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Liebe Wiesbadenerinnen und Wiesbadener,
"Corona-Pandemie" ist das Wort des Jahres 2020. Mit Recht, denn kein anderes Geschehen hat das Jahr, das nun zu Ende geht, so bestimmt wie Corona – weltweit, und natürlich auch in unserer Stadt. Das Virus stellte das Leben, wie wir es gewohnt waren, auf den Kopf. Alle mussten mit erheblichen persönlichen Einschränkungen fertig werden, ob im Familienleben, in der Freizeit, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Fast alle Bereiche des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens wurden getroffen.
Viele Menschen kamen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Besonders das Personal in Krankenhäusern, in Alten- und Pflegeheimen war immensen Anforderungen ausgesetzt, genauso wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Gesundheitsamtes, unserer Feuerwehr und des Katastrophenschutzes. Auch in Kindertagesstätten und Schulen hat man versucht, unter widrigsten Bedingungen den Betrieb so gut wie möglich aufrecht zu erhalten. Und nicht zuletzt haben die Verkäuferinnen und Verkäufer höchsten Einsatz gezeigt, um den Ansturm auf Produkte, die (scheinbar) knapp wurden, zu bewältigen. Ihnen allen danke ich in Namen der Bürgerschaft unserer Stadt sehr herzlich für die gewaltigen Leistungen, die sie für die ganze Stadtgesellschaft erbracht haben. Alltäglich ist es nicht, was hier getan wurde, und schon gar nicht ist es selbstverständlich.
Und es ist ja noch nicht vorbei. Zwar gibt ein Impfstoff Hoffnung, und das RMCC wurde in sehr kurzer Zeit zu einem Impfzentrum umfunktioniert. Auch hier gebührt allen, die das so schnell geschafft haben, großer Dank. Aber wir wissen: Bis sich die Lage wieder normalisiert hat, dürften noch Monate vergehen. Bis dahin müssen wir vorsichtig sein, die Hygiene-Vorgaben einhalten - und vor allem Geduld haben.
Ich kann gut verstehen, dass es zunehmend nervt, Abstände einzuhalten und Masken zu tragen, vom Verzicht auf liebgewordene Aktivitäten und soziale Kontakte ganz zu schweigen. Die politischen Entscheidungsträger, die solche Regelungen treffen, machen es sich damit gewiss nicht leicht. Selbstverständlich darf man die Vorschriften kritisieren und dagegen öffentlich demonstrieren, denn von der Auseinandersetzung lebt unsere Demokratie.
Wer jedoch Fakten leugnet, Verschwörungsmythen in die Welt setzt und Entscheidungsträger persönlich angreift, der überschreitet Grenzen. Und es ist schlicht unerträglich, wenn zahlreiche Demonstranten Seite an Seite mit Rechtsradikalen gegen die Corona-Politik polemisieren und dieselben kruden Theorien teilen. Wer da mitläuft, muss sich bewusst machen, dass er die Trennlinie zum Rechtsextremismus verschwimmen lässt. Aber es gibt zum Glück auch Menschen mit Haltung. Ich danke allen, die gerade auch in der so schweren Phase der Pandemie die Werte von Mitmenschlichkeit und Solidarität vertreten und ihr Handeln davon bestimmen lassen. Sie braucht unsere Gesellschaft mehr denn je.
Das Jahr wurde von Corona beherrscht. Allerdings hat es in der Wiesbadener Stadtpolitik durchaus Entscheidungen gegeben, die alles andere als nebensächlich sind.
Eine deutliche Mehrheit hat sich in einem Bürgerentscheid gegen den Bau einer Citybahn ausgesprochen. Wie andere Politikerinnen und Politiker auch trat ich für dieses Projekt ein. Aber ich werde selbstverständlich dieses Votum akzeptieren – nicht zähneknirschend, sondern mit großem Respekt vor dem Souverän, dem Volk. Und ich hoffe sehr, dass es gelingen wird, die Gräben wieder zuzuschütten, die die Auseinandersetzung um die Citybahn in unserer Stadtgesellschaft offenbar gerissen hat. Lassen sie uns Brücken bauen, lassen Sie uns den fruchtbaren, wahrhaftigen und respektvollen Dialog aufnehmen, um die Verkehrsprobleme, mit der unsere Stadt zu kämpfen hat, gemeinsam zu lösen.
Eine andere Auseinandersetzung betrifft den neugeplanten Stadtteil "Ostfeld". Die Weichen hierfür hat das Stadtparlament in diesem Jahr gestellt, aber bis zur Realisierung ist es noch ein weiter Weg, auf dem noch einige Hindernisse zu überwinden sind. Nicht wenige sind skeptisch und lehnen die Planung komplett ab. Auch in dieser Auseinandersetzung bitte ich alle darum, die Debatten trotz aller Leidenschaft sachlich, maßvoll und mit gegenseitiger Achtung zu führen.
Eine demokratische Gesellschaft lebt davon, dass sich viele Menschen nicht nur in Vereinen, Organisationen und Initiativen engagieren, sondern auch in politischen Parteien oder Wählervereinigungen aktiv sind und so die öffentlichen Angelegenheiten mitgestalten. Im kommenden Jahr stehen wieder Kommunalwahlen an. Die Stadtverordnetenversammlung und die Ortsbeiräte werden neu gewählt, und auch die Wahl des Ausländerbeirats findet am selben Tag statt. Bitte gehen Sie wählen. Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch, denn dadurch zeigen Sie, dass es Ihnen wichtig ist, nicht nur hier zu leben, sondern über das Geschehen in unserer Stadt mitzuentscheiden.
Das ist leider für viele nicht oder nicht mehr selbstverständlich. Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig, und so mancher wird vielleicht in der letzten Zeit einiges an Vertrauen in die Redlichkeit der Politiker verloren haben. Es ist Aufgabe der Politik, diesem Eindruck tatkräftig entgegenzuwirken. Aber ich möchte immer wieder betonen, dass es meiner Erfahrung nach die große Mehrheit der Wiesbadener Politikerinnen und Politiker ist, die ehrlich das Ziel verfolgt, für unser Gemeinwesen das Beste zu erreichen. Und jede und jeder bleibt dazu aufgerufen, sich selbst aktiv, konstruktiv und kritisch in die Politik einzubringen. Die Wahlstimme einzusetzen ist dabei ein wichtiger Schritt, um unsere Demokratie zu stärken und den leider immer sichtbarer werdenden Verächtern unseres Staates etwas entgegenzusetzen.
Das vergangene Jahr war voller Belastungen. Ich hoffe aber, dass wir nun mit umso mehr Hoffnung das kommende Jahr angehen, damit es für uns alle ein gutes werden wird.
Ihre
Christa Gabriel
Stadtverordnetenvorsteherin
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