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Man kann es nicht sehen, nicht riechen und auch nicht schmecken, trotzdem ist es da und kann damit für Menschen eine große Gefahr sein. Die Rede ist von Kohlenstoffmonoxid (CO), ein Gas, welches durch die menschlichen Sinnesorgane nicht wahrgenommen werden kann sowie eine hochtoxische Wirkung auf Blut, Nerven und Zellen im menschlichen Körper hat. Außerdem ist es leichter als Luft und steigt daher nach oben. Entsprechend der Luftströmungen in Räumen verteilt es sich durch Wärme sehr schnell und dringt aufgrund seiner geringen molekularen Größe sogar durch Wände und Decken.
Wirtschaftsdezernent Detlev Bendel stellt am Donnerstagnachmittag die Ergebnisse einer mehrmonatigen Studie zum Thema "Gefährdung für Einsatzkräfte der Feuerwehr durch Kohlenmonoxid (CO)" vor. Die Studie wurde erstmalig von August 2011 bis April 2012 von der Berufsfeuerwehr durchgeführt. Ihre Ergebnisse werden voraussichtlich Auswirkungen auf die Ausstattung der Einsatzkräfte in Hessen, aber auch bundesweit, haben.
Seit Beginn der Studie, die durch Marco Pfeuffer initiiert wurde, hat man inzwischen 28 Einsatzfahrzeuge der drei Berufsfeuerwehren (BF) und die der 20 Freiwilligen Feuerwehren (FF) sowie 25 Rettungswagen (RTW) mit CO-Warngeräten ausgestattet. Mithilfe von den drei Wachen der Berufsfeuerwehr, vier RTW-Besatzungen und den beiden Notarzteinsatzfahrzeugen wurden von August 2011 bis März 2012 Messdaten für die Studie erhoben. Ausgewertet wurden die Ergebnisse im Mai diesen Jahres mit erschütterndem Ergebnis. 29 Mal ließen gefährliche CO-Belastungen die Warngeräte bei Rettungsdiensteinsätzen und 30 Mal bei Feuerwehreinsätzen sowie 5 Mal außerhalb von direkten Einsätzen anschlagen. Die unerwartet hohe Häufigkeit der CO-Vergiftungsgefahr, die aus den Messungen hervorging, ist alarmierend.
Damit, dass eine Vergiftungsgefahr so häufig besteht, hätte niemand gerechnet. Die 284 Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr und die 600 ehrenamtlichen Mitglieder der Freiwilligen Wehren sind damit also sehr oft potenziell gefährdet. Und die Quellen und Ursachen sind zahlreich in Haushalten zu finden. Verstopfte oder verlegte Schornsteine, mangelnder Zug an einem Kamin, unzureichende Abgasabführung von Thermen oder defekte Heizungsanlagen können Gründe für eine zu hohe CO-Belastung sein. CO entsteht, wenn eine Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Verbindungen (Kohle, Erdöl, Erdgas) nur unvollständig abläuft, wenn also zu wenig Sauerstoff in dem betreffenden Raum überbleibt. Je „schlechter“ die Verbrennung abläuft, desto mehr CO wird freigesetzt.
Leider gibt es keine eindeutigen Symptome für eine Kohlenstoffmonoxid-Vergiftung. Sie sind nicht unbedingt von Magen-Darm-Infekten oder Grippen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch und beispielsweise einem Schlaganfall zu unterscheiden. Mögliche Merkmale sind Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, neurologische Beschwerden, Bewusstlosigkeit, Konzentrationsschwäche oder Herzrhythmusstörungen, welche, wenn nicht behandelt und überhaupt erkannt, zum Tode führen können. Ohne Warnsysteme, merkt man erst zu spät, dass eine Vergiftung vorliegt. Betroffene werden bewusstlos und niemand weiß warum.
Was bei einer Vergiftung im Körper des Menschen passiert ist folgendes: Das Protein Hämoglobin, das für den Transport von Sauerstoff im Blut zuständig ist, lagert statt der Sauerstoffmoleküle das Kohlenstoffmonoxid an, das zudem auch noch eine 250fache Haftung aufbauen kann. Es blockiert die Zellaufnahmefähigkeit von Sauerstoff, was zu einer Unterversorgung der Zelle führt. Die Zelle wird dauerhaft und irreparabel geschädigt oder sogar zerstört. Und damit „erstickt“ letztendlich der Betroffene an den Folgen, denn das Herz und das Gehirn werden am stärksten angegriffen. Auch die Spätfolgen einer CO-Vergiftung sind ähnlich in ihren Symptomen, außerdem können noch Persönlichkeitsveränderungen, Psychosen, Migräneanfälle, Panikattacken und vieles mehr auftreten.
Bereits bei einer zehnprozentigen Sättigung des Hämoglobins eines Menschen mit CO spricht man von einer akuten Kohlenstoffmonoxid-Vergiftung oder auch Rauchgasvergiftung. Zum Vergleich – die Belastung eines Rauchers nach einer Zigarette beträgt acht Prozent und die eines gesunden Menschen liegt bei etwa drei Prozent, je nachdem wo er wohnt (in der Stadt oder ländlich). Daher hat man während dieser Studie Messgrenzen festgelegt, die besonders den Schutz der Einsatzkräfte gewährleisten sollen. 30 von 1 Million Teilchen oder auch 30 „parts per million“ (ppm) sind maximaler Oberwert und geben Anlass sich mit Messgerät, Atemschutz und Lüfter zu bewaffnen.
Die Einsatzkräfte wurden vor Indienstnahme der Geräte über die Arbeitsweise und Handhabung geschult. Die spezielle jeweilige Hard- und Software ist auf den Einsatzfahrzeugen bereits verladen, um die gemessenen Daten noch am Ort auswerten und so die Lage besser beurteilen zu können. Und nur mit diesen Geräten ist das sonst nicht wahrnehmbare Gas zu bestimmen. Die Feuerwehr Wiesbaden veranstaltet darüber hinaus auch Informationsveranstaltungen zu diesem Thema.
Neben den Schulungen über die Gerätenutzung wurde eine extra dafür vorgesehene Einsatztaktik erarbeitet. Dieses sogenannte Ampel-Konzept sieht eine dreigeteilte und farbige Einteilung des Einsatzortes vor. Der rote Bereich kennzeichnet die betroffene Wohnung, gelb markierte Wohnungen grenzend an die roten Bereiche an. Grün sind ungefährliche Bereiche in denen nicht unbedingt Messungen vorgenommen werden müssen. Auch Verbindungbereiche, Schornsteine und Durchbrüche müssen berücksichtigt werden. Anhand dieser Einteilung wird dann der Rettungseinsatz koordiniert. Nicht nur Opfer sind in Gefahr, sondern auch Rettungskräfte.
>>> Ein ausführlicher Bericht zu der Studie folgt Anfang August <<<