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Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
das Jahr 2012 geht zu Ende. Es ist ein guter Brauch, zum Jahreswechsel zurückzublicken, Bilanz zu ziehen und, wenn möglich, aus dem vergangenen Jahr neuen Mut für das zu schöpfen, was kommt.
Schaut man sich die weltpolitische Lage an, fällt eine Bewertung eher zwiespältig aus. So zeigt ein Blick auf den Nahen Osten, insbesondere auf Syrien und Ägypten, dass viele Länder und Regionen von Frieden und Sicherheit offenbar weit entfernt sind. Vor allem leidet hier die Zivilbevölkerung. Umgekehrt gibt es aber auch hoffnungsvolle Bereiche. Die diesjährige Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union macht deutlich, dass die EU trotz Euro-Finanzkrise und trotz mancher tatsächlicher oder vermeintlicher struktureller Defizite vor allem eines ist: ein großes Friedensprojekt, das aus den Trümmern, die der Zweite Weltkrieg hinterlassen hat, kontinuierlich in Breite und Tiefe gewachsen ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Friedensprojekt seine Nachhaltigkeit und Stabilität besonders „von unten“ erlangt, insbesondere auf der Ebene der Städte und Gemeinden. Wiesbaden pflegt eine ganze Reihe von Städtepartnerschaften, die letztlich dazu beitragen, das Verständnis der Menschen verschiedener Regionen und Kulturen füreinander zu wecken und zu fördern.
Im Jahr 2012 haben wir ein Jubiläum gefeiert: Unsere Partnerschaft mit Breslau besteht seit nunmehr 25 Jahren. Das ist nur möglich, wenn diese Verbindung von den Bürgerinnen und Bürgern beider Städte getragen wird. Mit großem Engagement und viel Herzblut sind unsere Partnerschaftsvereine dabei, den gegenseitigen Austausch zu organisieren und zu vertiefen. Alle, die sich für unsere Städtepartnerschaften engagieren, bauen mit am Fundament einer europäischen Friedensordnung. Es ist mir ein großes Anliegen, daran immer wieder zu erinnern und mich bei allen, die hier mitwirken, zu bedanken - gerade in Zeiten, in denen nicht das Positive, sondern die Probleme der EU die Wahrnehmung dominieren.
Im vergangenen Jahr ist der Istanbuler Stadtteil Fatih in den Kreis unserer Partnerstädte aufgenommen worden. Es ist bekannt, dass diese Entscheidung keinesfalls unumstritten ist. Aber ich denke, es ist nun Zeit, auch diese Verbindung konstruktiv anzugehen und sie mit Leben zu erfüllen. Denn letztlich geht es doch bei jeder Städtepartnerschaft darum, einen Beitrag zur Verständigung zwischen den Völkern zu leisten.
Die politischen Debatten in unserer Stadt zeigen, dass die kommunale Politik auf die Begleitung durch die Bürgerinnen und Bürger in besonderer Weise angewiesen ist. Denn würden sich die Menschen von der Politik abwenden, verlören die getroffenen Entscheidungen an Legitimität. Die Rückkoppelung ist daher unabdingbar. Nur wer sich für das Geschehen in den politischen Gremien unserer Stadt interessiert, kann Einfluss nehmen. Am 1. Dezember standen die Türen des Rathauses offen, damit jede und jeder sich ein Bild über das Gebäude, dessen Geschichte und seine heutige Nutzung machen konnte. Dabei kam ich mit vielen Menschen in’s Gespräch und freute mich über die zahlreichen interessanten Kontakte. Der „Tag der offenen Tür“ machte deutlich, wie wertvoll der gegenseitige Austausch ist. Deshalb lade ich herzlich dazu ein, öfter mal das Rathaus und die Veranstaltungen und Sitzungen, die dort stattfinden, zu besuchen. Denn das Rathaus ist kein Haus allein für die Politik oder die Verwaltung, die dort abgeschottet die Geschicke unserer Stadt lenken sollen, sondern es ist in allererster Linie ein Haus für die Bürgerschaft.
Die Entscheidungen, die „im Rathaus“ getroffen werden, wirken direkt und unmittelbar auf die Menschen, die hier leben, ein - oftmals spürbarer noch als die Bundes- oder Landespolitik. Nehmen wir nur die strategische Neuausrichtung der Horst-Schmidt-Kliniken, den Neubau der Rhein-Main-Hallen am bisherigen Standort oder auch die Städtepartnerschaft mit Fatih. All dies wird künftig das Leben in unserer Stadt auf Dauer beeinflussen. Sicherlich – am Ende werden solche Entscheidungen von den politischen Mandatsträgern getroffen, denen die Wählerschaft dazu die Verantwortung übertragen hat. Aber auch zwischen den Wahltagen gibt es nicht wenige Möglichkeiten, sich einzubringen und das Leben in Wiesbaden mitzugestalten.
So ist im Jahr 2012 der Seniorenbeirat neu gewählt worden. Er vertritt die Interessen der immer größer werdenden Gruppe unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Ich denke, der Seniorenbeirat bietet eine gute Möglichkeit, sich für eigene Belange einzusetzen und die politischen Entscheidungsträger kompetent zu beraten. Das gilt ebenso für den Ausländerbeirat, der ein wesentliches Element der Integrationsarbeit unserer Stadt ist, und für das Jugendparlament, welches den Jugendlichen, die hier leben, eine vernehmbare Stimme gibt. All diese Gremien dienen dazu, Entscheidungen zu vermeiden, die an den Interessen und Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerungsgruppen vorbeigehen. Ich möchte Sie ermutigen: Unterstützen Sie die Arbeit dieser – und auch anderer - Gremien. Nutzen Sie die Mitwirkungsmöglichkeiten, die es in Wiesbaden gibt, denn es ist Ihre Stadt.
Vor allem bitte ich Sie, im neuen Jahr, in dem die Oberbürgermeisterwahl ansteht, zur Wahl zu gehen. Mehrere Kandidatinnen und Kandidaten bewerben sich um dieses wichtige Amt und bitten die Wählerinnen und Wähler um ihr Vertrauen. Machen Sie von Ihrem demokratischen Recht Gebrauch, unter verschiedenen Personen und zwischen unterschiedlichen politischen Richtungen auswählen zu können. Die Demokratie braucht das Vertrauen und die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger, sowohl am Wahltag als auch zwischen den Wahlen.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger - Ihnen allen wünsche ich ein gutes neues Jahr 2013!
Ihr
Wolfgang Nickel
Stadtverordnetenvorsteher