaltig abzuwägen, bevor über die Zukunft des Moritz-Lang-Hause befunden wird.
Die Praktiker sprechen sich mit ihrem Schreiben an die Parteien und den Ortsbeirat erneut für einen Neubau aus und hoffen auf eine zeitnahe Lösung. Damit geht die Diskussion in die nächste Runde.
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Foto:Stadt Wiesbaden