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Bürgersprechstunde an den Brennpunkten, das steckt hinter der Idee der Conferencebikefahrten mit Wiesbadens Verkehrsdezernent Andreas Kowol. Ein Chauffeur, der Fachmann Andreas Kowol und fünf Bürgerinnen und Bürger, die in lockerer Runde und kräftig strampelnd die neuralgischen Verkehrspunkte der Landeshauptstadt ansteuern und dabei mit dem „Herrscher“ über Wiesbadens Straßen über die Gegenwart und die Zukunft auf Wiesbadens Straßen zu sprechen.
Und da gibt es wirklich viel zu bereden, denn bereits nach den ersten 100 Metern fällt dem Verkehrsdezernenten auf, dass der Fahrradstreifen in der Friedrichstraßen von einem Lieferwagen zugeparkt ist. Das soll auf der Fahrt nicht das einzige Ärgernis bleiben, denn auf dem Conferencebike wird den Beteiligten schnell klar, wem Wiesbadens Straßen in der Gegenwart gehören – den Autofahrern. Das gemütliche Gefährt mit dem schattenspendenden Sonnenschirm wird angehupt, geschnitten und mit ungläubigem Kopfschütteln sowie eindeutigen Gesten quittiert.
Dem auswärtigen Chauffeur, der das Conferencebike steuert fällt auf, dass die größte Aufregung bei den Fahrern herrscht, die in einem Pkw mit auswärtigen Kennzeichen sitzen. Das ist das Stichwort für den Verkehrsdezernenten, der als einen Grund für den dichten Verkehr in Wiesbaden die Tatsache ausgemacht hat, dass man im Pkw aufgrund der Verkehrssteuerung sehr flott durch die Innenstadt kommt, anstatt diese zu umfahren.
So braucht man von der Autobahnausfahrt Biebricher Allee durch die Innenstadt bis zur Schwalbacher Straße nur wenige Minuten. Dies soll sich in Zukunft ändern. Durch verschiedene Maßnahmen wie veränderte Ampelschaltungen und Verkehrsberuhigungen durch Fahrbahnverengungen, werden die Wege für den Autoverkehr unattraktiv gemacht und verlangsamt. In der Folge entsteht mehr Raum für Fahrräder und Fußgänger. Außerdem bedeutet weniger Durchgangsverkehr weniger Abgase.
In die gleiche Richtung zielt die Rücknahme des nächtlichen Parkverbotes auf dem Kurt-Schumacher-Ring. Zwar wird zunächst der Verkehrsstrom nur vom ersten auf den zweiten Ring verlagert. Langfristig werden die Fahrzeuge jedoch durch die Entschleunigung immer weiter nach außen gedrängt, weil es kein rasches Durchkommen mehr geben wird. Für eine der Mitfahrerin auf dem Conferencebike nur ein geringer Trost. Sie wohnt am zweiten Ring und kann durch das Parkverbot und den jetzt gestiegenen Verkehr nicht mehr vor ihrer Tür halten um zu be- und entladen. Auch da hat Kowol einen Tipp: „In jedes Auto gehört in Zukunft eine Sackkarre. Die Zeiten, in denen Innenstadtbewohner vor ihrer Haustüre stehen können, sind vorbei. Mit einem solchen Hilfsmittel (dass es mittlerweile auch zusammenklappbar gibt) ist es kein Problem, schwere Dinge über eine längere Strecke zu transportieren“, erklärt er überzeugt. Die Anwohnerin zeigte sich angesichts dieser Aussicht eher semi-begeistert.
Mit dieser Ansicht ist sie zurzeit in Wiesbaden nicht alleine, das zeigen die zahlreichen parkenden Fahrzeuge, mit und ohne Warnblinkanlage auf den rechten Spuren, die den Verkehr ungeniert blockieren und die wir mit dem Conferencebike, angesichts des rücksichtlosen fließenden Verkehrs, halsbrecherisch umfahren müssen. Dreister Tagessieger war übrigens der Lastwagen einer Gerüstbaufirma, der entspannt eine Bushaltestelle blockierte, um das Gerüst an einer mehrstöckigen Fassade abzubauen.
Auch die CityBahn wurde angesprochen. Kowol ließ keinen Zweifel daran, dass dieses Verkehrsmittel kommen wird. Dem Bürgerentscheid sieht er gelassen entgegen. Für ihn ist die CityBahn alternativlos, da sie ihren Teil zur Verengung der vorhandenen Straßen beitragen wird und einen Teil des in Zukunft weiter ansteigenden Transitverkehrs aus dem Rheingau-Taunus-Kreis vom Auto auf die Schiene bringt. Davon ist er überzeugt.
Ob es der Politik am Ende des Tages gelingt, die Wiesbadener davon zu überzeugen, einem Verkehrsmittel zuzustimmen, das in erster Linie den Bewohnern des Umlands zu Gute kommt, bleibt abzuwarten. Die Abstimmung darüber sollte dagegen nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen, sonst macht die Politik vielleicht schon Nägel mit Köpfen, ohne den Bürger entscheiden zu lassen. Deshalb empfiehlt sich die genaue Betrachtung des Projektes unter der Frage: „Cui bono?“ – Wem nutzt es?
Wer seine Fragen an Andreas Kowol gerne persönlich stellen will, bekommt bei weiteren Conferencebike-Terminen 2019 Gelegenheit dazu.
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Der Ansatz von Verkehrsdezernent Andreas Kowol hat bereits andere Städte verändert. Wie die solche Maßnahmen im spanischen Madrid realisiert werden, lesen Sie hier.
Fotos: Petra Schumann