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Die Planungen zur möglichen Einführung der CityBahn laufen auf Hochtouren und werden von zunehmenden kontroversen Diskussionen begleitet. Die Biebricher Interessen-Gemeinschaft der Gewerbetreibenden (BIG) hatte deshalb am Donnerstag, 9. Mai, zu einer Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „City-Bahn – Chance oder Wagnis für Biebrich?“ eingeladen.
Auf dem Podium positionierten der BIG-Vorsitzender Markus Michel (CDU), Bürgermeister und Wirtschaftsdezernent Oliver Franz (CDU), der Biebricher Ortsvorsteher Kuno Hahn (SPD), Martin Kraft von der „Initiative Pro City-Bahn“, Sylvia Schob (FDP) von der „Bürgerinitiative Mitbestimmung“ und Verkehrsdezernent Andreas Kowol (GRÜNE) ihre hinreichend bekannten Meinungen und stellten sich den anschließenden Fragen aus dem Publikum, dass sich fast ausschließlich aus Biebricher Gewerbetreibenden zusammensetzte.
Moderator Frank Hennig hatte teilweise große Mühe, die oft überschäumenden Wogen zu glätten und die Beiträge der diskutierenden Anwesenden in die gedachten zeitlichen Bahnen zu lenken.
Zunächst bekamen die Podiumsmitglieder Gelegenheit, ihre beziehungsweise die Haltung der von ihnen vertretenden Gruppierung darzulegen. So erklärte der BIG-Vorsitzender Markus Michel, dessen Reisebüro in Biebrich direkt an der zurzeit geplanten Strecke der CityBahn liegt, dass die CityBahn für die Geschäftstreibenden in Biebrich keine Lösung der bestehenden Verkehrsprobleme brächte. Im Gegenteil, der Bau bedeutet für die an der Strecke gelegenen Geschäfte, dass Kunden von außerhalb per Auto noch schlechter nach Biebricher kämen als bislang schon.
Nach den Umsatzverlusten im vergangenen Jahr durch die Baustellen Kasteller Straße. Äppelallee und auch am Schiersteiner Kreuz, hat es bereits Schließungen gegeben und weitere drohen. Mit der CityBahn hätte man eine dauerhaft schlechtere Verkehrssituation als bisher, fürchtet er, zumal die jetzige Planung keine Haltstelle an der Galatea-Anlage vorsieht. Mögliche Kunden in der CityBahn könnten demnach nicht im Ortskern aussteigen.
Auch Bürgermeister Dr. Oliver Franz zeigte sich skeptisch. Der Blick in seine eigene Lebenswelt mache deutlich, dass durch Alltagsanforderungen, wie Beruf und Familie, der Verzicht auf das Auto oft unmöglich ist, um die täglichen Aufgaben zu bewältigen. Aus seiner Sicht sind daher ökologisch vertretbare Antriebslösungen für Pkw eine notwendige Ergänzung.
Biebrichs Ortsvorsteher Kuno Hahn hat dagegen in der Frage CityBahn seine ursprüngliche Sichtweise verändert. Er hat die Zukunft im Blick und betonte, dass es in Biebrich kein „Weiter so“ in Sachen Verkehr geben kann. Er sei der festen Überzeugung, dass die CityBahn Biebrich eine Verbesserungen in Sachen Umweltfreundlichkeit und Aufenthaltsqualität bringe: „Wir müssen uns jetzt entscheiden, welche Stadt wir den nachfolgenden Generationen überlassen.“
Die Aussagen Hahns brachten den anwesenden CDU-Politiker Horst Klee direkt in Rage. Klee wies daraufhin, dass es sich bei diesen Statements um Hahns persönliche Meinung und keinesfalls um die abgestimmte Haltung des Ortsbeirates Biebrich handele, der die jetzige Streckenführung mehrheitlich ablehne.
Positive Aspekte einer CityBahn beleuchtet Martin Kraft von der „Initiative Pro City-Bahn“. Seiner Meinung nach braucht Wiesbaden ein nachhaltiges Verkehrsmittel, dass die Hauptlast des Öffentlichen Personennahverkehrs trägt. Er erklärte, dass allein durch das Bevölkerungswachstum eine Ausweitung des Individualverkehrs nicht möglich sei.
Sylvia Schob von der „Bürgerinitiative Mitbestimmung“ rügte erneut die fehlende Alternative bei den Planungen zur CityBahn an. Einen schienengebundenen ÖPNV lehnt die Sprecherin erneut als sinnfrei ab.
Anreas Kowol, Wiesbadens Verkehrsdezernent (GRÜNE), sprach sich leidenschaftlich für das Konzept aus, betonte aber, das in der aktuellen Planungsphase noch viele Fragen ungeklärt sein. Seine Aussage, dass eine Streckenführung über die Biebricher Allee problemlos - und die Mainzer Straße zurzeit bei weitem nicht ausgelastet sei, rief beim Publikum spöttisches Gelächter hervor.
Im Anschluss an die Statements hatte das Publikum Gelegenheit, Fragen an die Podiumsmitglieder zu stellen.
Der frühere Oberbürgermeister Achim Exner fragte für den Fall der Ablehnung der CityBahn durch ein Bürger- oder Vertreterbegehren nach der geplanten Alternative? Erneut musste Verkehrsdezernent Andreas Kowol passen. Die jetzigen Planungen werden ohne einen Plan B durchgeführt. Die Verantwortlichen in der Stadt setzen nach wie vor ausschließlich auf ein Verkehrskonzept mit CityBahn.
Unternehmer Siegfried Huhle berichtete, dass der Gestaltungsbeirat der Stadt Wiesbaden den Bau der CityBahn unbedingt empfiehlt: „Wir wären schön blöd, wenn wir uns diese Chance durch die Lappen gehen ließen“, zitierte Huhle die Empfehlung der Experten weiter.
Optiker Ralf von Horstig, der ein Brillengeschäft in der Straße der Republik hat, sieht rot, wenn er daran denkt, dass an seinem Laden die CityBahn im 5-Minuten-Takt vorbei rauschen wird. Auch die Überquerung der Straße für alte Menschen und Behinderte wurde nachgefragt, doch darin sieht Kowol kein Problem, da dies in anderen Städten nachweislich ebenfalls problemlos funktioniere.
Überzeugen konnten sich die beiden Lager an diesem Abend gegenseitig sicher nicht und auch neue Erkenntnisse konnten wohl eher weniger gewonnen werden. Das Thema CityBahn und Verkehrswende wird Wiesbaden sicher noch länger beschäftigen.
Lesen Sie auch den Kommentar zu diesem Thema im verlinkten Artikel.
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Fotos: Petra Schumann