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Es war kalt am Samstag als sich die engagierten Demonstranten um das Rathaus in Hofheim versammelten. Das schien die etwa 450 Teilnehmer in passend bedruckten T-Shirts über den dicken Jacken und Mänteln aber nicht weiter zu stören. Das Anliegen brannte allen Anwesenden auf der Seele und lag allen vor Ort am Herzen. Die Demonstrationsbewegung geht auf die Interessengemeinschaft „Wallauer für Wallau“ zurück, die sich seit Wochen für die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität der Grenzstadtbewohner einsetzt. Wiesbadenaktuell.de berichtete in den letzten Tagen ausführlich über die Pläne, die die Stadt Hofheim, mit der für die Wallauer doch so wichtigen Ländcheshalle hat.
Die Ländcheshalle, wird derzeit von sämtlichen Vereinen in Wallau - egal ob sportlicher oder anderer Natur - und zusätzlich von den Schülern der gegenüberliegenden Taunusblickschule für deren Sportunterricht genutzt. Darüber hinaus werden die Räumlichkeiten auch noch für die nachmittägliche Kinderbetreuung der Schüler benötigt. Das alles stellt eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten und ein logistisches Riesenproblem dar, weil die Halle dafür schlichtweg zu klein ist. Eine mindestens doppelt so große Version dessen würde eigentlich benötigt. Doch die derzeitigen Entwicklungen gehen in eine ganz andere Richtung.
Die Stadt Hofheim möchte die, mittlerweile in die Jahre gekommene, Ländcheshalle abreißen und andernorts, auf dem Gelände der Taunusblickschule und des Fußballplatzes des TV Wallaus, eine neue bauen. Dagegen wäre ja nichts zu sagen. Wäre die von der Stadt geplanten Halle nicht nur halb so groß, wie die Bestehende. Damit fiele zusätzlich zu dem eh schon hinten und vorn nicht ausreichenden Platz 50 Prozent der Kapazität weg. Das hätte fatale Folgen:
Aber die Stadt hat Lösungen für die immer dringlichere Problematik parat. Zwei mögliche Szenarien könne man sich vorstellen:
Beide Lösungen sind für die Wallauer Bürger nicht ansatzweise akzeptabel. Und die Ungerechtigkeit wird erst richtig deutlich, wenn man die kommunale Haushaltssituation mit hinzu zieht.
Wallau hat mit etwa 4.200 Bewohnern einen Anteil von 11 Prozent der Gesamteinwohnerzahl des Main-Taunus-Kreises. Jahr für Jahr zahlt die Stadt Gewerbesteuern. Die Zahlen der letzten zehn Jahre belegen, dass Wallau für den gesamten Kreis 48 Prozent der geleisteten Gewerbesteuereinnahmen ausmacht. Das ergibt eine Pro-Kopf-Summe von rund 18.000 Euro in dem genannten Zeitraum. Der Pro-Kopf-Anteil von Rest-Hofheim beträgt gerade einmal 2.400 Euro und ist damit nur ein Siebtel der getätigten Abgaben. Das allein ist ja eigentlich nur ein Beweis für die Wirtschaftlichkeit des Stadtteils.
Geradezu skandalös ist eine ganz andere Faktenlage. Bei der Zuweisung der Investitionssummen von der Stadt für die einzelnen Ortsteile, wie Marxheim, Diedenbergen oder Wallau, wurde letzterer mit gerade einmal 700.000 Euro im selben Zeitraum bedacht. Der Anteil der übrigen Hofheimer Stadtteile beläuft sich auf 26.400.000 Euro. Das heißt, Wallau hat nicht nennenswerte zwei Prozent der Investitionssummen erhalten. Die Schere im Verhältnis zu geleisteter Wirtschaftlichkeit und erhaltener Unterstützung könnte nicht größer sein. Wenn man nun diese Tatsachen zu den Lösungsvorschlägen der Stadt dazu zählt, ergibt sich ein Bild, das die Verärgerung der Wallauer durchaus verständlich erscheinen lässt.
Daher hat sich die IG vor wenigen Wochen gegründet. Sie gehen gegen die unzufrieden stellenden Ansätze Hofheims aktiv vor. Die Demonstration am Samstag ist da nur ein Schritt zum Ziel. Es läuft parallel dazu bereits eine Unterschriftenaktion online unter www.wallauer-fuer-wallau.de, an der sich bis Samstag stolze 2.100 Personen beteiligt haben. Außerdem laufen viele Gespräche mit den IG Initiatoren, den Vereinen und der Stadt.
Die IG hatte am Samstag noch eine weitere kleine Überraschung vorbereitet, die bei Groß und Klein gut ankam und letztendlich wohl sehr effektiv sein dürfte. Man hatte vorab Postkarten vorbereitet, die während der Demo verteilt wurden. Auf der Front der Karte ist ein Foto der Ländcheshalle neben einem mit dem Platz, auf dem die neue 3-Feld-Halle gebaut werden soll. In großen Lettern steht eine Liebeserklärung an den Ort Wallau über den Bildern. Und auf der Rückseite war viel Platz für das, was sich die Wallauer wünschen. „Es reicht! Mein Kind soll weiterhin Sport machen dürfen in Wallau!“, schrieb eine Ansässige als Botschaft an die Hofheimer Politiker auf ihre Karte. Viele folgten dem Beispiel und kristallisierten so ganz klar die Forderungen an die Stadt heraus. Am Schluss befanden sich rund 350 Postkarten mit authentischen Botschaften von Jung und Alt im Briefkasten des Rathauses. Bei der Leerung am Montag wird man zum Tragen des Inhalts mehr als zwei Hände brauchen.
Die Demonstrierenden ließen sich also von der winterliche Kälte nicht entmutigen und forderten die unterstützende Aufmerksamkeit von 12:00 bis 14:30 Uhr eifrig ein. Die enttäuschten und verärgerten Wallauer hatten sich zur optischen Unterstreichung der Botschaft noch mit Bannern, Plakaten und Fahnen bewaffnet, die sie stolz präsentierten. Die prägsamen Sprüche und Mottos klagten die Folgen für Schüler, Vereinsmitglieder und Sportler an, die durch die Kapazitäteneinbüßungen entstehen würden. Mit Schminke wurde das Wappen Wallaus noch zusätzlich, zu den T-Shirts, auf die Wangen gemalt und somit leuchtete das blau-rot-weiße Emblem der Stadt nicht nur auf den vorbereiteten Shirts, Plakaten und Fahnen, sondern auch auf den Gesichtern der Versammelten.
Es waren Eltern, Kinder und viele Vereinsmitglieder dabei. Alle waren sich einig, dass etwas gegen die Pläne der Stadt getan werden muss. Gegen die ungemütlichen Temperaturen von minus drei Grad, wurde an Getränkeständen mit Kaffee, Glühwein, Punsch für Kinder und Erwachsene sowie anderer heißer und kalter Getränke gewirkt. Zur Stärkung wurden Kuchen und Stückchen gereicht. Wer wollte, konnte eine kleine freiwillige „Spende“ an den Verpflegungsständen hinterlassen.
Während der Reden der Initiatoren und von Vertretern der einzelnen Wallauer Vereine, wurden die bedrückenden Themen öffentlich kundgetan und die Forderungen, unterstützt von Glockengeläut, Ratschen und lauten Pfiffen, formuliert. Immer wieder wurde deutlich gemacht, dass es so nicht weitergehen kann - und damit haben die Wallauer zweifelsfrei Recht.
Eine Aussage, die man an dem Tag aus vielen Mündern hörte, war das Bedauern, dass man zu Hofheim gehöre und nicht zu Wiesbaden, was auch geografisch logischer wäre. Thomas Fischer aus Wallau findet es schade, dass man sich nicht zum rechten Zeitpunkt dazu entschlossen hatte, als Ort eigenständig zu werden. „Wallau bringt der Kreisstadt so viel Gutes ein und bekommt so wenig im Gegenzug zurück“, schildert enttäuscht Fischer. Dieser Meinung waren auch viele andere, der Teilnehmer der Demo vor dem Rathaus. Aber deutlicher als alles Gesagte war wohl das zahlreiche Erscheinen zu dieser gut organisierten und positiv gestimmten Demonstration am Samstag. Eine feste und konkret formulierte Lösung gibt es noch nicht. Die IG kann sich viele Möglichkeiten vorstellen und ist offen für konstruktive Vorschläge von Seiten der Stadt. Zum Schluss hat Steffen Weber einer der sechs Mitglieder der IG noch eine Botschaft an die Politiker im Hofheimer Rathaus: „Die darin sollten mal auf uns Wallauer hören und uns so behandeln, wie sie auch alle anderen Orte im Main-Taunus-Kreis behandeln, nämlich fair. Vielleicht können sie das zurückgeben, was sie von uns bekommen. Mehr wollen wird doch gar nicht.“
Wiesbadenaktuell.de wird Sie natürlich auch weiterhin über die Entwicklungen in Wallau auf dem Laufenden halten.
IG „Wallauer für Wallau" im Internet: www.wallauer-fuer-wallau.de