ANZEIGE
Das Wiesbadener Sozialdezernat stellte am Dienstag, den 18. Juni, den neuen "Wiesbadener Teilhabestandard für Stadtteile mit hohen sozialen Bedarfslagen" vor. Während einer Pressekonferenz wurden der Entstehungsprozess des Teilhabestandards sowie die entwickelten Maßnahmen und Strategien zur Förderung der sozialen Teilhabe in benachteiligten Stadtteilen erläutert. Der Standard, basierend auf dem Prinzip „Ungleiches ungleich behandeln“, definiert sowohl notwendige als auch wünschenswerte Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen in diesen Stadtteilen.
Der Teilhabestandard ist ein gemeinsames fachliches Konzept der Sozialverwaltung, der Träger der freien Wohlfahrtspflege und der sozialen Arbeit in Wiesbaden, das speziell für Stadtteile mit hohen sozialen Bedarfslagen entwickelt wurde. Er wird ausdrücklich von der LIGA der freien Wohlfahrtsverbände, zahlreichen Trägern der sozialen Arbeit sowie weiteren Verbänden und Gremien unterstützt. Insgesamt haben sich 47 Organisationen dem Konzept des Wiesbadener Teilhabestandards angeschlossen und stehen hinter diesem.
Die Präsentation wurde von der Wiesbadener Sozialdezernentin Dr. Patricia Becher mit einer allgemeinen Einführung eröffnet: „Der Teilhabestandard trägt wesentlich dazu bei, soziale Ungleichheiten zu verringern und eine passgenaue und somit gerechtere Verteilung von Ressourcen zu gewährleisten. Er stellt sicher, dass Menschen in Stadtteilen mit hohen sozialen Bedarfslagen die notwendige Unterstützung erhalten, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern und ihre Teilhabe an der Gesellschaft zu erhöhen. Hiermit gelingt uns ein Meilenstein, welcher einzigartig in Hessen und Deutschland ist.“
Zusammen mit Daniela Leß, der Leiterin des Amtes für Soziale Arbeit, Bastian Hans, dem Vorsitzenden der LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände in Wiesbaden und Geschäftsführer der AWO Wiesbaden, sowie Andrea Dingeldein, der zuständigen Sozialplanerin der Abteilung Grundsatz und Planung, wurden die Ergebnisse und Inhalte des neuen Teilhabestandards präsentiert.
Am 31. Oktober 2019 erhielt das Sozialdezernat von der Stadtverordnetenversammlung den Auftrag, gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden, Freien Trägern und anderen relevanten Akteuren einen fachlich-konzeptionellen Standard zu entwickeln. Dieser sollte für Stadtteile mit hoher sozialer Bedarfslage geeignete soziale Infrastrukturen, Angebote und Maßnahmen der sozialen Arbeit definieren. Der neue Standard entstand durch intensive Zusammenarbeit und Koordination innerhalb einer Lenkungsgruppe, die Vertreterinnen und Vertreter Freier Träger sowie der Sozialverwaltung umfasste.
„Die Erarbeitung des Teilhabestandards steht exemplarisch für die starke und vertrauensvolle Zusammenarbeit der sozialen Landschaft in Wiesbaden. Passend zum hundertjährigen Jubiläum des Wiesbadener ‚Jugendamts‘ gelingt uns hiermit, gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern, ein bedeutender Schritt zum Ausbau und zur Verbesserung unserer sozialen Infrastruktur“, erklärt Daniela Leß.
Über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren haben zahlreiche Fachkräfte und Führungskräfte aus Wohlfahrtsverbänden, Freien Trägern, der Sozialverwaltung sowie anderen städtischen Ämtern gemeinsam an der Konzeption des Standards gearbeitet. Auch Vertreterinnen und Vertreter aus Verbänden, Institutionen und der Stadtpolitik haben mit ihrem Fachwissen und ihrer Erfahrung zu diesem umfassenden Konzept beigetragen.
Der „Wiesbadener Teilhabestandard für Stadtteile mit hohen sozialen Bedarfslagen“ richtet sich nach dem Grundsatz „Ungleiches ungleich behandeln“. Dieses Prinzip zielt darauf ab, den unterschiedlichen Lebensbedingungen und Bedürfnissen der Menschen in verschiedenen Stadtteilen gerecht zu werden. Während grundlegende soziale Leistungen wie Kindertagesstätten, Jugendarbeit und Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zugänglich sind, definiert der Wiesbadener Teilhabestandard zusätzlich maßgeschneiderte Angebote speziell für diese Stadtteile.
Der Standard umfasst nicht nur unverzichtbare fachliche Maßnahmen, sondern setzt auch langfristige Ziele, die schrittweise erreicht werden sollen. Darüber hinaus beschreibt er bereits etablierte Maßnahmen wie Stadtteilkonferenzen oder Kinder-Eltern-Zentren (KiEZe), die seit vielen Jahren erfolgreich in den Stadtteilen umgesetzt werden. Bastian Hans, Vorsitzender der Wiesbadener LIGA, betonte die Bedeutung des neuen Standards: „Die LIGA Wiesbaden unterstützt diesen Schritt ausdrücklich. Durch gezielte Förderung können wir nachhaltig die Lebensbedingungen in benachteiligten Stadtteilen verbessern und die soziale Gerechtigkeit in unserer Stadt voranbringen.“
Der Standard wurde aus der Wiesbadener Sozialraumanalyse 2019 abgeleitet, die auf 28 Indikatoren basiert und deutliche Unterschiede in der Sozial- und Bevölkerungsstruktur der 34 sozialräumlichen Stadtteile Wiesbadens aufzeigt. Die Analyse identifizierte, dass ein Drittel der Bevölkerung in Stadtteilen mit hoher sozialer Bedarfslage lebt. Eine zentrale Handlungsempfehlung der Analyse besteht darin, das etablierte Wiesbadener Konzept „Ungleiches ungleich behandeln“ weiterzuentwickeln und die soziale Infrastruktur entsprechend den Bedürfnissen der jeweiligen Stadtteile anzupassen.
Darauf aufbauend wurden konkrete Maßnahmen im Teilhabestandard identifiziert. Andrea Dingeldein, Sozialplanerin in der Abteilung Grundsatz und Planung des Amtes für Soziale Arbeit, erklärt: „Der Standard umfasst eine breite Palette von Maßnahmen, darunter Gemeinwesenarbeit, Kinder- und Jugendarbeit, Angebote für ältere Menschen sowie Unterstützung für Familien. Wir setzen auf kontinuierliche Evaluation, Weiterentwicklung und Anpassung an die sich ändernden Bedürfnisse der Bevölkerung, um diesen gerecht zu werden.“
Es werden fortlaufend neue Bedarfe erkannt und in den Teilhabestandard integriert. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt unter Begleitung der Lenkungsgruppe. Der „Wiesbadener Teilhabestandard für Stadtteile mit hohen sozialen Bedarfslagen“ ist als dynamisches und sich kontinuierlich weiterentwickelndes Konzept konzipiert. Durch gemeinsame Anstrengungen und eine koordinierte Herangehensweise streben wir positive Veränderungen an.
Zentral sind die Grundsätze der „Hilfe zur Selbsthilfe“ und der „Stärkung der Selbsthilfepotentiale“ als fundamentale Arbeitsprinzipien. Indem wir auf die bereits vorhandenen Ressourcen und Potenziale der Menschen vor Ort setzen, streben wir an, deren Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit zu stärken.
Dies spiegelt sich in den Handlungsfeldern des Teilhabestandards:
In Stadtteilen wie dem Inneren Westend und dem Schelmengraben in Wiesbaden sind die Lebensbedingungen häufig anspruchsvoll. Die Konzentration sozial benachteiligter Gruppen in diesen Gebieten führt zu spezifischen Herausforderungen, die durch den neuen Teilhabestandard angegangen werden sollen.
„Durch die Bereitstellung gezielter Angebote und Maßnahmen streben wir an, die soziale Teilhabe zu verbessern und die Chancen auf eine erfolgreiche Schullaufbahn und berufliche Entwicklung zu erhöhen.„Damit setzen wir ein deutliches Zeichen für soziale Gerechtigkeit und Solidarität in unserer Stadt. Wir sind überzeugt, dass durch die gezielte Unterstützung der betroffenen Stadtteile eine positive Veränderung möglich ist. Unsere Vision ist es, dass alle Menschen in Wiesbaden die gleichen Chancen auf Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben haben“, so Dr. Becher abschließend. „Mit dem neuen Teilhabestandard haben wir einen fachlichen ‚Fahrplan‘ und sind auf einem guten Weg, dieses Ziel zu erreichen.“
P.S.: Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie Fan von Wiesbadenaktuell.de und folgen Sie uns auch auf Instagram!
Symbolfoto: Canva