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Die gute Nachricht für alle: Wiesbaden ist eine sichere Stadt, auch im Bundesvergleich. Das belegen die Fallzahlen und die Aufklärungsquote der Wiesbadener Polizei aus der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik. Doch statistische Zahlen sind die eine, das Gefühl der Menschen, die in einer Stadt leben, die andere Seite der Medaille. Hinweise aus der Bevölkerung und Befragungen deuten darauf hin, dass sich das Sicherheitsgefühl der Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger verändert hat.
Meldungen erreichen die Bevölkerung über zahlreiche Informationskanäle auch in den sozialen Medien und befeuern das ungute Gefühl. Vor allem Straftaten im öffentlichen Raum, mit Messern und anderen Waffen sowie auffällige Personengruppen in der Innenstadt, bleiben in der öffentlichen Wahrnehmung nicht ohne Wirkung. Hier appelliert Bürgermeister Dr. Franz auch an die Medien, ihre Darstellung zu überdenken und die Arbeit von Polizei und Ordnungsbehörden mit der Berichterstattung zu unterstützen.
Der weiteren Entwicklung des unguten Gefühls möchten die für die Sicherheit in der Landeshauptstadt zuständigen Behörden jetzt entschieden entgegentreten. Dabei betonten Franz und Müller einhellig, dass die Herausforderungen der Kriminalitätsbekämpfung und der Gefahrenabwehr nur durch ein enges Miteinander aller beteiligten Institutionen zu bewältigen sind.
Dies begründet die Entscheidung für das gemeinsame Gesamtkonzept "Gemeinsam Sicheres Wiesbaden". Zehn Themengebiete haben Polizei und Ordnungsbehörde als Schwerpunkte der zukünftigen Strategie identifiziert:
1. Videoüberwachung neuralgischer Plätze
Oft gefordert und immer wieder umstritten, die Aufrüstung der Videoüberwachung. Hier hat man sich auf die Neuinstallation von zwei Videoüberwachungsanlagen in unterschiedlichen Beobachtungsbereichen geeinigt. Die eine kommt auf das Areal rund um den Hauptbahnhof, einschließlich des Zugangs zum Kulturpark, da die aktuelle Anlage nicht mehr den technischen Anforderungen entspricht.
Als zweites werden die ÖPNV-Knotenpunkte in der Bleichstraße und Schwalbacher Straße zukünftig videoüberwacht. Bei beiden Beobachtungsbereichen handelt es sich um Kriminalitätsschwerpunkte. „Wir versprechen uns eine wesentlich höhere Bildqualität sowie die Erweiterung des Kameraradius und des damit verbundenen größeren Überwachungsbereichs.
Die Videoüberwachungsanlagen werden durch die Landeshauptstadt Wiesbaden beschafft und betrieben. 50 Prozent der Anschaffungskosten übernimmt dabei das Land Hessen. 800.000 Euro wurden von der Stadt dafür bereitgestellt. Für die Nutzung durch die Landespolizei besteht ein Kooperationsvertrag. Beide Beobachtungsbereiche werden 24/7 aufgezeichnet und anlassbezogen im Live-Betrieb überwacht.
2. Sperrkonzept gegen Amokfahrten
Den Wiesbadenern sind sie von den großen Straßenfesten schon bestens bekannt – die 44 Betonwürfel zu je 4 Tonnen, die die Zufahrten der Fußgängerzone vor Terror- oder Amokfahrten schützen sollen. Aber auch im Alltag ist das unerlaubte Befahren der Fußgängerzone ein Problem. Um dies zu verhindern und die Besucher der Fußgängerzone besser gegen Amokfahrten zu schützen, haben die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden unter der Federführung des Ordnungsamtes ein umfassendes Sperrkonzept erstellt. Dieses Konzept sieht verschiedene Arten und Dimensionen von versenkbaren und/oder stationären Einfahrtsperren vor.
Zusätzlich zur Innenstadt wurden weitere schützenswerte Bereiche durch die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden definiert. Dazu gehören die Wilhelmstraße, das RheinMain CongressCenter, der Kulturpark und der Helmut-Schön-Sportpark. Derzeit befindet sich das Projekt in der Bearbeitung beim Verkehrsdezernat. „Installiert werden versenkbare Poller, wie sie in zahlreichen anderen Städten bereits eingesetzt werden“, so Franz.
Bis zur endgültigen Realisierung werden an vier Einfahrtsbereichen der Fußgängerzone zeitnah die bekannten Betonsperren dauerhaft aufgestellt. Damit soll sichergestellt werden, dass es Fahrzeugen nicht möglich ist, Geschwindigkeiten aufzunehmen, um dann in Menschenansammlungen zu fahren. Ein entsprechender Abstand sorgt dafür, das Einsatz- und Rettungsfahrzeuge weiterhin in die Fußgängerzone fahren können.
3. Steigerung der Veranstaltungssicherheit
Vielfältige Probleme bereiten der Polizei die zahlreichen Veranstaltungen im Fußgängerzonenbereich. Um dabei höchstmögliche Sicherheit zu gewährleisten, findet zwischen den Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden über das gesamte Jahr hinweg ein ständiger Austausch statt. Dies gilt auch für alle Veranstaltungen ohne Veranstalter, wie zum Beispiel in der Silvesternacht am Bowling Green. Zusätzlich Kräfte von Stadt- und Landespolizei sind bei Veranstaltungen im Einsatz.
Allerdings verändert sich die Bedrohungslage ständig. Neue Entwicklungen können jederzeit zu geänderten Sicherheitsanforderungen führen. Auch zukünftig werden alle vorhandenen rechtlichen, personellen und technischen Maßnahmen eingesetzt beziehungsweise getestet, um die Sicherheit bei Veranstaltungen zu optimieren. Derzeit befindet sich ein mobiler Videoanhänger zur Überwachung in der Erprobung.
4. Einrichtung einer Waffenverbotszone und Überprüfung der Alkoholverbotszone
Für die Erarbeitung des Maßnahmenkatalogs hat die Polizei die Straftaten der letzten beiden Jahre mit folgendem Ergebnis verglichen:
2017
Straftaten mit Waffeneinsatz im öffentlichen Raum in den Revierbereichen 1 und 3
189 Fälle, davon 92 mit Stich- und Schnittwaffen.
66 Fälle mit Sicherstellung von Waffen nach dem Hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz
32 davon mit Stich- und Schnittwaffen
2016
Straftaten mit Waffeneinsatz im öffentlichen Raum in den Revierbereichen 1 und 3
161 Fälle, davon 81 mit Stich- und Schnittwaffen
38 Fälle mit Sicherstellung von Waffen nach dem Hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz
18 davon mit Stich- und Schnittwaffen
Das heißt, 2017 wurde bei 255 Anlässen (2016: 199) Waffen oder gefährliche Gegenstände in der Innenstadt von Straftätern eingesetzt oder durch die Polizei präventiv sichergestellt. Das entspricht einer Steigung um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei ist das Dunkelfeld noch nicht eingerechnet. Die Kernzeit, in denen die Polizei vermehrt Waffen sicherstellte, lag zwischen 21:00 und 5:00 Uhr.
Daher wäre die Einrichtung einer Waffenverbotszone eine sinnvolle Ergänzung der bisherigen rechtlichen Möglichkeiten. Die unausweichliche öffentliche Diskussion über das Thema würde nach Meinung Müllers zu Verhaltens- und Bewusstseinsänderungen in der Bevölkerung führen.
Eine rechtliche Voraussetzung ist jedoch, dass das Land die erforderliche Regierungsverordnung gemäß § 42 Abs. 5 WaffG erlässt. Die Landeshauptstadt Wiesbaden könnte dann die "Gefahrenabwehrverordnung über die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Landeshauptstadt Wiesbaden" zur Regelung einer Waffenverbotszone entsprechend anpassen, erläutert Franz. Dies würde zu einer veränderten Prioritätensetzung bei der Stadtpolizei führen. So müsste beispielsweise vor der Verlängerung der Alkoholverbotszone über den 31.08.2018 hinaus eine kritische Überprüfung stehen. Diese wurde im September 2008 am Platz der Deutschen Einheit eingeführt.
Die räumlichen Gegebenheiten haben sich seitdem durch den Bau der Sporthalle und die Neugestaltung des Platzes massiv verändert. Nur mit ordnungsrechtlichem Vorgehen kann dem Problem des Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit nicht begegnet werden. Hier ist vielmehr Straßensozialarbeit gefordert. Nach Einschätzung von Müller und Franz geht von dieser Personengruppe eine deutlich geringe Gefahr aus als von bewaffneten Personen.
Eine Waffenverbotszone ist für den Bereich Michelsberg und die rechts und links abzweigende Fußgängerzone sowie dem Warmen Damm gedacht. Polizeidirektor Müller verweist dabei auf die positiven Erfahrungen in Kiel.
Darüber hinaus empfiehlt Polizeidirektor Müller empfindliche Bußgelder für das unerlaubte Mitführen von Waffen und gefährlichen Gegenständen. „150 Euro und mehr wirken abschreckend auf diesen Personenkreis“, so Müller.
5. Verstärkung der Präsenz - und Präventivstreifen in der Innenstadt
Unzweifelhaft führt polizeiliche Präsenz auf Straßen, Wegen und Plätzen zu einem erhöhten das Sicherheitsgefühl der Menschen. Die direkte Ansprechbarkeit von Polizeikräften wirkt sich positiv auf das Verhältnis zwischen Bürgern und Polizei aus. Daher wird zukünftig auf der Basis einer gemeinsamen Sicherheitsanalyse von Stadt- und Landespolizei eine gemeinsame Einsatzplanung erfolgen. Zu Kernzeiten sollen, an zuvor definierten Örtlichkeiten, flexible und gezielte polizeiliche Maßnahmen, mit Unterstützung der Hessischen Bereitschaftspolizei, stattfinden.
Dazu wird das personalstärkste Innenstadtrevier durch zusätzlich fünf Beamtinnen und Beamte zum 1. August verstärkt. Die Wahrnehmbarkeit von Polizeikräften wird darüber hinaus noch einmal durch den neuen Standort der Stadtpolizei in der Innenstadt und zusätzliches Personal (plus 51 auf dann 80 Außendienstkräfte) bis Ende des Jahres deutlich steigen.
6. Gezieltes Vorgehen gegen Intensivtäter
Derzeit hat die Wiesbadener Polizei 36 Intensivtäter ausgemacht, von denen 11 in Haft sind. Die bestehenden und bewährten Programme zum gezielten Vorgehen gegen Mehrfach- und Intensivtäter werden, auf der Grundlage von Ermittlungen und Auswertungen, durch weiterführende operative Maßnahmen ergänzt. Dazu sind bei der Polizeidirektion Wiesbaden zehn Polizeibeamtinnen und Beamte für den Dienst in ziviler Kleidung freigestellt.
Als verlängerter "operativer Arm" des Haus des Jugendrechts widmen sie sich zukünftig gezielt der Intensivtäterbekämpfung, bei denen es sich meist um junge Männer handelt, in der Wiesbadener Innenstadt, ohne dass sie durch andere Aufträge gebunden sind. Damit führen sie der Arbeit der früheren AG Jaguar fort.
7. Verstärkte Überprüfung des Personals im Taxigewerbe
Nach mehreren Vorfällen, in denen Taxifahrer weibliche Fahrgäste sexuell belästigt und sogar vergewaltigt haben, sieht die Polizei deutlichen Handlungsbedarf. Gegenwärtig gibt es in Wiesbaden rund 330 Taxikonzessionen. Insgesamt haben 1041 Taxifahrerinnen und Taxifahrer eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung. Im Rahmen von "Gemeinsam Sicheres Wiesbaden" werden das Ordnungsamt und die Landespolizei ab sofort regelmäßig Kontrollen von Inhabern/innen von Fahrerlaubnissen zur Fahrgastbeförderung durchführen, um den "Schutzraum Taxi" für die Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft zu gewährleisten. „Frauen müssen sich im Schutzraum Taxi zu 100 Prozent sicher fühlen“, sagt Franz. Polizeidirektor Müller ergänzt: „Die Tatsache, dass nach dem Mord an der Wiesbadener Rentnerin, die Suche nach einem Taxifahrer als Zeugen erfolglos war, bestätigte uns in der Annahme, dass nicht alle Fahrer mit der notwendigen Lizenz unterwegs sind.
Die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen wird bereits seit einigen Jahren überprüft. Außerdem werden Taxikonzessionen und Personenbeförderungsscheine zeitlich begrenzt vergeben. So kann sichergestellt werden, dass wirtschaftlich und personell unzuverlässige Betriebe und Personen schnell aus dem Verkehr gezogen werden.
8. Dialogforum zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt
Unter dem Titel "Gemeinsam Sicheres Wiesbaden" soll es auch Maßnahmen geben, die zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt beitragen und die nicht im Zusammenhang mit der Polizei stehen. Dafür wird ein Dialogforum eingerichtet. Diesem Gremium sollten Vertreter der Landespolizei, des Ordnungsamtes, anderer Gefahrenabwehrbehörden und städtischer Ämter sowie Vertreterinnen und Vertreter von Industrie, Handel, Handwerk und Gastronomie angehören (HWK, IHK, DEHOGA, EHV und andere).
Ziel der Maßnahmen ist, einen Beitrag zur Steigerung der Aufenthaltsqualität im Innenstadtbereich zu leisten. Beispielhaft wären hierfür die Verbesserung der Beleuchtung oder die Belebung von Plätzen zu nennen; auch unter Berücksichtigung von Aspekten der städtebaulichen Kriminalprävention.
9. Durchführung einer Präventionskampagne zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls
Aktuell werden von der Stadt Wiesbaden und dem Polizeipräsidium Westhessen unterschiedliche Präventionsmaßnahmen zu verschiedenen Themengebieten durchgeführt und unterstützt. Diese Maßnahmen sollen zukünftig durch zielgruppenorientierte Veranstaltungen, unter Einbindung der Gesellschaft Bürger und Polizei e.V und dem Präventionsrat der Stadt Wiesbaden, sinnvoll ergänzt werden.
Ähnlich wie bei der kürzlich in Wiesbaden durchgeführten Präventionskampagne für ältere Menschen (Projekt "Sicher im Alter"), werden in einem ersten Schritt Projekte für junge Menschen, auf der Grundlage einer Jugendstudie der Stadt Wiesbaden, vorbereitet.
10. Präventionskonzept Kompass
Die Stadt Wiesbaden wird sich für das Projekt KOMPASS bewerben. KOMPASS ist ein Angebot des Hessischen Innenministeriums an die Städte und Gemeinden. Ziel des Programms ist es, die Sicherheitsarchitektur in den Kommunen individuell weiterzuentwickeln und passgenauere Lösungen für die Probleme vor Ort zu entwickeln. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Prävention. Gestartet ist KOMPASS im Dezember 2017 mit den vier Modellkommunen Bad Homburg, Hanau, Maintal und Schwalbach am Taunus. Eine zentrale Rolle haben der KOMPASS-Berater der Polizei und der KOMPASS-Ansprechpartner der Kommune. Sie stehen im ständigen Dialog mit allen Sicherheitspartnern und dokumentieren den Fortschritt der gemeinsamen Initiativen für mehr Sicherheit.
Ziel der vereinbarten Maßnahmen ist es vor allem, durch die Reduzierung des Gefahrenpotenzials im öffentlichen Raum, die Sicherheit der Menschen in der Stadt zu erhöhen. Durch die erweiterten Eingriffsbefugnisse für die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden ergeben sich neue Handlungsmöglichkeiten gegenüber Störern und verdächtigen Personen, von denen mögliche Gefahren ausgehen könnten. Das Gesamtpaket wird durch zielgruppenorientierte Präventionsarbeit sinnvoll abgerundet. Insgesamt soll sich für die Bürgerinnen und Bürger die Aufenthaltsqualität in Wiesbaden nachhaltig und spürbar erhöhen.
"Uns geht es darum, in Wiesbaden erst keine Reeperbahnverhältnisse entstehen zu lassen", sagt Bürgermeister Dr. Franz und regt abschließend die Bildung eines Fachausschusses zum Thema „Sicherheitsfragen“ nach dem Vorbild der Stadt Frankfurt an. Mit fünf Stadtverordneten, die aus dem Polizeidienst kommen, sieht er bereits qualifizierte Mitglieder, die in einem solchen Ausschuss wirkungsvoll und kompetent wirken könnten. Franz bedankte sich zudem stellvertretend bei Polizeidirektor Müller für die erfolgreiche Zusammenarbeit auf Augenhöhe und zeigte sich mit dem vorgelegten Ergebnis mehr als zufrieden.
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Fotos: Petra Schumann