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Im Interview: Jan Borchert, Co-Gründer und Klimaförster bei PLANTED - Klimaschutzpartner des VC Wiesbaden. Die Fragen stellte Sabine Ursel (Journalistin, Wiesbaden):
WA: Herr Borchert, wie passen ein Klimaförster und ein Volleyballclub zusammen?
Jan Borchert: Es ist generell sinnvoll, wenn man in der aktuellen Zeit etwas für die Umwelt tut, also wenn man sich nachhaltig positioniert. Das gilt für mich als studiertem Forstwissenschaftler ebenso wie für Unternehmen, Organisationen, Institutionen, Vereine. Darum habe ich 2020 Planted mitgegründet – heute sind wir 15 Mitarbeitende. Wir haben innerhalb kürzester Zeit schon über 150.000 Bäume gepflanzt. Wir wollen zudem möglichst viele bestehende Waldflächen schützen. Ich selbst bin ausschließlich im Wald als Klimaförster unterwegs.
Und so hat mich VCW-Geschäftsführer Christopher Fetting auch kennengelernt. Der Verein will Zeichen setzen. Das heißt: Für jedes Ticket, das für ein VCW-Heimspiel in dieser Saison verkauft wurde, kann Planted ein Jahr lang einen Quadratmeter Wald schützen. Bei Dauerkarten sind das sogar jeweils 20 Jahre, was wir allgemein als sinnvollen Schutzzeitraum ansehen. Da die Sporthalle am Platz der Deutschen Einheit zu den VCW-Heimspielen meist mit weit über 1.000 Fans gut gefüllt war, kam da einiges zusammen.
WA: Dann können wir jetzt also offiziell das Ergebnis verkünden?
Borchert: Ja, und das war hammermäßig! Insgesamt können wir nun durch den VCW und die VCW-Familie 12.601 Quadratmeter Wald für ein Jahr schützen. Umgerechnet auf den Schutzzeitraum von 20 Jahren sind es dann bereits im ersten Aktionsjahr stolze 631 Quadratmeter, die wir nachhaltig schützen können.
WA: Was bedeutet „schützen“ genau?
Borchert: Das bedeutet, dass in einem festgelegten bestimmten Bereich kein Mensch mehr Einfluss nimmt. Genauer: Der Wald wird ganz bewusst in Ruhe gelassen. Auch wenn ein Baum während eines Sturms umstürzt, wird dort nichts angetastet. Normalerweise würde ein Förster den Baum abtransportieren. Morsche und alte Bäume bieten aber wertvolle Nischen, zum Beispiel für Spechte, die daraus Larven picken. All das gibt es in einem Wirtschaftswald seltener. 98 Prozent der deutschen Wälder sind derzeit nicht geschützt. Der VCW hilft also mit, die Biodiversität im Ökosystem Wald auf weiteren Flächen zu erhalten.
WA: Wer verfügt über die deutschen Waldflächen?
Borchert: Der Wald gehört immer jemandem ... Land, Bund, Kommunen, Körperschaften und Privatwaldeigentümern. Ich bin als Planted-Klimaförster national unterwegs und arbeite vor Ort mit den jeweiligen Förstern, die im Auftrag der Eigentümer die Waldbewirtschaftung übernehmen. Ich erkläre ihnen unser Anliegen und wir schauen gemeinsam, ob es Flächen gibt, die schützenswert sind.
WA: Wer gibt freiwillig Fläche ab – und wie setzt Planted die generierten Gelder ein?
Borchert: Wir bezahlen den jeweiligen Eigentümer für das Waldstück, das wir schützen möchten. Ob Land, Bund oder Private ... wir machen da keinen Unterschied. Der Wald ist wertvoll für alle. Er filtert Luft und Wasser, er speichert Wasser, er ist Lebensraum für Flora und Fauna. Wir sammeln Pilze und gehen dort spazieren. Planted kauft die Ruhe. Ansonsten kreist dort die Motorsäge.
WA: Wo liegen die Flächen, die Planted derzeit schützt?
Borchert: Wir brauchen immer eine kritische Mindestgröße von 10.000 Quadratmetern, also einen Hektar. Ein Specht beispielsweise muss die Fläche wahrnehmen und annehmen. Ist sie zu klein, fliegt er durch. Derzeit schützen wir durch das Engagement von Unternehmen eine größere Fläche im Sauerland. Mit den Quadratmetern des VCW können wir dort erweitern. Wir haben aber auch Interesse an einer größeren Fläche in der Nähe Wiesbadens.
WA: Hinter Planted steht aber noch ein anderes handfestes Geschäftsmodell. Sie begleiten Unternehmen von Anfang bis Ende dabei, Emissionen zu managen und sukzessive zu reduzieren.
Borchert: Ja, wir berechnen als TÜV-zertifizierter Dienstleister die CO2-Bilanz, analysieren die Emissionen, zeigen Sparpotenziale auf, erstellen umfassende Nachhaltigkeitsstrategien und sagen natürlich auch, wie sich der Faktor Climate Communication als Multiplikator für Image und zugleich Klimaschutz nutzen lässt. Unsere Software sagt genau, wie und wo Unternehmen mit ihren Mitarbeitenden CO2 reduzieren können. Und was nicht geht, lässt sich über Klimaschutzprojekte ausgleichen. Wir sehen uns in Deutschland als derzeit einzigen Anbieter mit diesem speziellen Dienstleistungsportfolio zur Erfassung, Analyse und Maßnahmenumsetzung zur Reduktion der CO2-Bilanz plus Waldmaßnahmen. Wir arbeiten mit rund 300 Firmenkunden zusammen, darunter Marco Polo, Woolrich, Gerry Weber, McCain, TeamViewer und Megabad. Und über 1.000 Privatpersonen spenden bereits in Sachen Wald- und Klimaschutz.
WA: Sie wollen sicher kein Greenwashing der Firmen unterstützen. Das Ganze muss vertrauenswürdig sein – das gilt aber auch für Planted. Wie machen Sie Ihre Arbeit im Wald transparent?
Borchert: Wir stellen sicher, dass mit uns kein Greenwashing betrieben wird und dass Kompensationszahlungen dort landen, wo sie gebraucht werden. Vertrauen ist uns ganz wichtig. Bei Pflanzprojekten stellen wir GPS-Daten zur Verfügung. Jeder einzelne durch Planted gepflanzte Baumsetzling ist online sichtbar und hat eine eigene Nummer. Damit wird klar, dass wir die Bäume nicht doppelt vergeben. Jede Firma und jede Privatperson hat ihre eigenen Bäume. Wir pflanzen nur klimastabile und tiefwurzelnde Bäume, zum Beispiel Eichenarten, Hainbuchen, Linden, Esskastanie und Elsbeeren, Nusssorten wie die Walnuss und auch Obstsorten wie die Wildkirsche. Das Saatgut stammt aus Deutschland und ist zertifiziert. Generell versuchen wir so regional wie möglich zu arbeiten. Im Rhein-Main-Gebiet sind unsere Partner die Darmstädter Forstbaumschule und die Forstbaumschule August Lüdemann.
WA: Was passiert mit der Fläche, wenn Planted einen Wald schützt und dieser im Besitz wechselt?
Borchert: Die Flächen sind in der Grundschuld eingetragen und rechtlich nicht an eine einzelne Person oder die Gemeinde oder Bundesland gebunden. Wenn jemand Flächen verkauft, vererbt oder verschenkt, gilt die Grundschuld weiter. Somit wird auch der Schutz weiterhin gewährleistet, das ist uns ganz wichtig.
WA: Planted hat seinen Sitz in Köln. Wie kommt es zum Engagement in Wiesbaden?
Borchert: Meine zwei Mitgründer und meine Mitgründerin kommen aus Köln. Ich bin in Wiesbaden geboren und aufgewachsen, habe in Göttingen Fortwissenschaften studiert. Ab 2016 war ich mit eigenem Label in nachhaltiger Mode unterwegs, schon da habe ich pro verkauftem Produkt einen Baum in Deutschland gepflanzt. Mein Shop lag in unmittelbarer Nachbarschaft der VCW-Geschäftsstelle. 2020 habe ich dann Planted in Köln mitgegründet, wohne aber weiterhin im Wiesbadener Westend. Da war es logisch, dass ich als nationaler Planted-Klimaförster auch in unserer Region aktiv werden wollte. Wir pflanzen bereits Bäume auf der Platte, auf der Hohen Wurzel und auf der Eisernen Hand. Für den VC Wiesbaden pflanzen wir dort für jede Spielerin der ersten Mannschaft einen Baum pro Monat. Dahinter steht das Planted-Programm Climate Action Team. Das sponsern wir übrigens beim VCW.
WA: Ihr Schlussstatement in drei Hauptsätzen lautet?
Borchert: Klimaschutz darf kein verordneter Verzicht sein. Nachhaltigkeit lässt sich sinnvoll im Geschäftsmodell verankern und macht Spaß – etwa durch eine eigene Waldfläche. Wir alle übernehmen so Verantwortung für die nächsten Generationen. Aktiv werden ist so einfach, wenn man mit uns loslegt.
WA: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Borchert.
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Symbolbild