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Das Wahlergebnis zur CityBahn dürfte Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende und Verkehrs- und Umweltdezernent Andreas Kowol am Sonntagabend die Stimmung deutlich verhagelt haben. 62,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler sprachen sich gegen den Bau der Straßenbahn aus. Freuen konnte sich am Wahlabend hingegen die Bürgerinitiative "Mitbestimmung Citybahn" - auch wenn das Nein zur Straßenbahn coronabedingt nur im kleinen Kreis und mit viel Abstand gefeiert werden musste.
„Die Vernunft hat gesiegt. Gesunder Menschenverstand ist in Wiesbaden doch noch vorhanden“, erklärte Andreas Bausinger von der Bürgerinitiative "Mitbestimmung Citybahn" kurz nach der Verkündung des Wahlergebnisses. „Es war ein sehr guter Abend für uns.“ Die Bürgerinitiative hatte sich vier Jahre lang für einen Bürgerentscheid und gegen den Bau der CityBahn eingesetzt. Vier Jahre, die sehr anstrengend waren. „Wir machen das alles neben unserem Beruf ehrenamtlich in unserer Freizeit“, so Bausinger.
Aufgrund der hohen Wahlbeteiligung und des klaren Ergebnisses könne nun niemand den Willen der Bürger anzweifeln. „Das zeigt natürlich, dass die Kommunalpolitik das Ohr scheinbar nicht so an der Bürgerschaft hat, wie sie es immer versucht, zu verkaufen“, sagte Bausinger am Sonntagabend und kritisierte das Vorgehen der Politik im Zuge der Diskussion um die Straßenbahn scharf. „Wir haben ein sehr gutes Busnetz in Wiesbaden. Es muss an vielen Stellen optimiert und verbessert werden, aber wir haben kein grundsätzliches Problem in Wiesbaden. Die Aussage, dass die Busse am Limit sind, ist nicht richtig."
Nach dem Bürgerentscheid sei man grundsätzlich offen für versöhnliche Gespräche. Dennoch glaubt Bausinger nicht, dass sich die Gemüter alsbald beruhigen werden. „Das Prozedere, das hier aus dem Verkehrsdezernat stattgefunden hat, war sehr extrem und was wir auf der Straße mitbekommen haben war, dass das kommunalpolitische Bild sehr schlecht ist. Die Kommunalpolitik würde gut daran tun, sich zu sammeln und zurückzukehren zu den Wurzeln – nämlich ehrliche Politik zu machen.“
Knut Jöckel, ebenfalls von der Bürgerinitiative "Mitbestimmung Citybahn", geht sogar einen Schritt weiter. Wichtige Informationen seien im Zuge des Bürgerentscheides nicht kommuniziert worden. „Wenn die sogenannten Subventionen von Bund und Land geflossen wären, was ja nicht ganz sicher war, wären sie gebunden gewesen an die nächsten 30 Jahre. Das heißt, das Projekt CityBahn hätte 30 Jahre laufen müssen, egal wie defizitär. Anderenfalls hätte die Stadt Wiesbaden alle Subventionen zurückzahlen müssen. Das hätte die Stadt Wiesbaden nie leisten können. Eine sehr wichtige Info die bewusst nicht mitgeteilt wurde", sagte er am Sonntagabend. Außerdem seien Alternativen nicht aureichend geprüft und das Mobilitätsleitbild ausschließlich auf die CityBahn ausgerichtet worden.
„Wenn man einen Verkehrsdezernenten hat, der damit kokettiert, dass man keinen Plan B hat, dann müssen wir uns als Stadt Wiesbaden überlegen, ob das der richtige Verkehrsdezernent ist“, so Jöckel.
Auch Oberbürgermeister Mende habe der Stadt mit seiner Informationspolitik zur CityBahn keinen Gefallen getan. Er müsse den Scherbenhaufen, den SPD, CDU und Grüne verursacht hätten, nun wieder zusammenbekommen. „Ob er das schafft, werden wir in den nächsten Wochen und Monaten sehen“, so Jöckel.
Die Spaltung der Stadtgesellschaft hätte man verhindern können, „wenn man den Bürgern von vornherein gesagt hätte: Wir planen dieses Projekt CityBahn und am Ende dieses Projektes gibt es garantiert einen Bürgerentscheid.“ Doch durch das Vorgehen der Politik, die den Bürgerentscheid erst verhindert und dann doch zugelassen hatte, habe sich in der Stadtgesellschaft die Meinung festgesetzt, dass man eigentlich keinen Bürgerentscheid wollte.
„Ich glaube grundsätzlich, dass wir in Wiesbaden die Notwendigkeiten haben, Sachen zu ändern“, sagte Jöckel. „Ob die Umweltspur, so wie sie durchgeboxt wird, richtig und sinnvoll ist, steht meines Erachtens in Frage.“ Er habe das Gefühl, dass die Änderungen die Stadt eher negativ beeinflusst hätten. „Ich habe den Eindruck, dass eher mehr Stau entstanden ist als weniger.“ Nun müsse man überlegen, ob es andere Maßnahmen gebe, die wirklich helfen.
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