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Über 100 Fachkräfte, die mit MigrantInnen und Flüchtlingen in psycho-sozialer Beratung, sozialer Hilfe oder in Erziehung und Unterricht interagieren, haben sich am 18. März über den aktuellen Stand der systemisch-interkulturellen Arbeit in Wiesbaden informiert und ausgetauscht. Es wurde festgestellt: gerade der systemische Ansatz ist für eine kultursensible Arbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrungen besonders geeignet, da er die Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Wahrnehmungsmustern, Werten und Normen reflektiert, an mitgebrachten Ressourcen anknüpft und nach passenden Lösungen für die Zukunft sucht.
Von der Entwicklung einer „Kultur des Sicheren Ortes“, abgeleitet aus der Arbeit mit Imaginationen, sprach Diplom-Psychologe Jochen Uttendörfer, welche insbesondere bedeutsam bei der Beratung und Betreuung von Flüchtlingen sei. Oft seien es eben diese „sicheren Orte“, die den Flüchtlingen nach Wochen und Monaten der Irrwege und Odysseen fehlten und nun aber dringender nötig seien denn je. Bei Berücksichtigung dieser Erkenntnisse vermag ein traumazentriertes Handeln bei Kindern wie bei Erwachsenen, deren Entwicklung durch Traumatisierung blockiert ist, die Potenziale für Entwicklung wieder frei zu räumen und wieder Lebens(t)räume zu schaffen.
Diplom-Psychologin Nazan Özgül-Onagaçlar und Diplom-Pädagogin Amira Akhouaji-Ramline brachten praktische Besipiele aus ihrer kultursensiblen Beratungstätigkeit im Internationalen Familenzentrum (ifz e.V.) ein. Vor allem die von den beiden Fachfrauen vorgestellte “berichtigte” Karte des Australiers Stuart McArthur stellt die Welt im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf. Durch sie befindet sich Australien nicht mehr am bottom (“unterer Rand”/“Hintern”) der Welt. Australien rückt ins Zentrum. Die Karte verdeutlicht, wie einfach sich „das Bild der Welt verändern“ lasse.
Özgül-Onaüaçlar und Akhouaji-Ramline kamen zu dem Schluss: visuelle Weltbilder dienten zwar der Orientierung, doch häufig weniger der räumlichen als der ideellen. Innerhalb einer auf Werten gegründeten Weltanschauung entstünde so ein Weltbild im übertragenen Sinn. Wie auch immer man unsere Welt darstellte – man könne es „nie richtig” machen. Nicht viel anders sei es auch in der interkulturellen Beratung. Es zähle am Ende stets die persönliche Situation der Migrantin und des Migranten bzw. der Geflüchteten.
Um „Anforderungen und Herausforderungen in der Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung“ von MigrantInnen und Flüchtlingen ging es im Vortrag von Lydia Mesgina und Cornelia Goldstein von beramí berufliche Integration e.V. Die Integration von MigrantInnen und Flüchtlingen stelle eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, in die nahezu alle Systeme involviert seien, dar: vom Rechts- und Wirtschaftssystem über das Sozial- und Gesundheitssystem bis hin zum Erziehungs-, Bildungs- und vor allem dem Beschäf-tigungssystem. Denn nur wer in den Arbeitsmarkt gut integriert sei und seine Familie ernähren könne, könne auch in unserer Gesellschaft ankommen und an ihr teilnehmen.
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Foto: Systemisches Zentrum