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Auch wenn die Wirksamkeit einer Umweltzone umstritten bleibt, hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden in seinem Urteil vom 10. Oktober 2011 festgestellt, dass das Land Hessen verpflichtet ist, in Wiesbaden eine solche einzurichten. Durch das Fahrverbot für Fahrzeuge ohne grüne Plakette soll die Schadstoffbelastung in der Stadt verringert werden. In einer Stellungnahme zu dem öffentlich ausgelegten Luftreinhalteplan für Wiesbaden hat die IHK Wiesbaden nun Anregungen gegeben, wie die Umweltzone unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit konkret umgesetzt werden sollte.
Während die meisten Städte bei der Einführung der Umweltzone in den ersten Jahren auch Fahrzeuge mit roter oder gelber Plakette akzeptiert hätten, soll dagegen in Wiesbaden gleich im ersten Jahr die grüne Plakette Pflicht sein. „Das nimmt den Betrieben die Möglichkeit, die Neuanschaffung oder Nachrüstung ihrer Fahrzeuge zumindest mittelfristig planen zu können“, kritisiert Dr. Klaus Schröter, Verkehrsexperte der IHK. „Eine solche Übergangsfrist wirkt sich nicht auf die Stockoxidbelastung aus, da eine Nachrüstung mit Rußpartikelfiltern bei Dieselfahrzeugen nur die Feinstaubbelastung reduziert“.
Immerhin soll es eine auf ein Jahr befristete Ausnahmegenehmigung für Fahrzeuge geben, die sich nachweislich nicht auf die erforderliche Schadstoffgruppe nachrüsten lassen. Die IHK Wiesbaden schlägt vor, diese Frist auf fünf Jahre auszudehnen. „Viele Gewerbetreibende erbringen mit Nutzfahrzeugen notwendige Dienstleistungen für die Bevölkerung – oft nur auf kurzen Strecken, sodass sie nur eine geringe Kilometerleistung erreichen. Wegen ihres Alters können die Fahrzeuge zum Teil nicht mit Rußpartikelfiltern nachgerüstet werden, um die notwendige grüne Plakette zu erhalten. Die kurzfristige Neuanschaffung eines oder mehrerer Fahrzeuge stellt eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung für die Betriebe dar.“
Im Entwurf des Luftreinhalteplans ist vorgesehen, dass für Fahrten zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern, für die Warenanlieferung zu Produktionsbetrieben und den Versand von Gütern aus der Produktion Ausnahmegenehmigungen erteilt werden können. Es gibt allerdings auch Fahrten für die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Dienstleistungen, beispielsweise in der Alten- oder Krankenpflege oder für Reparaturen an haustechnischen Anlagen. Schröter hat kein Verständnis dafür, dass für solche Fahrten keine Ausnahmegenehmigungen gelten sollen. Die IHK schlägt deshalb vor, Warenanlieferung, Entsorgung und wirtschaftliche Dienstleistung grundsätzlich als Grund für eine Ausnahme anzuerkennen.
Überdies fordern die deutschen Industrie- und Handelskammern seit langem, dass Ausnahmegenehmigungen für das Befahren von Umweltzonen deutschlandweit gegenseitig anerkannt werden. Dadurch bliebe es einem Unternehmen erspart, das in mehreren Städten mit Umweltzone tätig ist, für jede dieser Städte eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Der Entwurf des Luftreinhalteplans für Wiesbaden sieht dagegen nur vor, dass in Wiesbaden ausschließlich hessische Ausnahmegenehmigungen anerkannt werden sollen, die aus sozialen oder kraftfahrzeugbezogenen Gründen erteilt worden sind. „Auch diese Beschränkung ist wenig sinnvoll, zumal die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt Mainz jetzt auch wieder eine Umweltzone einführen will“, sagt Schröter.