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Die Freude und die Zufriedenheit ist dem Quartett Gerich, Kowol, Gäfgen und Coleman bei der Pressekonferenz anzusehen. Der Plan, Wiesbaden von einer Pkw-freundlichen, zu einer Umwelt-freundlichen oder – wie es Oberbürgermeister Sven Gerich gerne formuliert – ein lebens- und liebenswertes Wiesbaden zu verwandeln, nimmt Gestalt an.
Mit den 14,5 Fördergeldmillionen, die das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ESWE Verkehr für die Anschaffung der ersten 56 Elektrobusse bewilligt hat, wird deutlich, dass man dort verstanden hat, welche umwälzende Entwicklung in der Landeshauptstadt geplant wird. Die komplette Substituierung der Dieselbus-Flotte von ESWE Verkehr ist nämlich viel mehr als die bloße Beschaffung neuer Fahrzeuge. ESWE-Geschäftsführer Frank Gäfgen: „Mit diesem Bescheid sind wir unserem Ziel, komplett emissionsfreien ÖPNV in Wiesbaden anzubieten, einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Unser Projekt ist hinsichtlich des Ausschreibungsverfahrens, der Anforderungen und des Umfangs deutschlandweit einmalig. Wir haben erst durch die Bemerkungen von Amtskollegen in anderen Städten realisiert, dass wir damit den Markt quasi leerfegen.“
Durch die erste Charge von 56 Elektrobusse werden bereits 22 Prozent des gesamten Fahrzeugbestandes ersetzt, dadurch gibt es pro Jahr Einsparungen von 5.418 Kilogramm CO, 3.784.514 Kilogramm CO2, 512 Kilogramm Feinstaub und 30.302 Kilogramm NOx.
Nicht zu unterschätzen ist auch die Vermeidung von Lärm, der nach dem gesamten Austausch bei 65 Prozent liegen und damit die Lebensqualität erhöhen wird.
David Coleman, Projektingenieur emissionsfreier ÖPNV, erläutert einige der kommenden Herausforderungen des Projekts: „Der gesamte Umbau des Betriebshof inklusive des Baus eines Umspannwerkes, um den benötigten Strom zur Verfügung zu haben, muss organisiert werden. Geplant ist es, zwei Drittel des Stroms des Umspannwerkes in das Wiesbadener Netz einzuspeisen. Notwendig ist die Dimensionierung durch die Vorhaltung von Redundanzen, um für Stromausfälle gerüstet zu sein.
Neben der Sicherstellung der Energieversorgung müssen vor allem die Umläufe geplant werden – das heißt, wann welcher Bus wieviel Batterieladung benötigt, um rechtzeitig für seinen nächsten Einsatz zur Verfügung zu stehen. Auch die Zusatzausbildung unserer Nutzfahrzeugmechaniker und -mechatroniker muss bedacht werden.“
Übrigens, die Umstrukturierung schafft Arbeitsplätze, 16 Mitarbeiter müssen durch den häufigeren Umlauf der Fahrzeuge eingestellt werden.
Oberbürgermeister Sven Gerich gratuliert ESWE Verkehr zum Förderbescheid: „Hinter den 14,5 Millionen Euro steckt eine sehr große Wertschätzung des Projektes, die wir mit dem Bund teilen. Unsere Vision vom emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr hat mit dieser Förderung auf dem Weg zur Realisierung eine entscheidende Hürde genommen. Die Umstellung der Diesel- auf Elektrobusse wird die Luftqualität in Wiesbaden weiter verbessern. Wir freuen uns, dass in 2019 die ersten Elektrobusse durch die hessische Landeshauptstadt rollen werden.“
„Vor zwei Jahren wurde ESWE Verkehr für seine Vision noch belächelt – heute schaut man andernorts anerkennend bis neidvoll nach Wiesbaden. Es zahlt sich jetzt aus, dass Wiesbaden so früh die Weichen gestellt hat“, lobt Wiesbadens Verkehrsdezernent Andreas Kowol die Weitsicht der ESWE-Geschäftsführer. „Mit der Einführung der ersten E-Busse werden die ältesten Dieselbusse ausgemustert, dadurch ergibt sich eine hohe Stickoxidminderung. Für unser Ziel, ein Dieselfahrverbot für Wiesbaden abzuwenden, ist der heutige Tag ein Meilenstein“, sagt Kowol.
Das Ausschreibungsverfahren sieht einen Generalunternehmer für Fahrzeuge, Ladeinfrastruktur und für das Betriebshof-Managementsystem vor. Bisher wurde in Deutschland als Einzelposten lediglich eine bestimmte Anzahl an Bussen ausgeschrieben. Auch die Anforderungen sind einzigartig: Die Elektrobusse sollen eine Reichweite von rund zweihundert Kilometern haben, unabhängig von Temperatur und Topografie – die Reichweite darf also auch im Winter bei voller Heizleistung und Steigungen nicht reduziert sein. Beispiellos ist auch der Umfang der Ausschreibung: ESWE Verkehr unternimmt keinen Modellversuch, sondern mittelfristig sollen alle ESWE-Verkehr-Diesel- in Elektrobusse ausgetauscht werden, der erste mögliche Förderzeitraum beschränkt sich auf 120 Solo- und 20 Gelenkbusse.
Gemeinsam mit ESWE-Verkehr-Geschäftsführer Gäfgen ist sich Verkehrsdezernent Kowol einig, dass die im Sommer notwendig gewordene Änderungsbekanntmachung der europaweiten Ausschreibung in jeder Hinsicht positiv verlaufen ist: „Zum einen haben wir jetzt eine Förderung des Bundes in Maximalhöhe erhalten, zum anderen konnten sich auch weitere Anbieter bewerben“, so der Stadtrat.
Parallel dazu wird das Ausschreibungsverfahren beendet. Frank Gäfgen: „Mitte Dezember werden wir die letzten Bietergespräche führen, im ersten Quartal 2019 den Auftrag vergeben und dann fahren im nächsten Jahr auch die ersten Elektrobusse in Wiesbaden – wahrscheinlich auf der Linie 1.“
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