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Kaum ein Operntitel löst so viele Bilder und Vorstellungen aus wie Verdis „ägyptische“ Oper: Tempel, Pyramiden, Nil, Triumphmarsch, Trompeten, gewaltige Chöre, Menschenmassen. Dies ist ein Aspekt der Oper, aber Aida ist viel mehr als nur exotische Kulisse und Kostüm. Ägypten diente Giuseppe Verdi als Rahmen und Bühne für ein Drama über menschliche Schicksale.
Von Anfang an als Meisterwerk konzipiert und gleich nach der Premiere 1871 in Kairo als solches gehandelt, gelingt es Giuseppe Verdi, mit Aida sein ohnehin schon einzigartiges Opernschaffen noch einmal zu übertreffen. Anders als zuvor etwa in La forza del destino oder Simon Boccanegra endet die Oper nicht in Tod und Verzweiflung, sondern mit dem ekstatischen Eingang des Liebespaares in eine höhere Sphäre jenseits der Realität. Bis es allerdings soweit ist, zeigt sich Verdi wieder einmal als Meister der Konflikte, der Affekte und des musikalischen Theaters. Und das, obwohl er hier ausnahmsweise kein großes Drama vertonte, sondern ein frei erfundenes Szenario des Ägyptologen Auguste Mariette, der am Hofe des ägyptischen Vizekönigs Ismail Pascha den Rang eines Ministers für kulturelle Angelegenheiten einnahm.
Schon allein aus diesem Grund hat Aida immer zwei Dimensionen: Die des unerhört autonomen Kunstwerks einerseits, andererseits jedoch auch eine politische, denn der ägyptische Vizekönig setzte um 1870 alles daran, politisch und militärisch zu den europäischen Großmächten aufzuschließen und den Sultan des Osmanischen Reiches (und auch Herr über Ägypten) auszustechen. Zu dieser Politik gehörte die glanzvolle Premiere der neuen Verdi-Oper im kurz zuvor neu erbauten Opernhaus am 24. Dezember 1871. Das Thema war natürlich pharaonisch, denn der Glanz des alten Ägypten sollte auf Ismail Pascha fallen. Dekorationen und Kostüme wurden unter enormen Kosten und Mühen nach archäologisch neuesten Erkenntnissen in Pariser Ateliers gefertigt und nach Ägypten verschifft. Und auch Verdi ließ sich das „ägyptische Geschäft“ mit der horrenden Summe von 150 000 Francs unter Zusicherung sämtlicher Verwertungsrechte außerhalb Ägyptens fürstlich entlohnen.
Verdi erfüllte seinen Auftrag vorbildlich – und blieb der Uraufführung fern. Denn obwohl seine großen Formen und Chöre, die rituellen Szenen und der Triumphmarsch, die Kostüme und Dekorationen das Repräsentationsbedürfnis seiner Auftraggeber mehr als befriedigten, erzählt seine Oper eigentlich vom Gegenteil: Von der dunklen Seite des Imperialismus, von Herren und Sklaven, von Siegern und Besiegten, von Macht und Ohnmacht, von Glück und Unglück im Zeichen eines Krieges zwischen Völkern und Menschen. Dazwischen steht ein Liebespaar, das auf dieser Welt keinen Ort für seine Liebe finden kann. Ägypten, das ist für Verdi die Metapher eines imperialistischen Reiches, beherrscht von den Priestern mit ihrem Oberhaupt Ramfis, geprägt
von militärischen Ritualen, rücksichtslos gegen eigene oder besiegte Untertanen.
Während Verdi im Sommer 1870 seine Oper schrieb, führten Frankreich und Deutschland den Krieg 1870/71, es fanden die Schlacht von Sedan, die Gefangennahme Napoleons III. und die Belagerung von Paris statt. Die Aida-Premiere in Kairo musste wegen des Krieges verschoben werden, an eine Auslieferung der Dekoration war nicht zu denken. Der Krieg der beiden hochgerüsteten Großmächte kam für Verdi einem drohenden Untergang der Zivilisation gleich. Als er seinem Librettisten Ghislanzoni ein Beispiel für die Wortwahl des ägyptischen Königs geben wollte, schrieb er: „Lesen Sie die Telegramme von König Wilhelm“. Für die Gestaltung des unheilvoll einflussreichen Oberpriesters Ramfis dürfte Bismarck Pate gestanden haben, für den ebenso namenlosen Herrscher Ägyptens König Wilhelm I. Der Deutsch-Französische Krieg bot Verdi Anschauungsmaterial im Überfluss.
So konzentriert sich die Oper Aida auf das Schicksal dreier Menschen vor dem Hintergrund eines ägyptisch-äthiopischen Krieges zu unbestimmter Vorzeit: das ungleiche Liebespaar Aida – Radames auf der einen Seite und die Pharaonentochter Amneris auf der anderen. Die äthiopische Prinzessin Aida steht als kriegsgefangene Sklavin in einem unauflösbaren Konflikt zwischen ihrem Geliebten, dem ägyptischen Feldherrn Radames, und ihrem Vater, dem besiegten äthiopischen König Amonasro. Dem Vater zu folgen, hieße den Geliebten zu verraten. Der Feldherr und Liebende Radames wiederum sieht seinen Plan scheitern, durch einen Sieg im Kampf Aida Glück zu schenken und widersetzt sich selbst noch im Angesicht des Todes den Rettungsangeboten
der zurückgewiesenen Prinzessin Amneris. Die scheinbar mächtige Prinzessin muss als tragischstes aller Opfer ihre eigene Bedeutungslosigkeit erkennen.
Das leidenschaftliche und existentielle musikalische Drama wird am Pult geleitet vom neuen Generalmusikdirektor Zsolt Hamar. Der ungarische Dirigent ist Preisträger renommierter Wettbewerbe, war zuletzt am Opernhaus Zürich und an der Budapester Nationaloper ständiger Gastdirigent und dirigierte einen Bartók-Doppelabend beim Maggio Musicale Florenz 2012. Mit Aida eröffnete er seine erste Saison in der neuen Funktion und stellt sich dem Wiesbadener Publikum vor.
Zum zweiten Mal in Wiesbaden arbeiten Regisseur Immo Karaman und Choreograf Fabian Posca, die 2010 bereits Luisa Miller inszenierten. Beide haben in den vergangenen Jahren durch Inszenierungen an der Oper Leipzig, am Staatstheater Saarbrücken und durch einen vielbeachteten Britten-Zyklus an der Deutschen Oper am Rhein auf sich aufmerksam gemacht. Erstmals in Wiesbaden arbeitet das Ausstattungsteam Okarina Peter und Timo Dentler, die mit Immo Karaman gemeinsam bereits am Staatstheater am Gärtnerplatz in München und am Staatstheater Nürnberg Opernabende geschaffen haben.
Viele gut bekannte und gern gesehene Gäste bilden das Gesangsensemble. Andrea Baker kehrt nach ihrem großen Erfolg als Ortrud in Lohengrin nun als Amneris zurück. Rubens Pelizzari, der umjubelte Kalaf in Turandot, interpretiert mit dem Radames eine seiner internationalen Paraderollen. Als Amonasro konnte Kiril Manolov verpflichtet werden, zuletzt in Wiesbaden als Simon Boccanegra und Don Pasquale zu erleben.
In der Titelrolle begrüßen wir die ungarische Sopranistin Eszter Sümegi, die an der Staatsoper Budapest ein breites Repertoire an italienischen und deutschen Rollen singt, wie u.a. Tosca, Leonora (Trovatore), Butterfly, Elisabeth (Don Carlo), aber auch Elsa (Lohengrin), Arabella oder Feldmarschallin im Rosenkavalier. Neu ins Ensemble kommt der holländische Bass Dennis Wilgenhof, der als Ramfis in Wiesbaden debütiert. Als König alternieren Bernd Hofmann und Hye-Soo Sonn.
Am Freitag, 5. Oktober um 19:30 Uhr und Donnerstag, 18. Oktober um 19:30 Uhr finden die letzten zwei Vorführungen im Großen Haus des Staatstheaters in der Christian-Zais-Straße statt. Karten im Ticketshop und Infos finden Sie im Internet unter www.staatstheater-wiesbaden.de. Die Aufführungsdauer beträgt jeweils 3 Stunden 10 Minuten mit einer Pause. Es gibt noch Restkarten, aber nicht zu lange damit warten. Der Ausverkauf naht.
Das Nachrichtenportal Wiesbadenaktuell.de verlost für die letzte Vorstellung am Donnerstag, 18. Oktober, 1 x 2 Eintrittskarten. Senden Sie uns eine E-Mail mit dem Betreff „AIDA“ an gewinnspiel(at)wiesbadenaktuell.de mit ihrem Namen, Anschrift und der Email-Adresse. Der Einsendeschluss ist am Mittwoch, den 17. Oktober, um 12:00 Uhr. Die Gewinner werden von uns am Mittwoch (17. Oktober) per E-Mail benachrichtigt.
Wiesbadenaktuell.de wünscht Ihnen viel Glück!
Das Stück: Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi Libretto von Antonio Ghislanzoni. In italienischer Sprache mit Übertiteln
Wo: Staatstheater Wiesbaden Großes Haus
Wann: Freitag, 5. Oktober um 19:30 Uhr, Donnerstag, 18. Oktober um 19:30 Uhr
Länge: Aufführungsdauer 3 Stunden 10 Minuten. Eine Pause
Fotos: Kaufhold