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Wiesbadenaktuell.de: Die erste GFL-Saison liegt nun schon einige Wochen hinter uns, wie empfandest sportlich die erste Saison der Wiesbaden Phantoms in der German Football League?
Sven Gloss: Sportlich gesehen war die erste Saison GFL schon ein Brett. Wir haben es uns extra noch schwieriger gemacht und keinen Amerikaner geholt und niemanden bezahlt. Das ist schon ne Herausforderung. Die Jungs haben diese aber auch angenommen und gut gemacht. Wir hatten zwei, drei Spiele hergeschenkt, muss man ganz klar so sagen, da haben wir bösartig Lehrgeld gezahlt. Zum Beispiel die Auswärtsspiele in Saarbrücken und München, die hätten wir eigentlich nicht verlieren dürfen. Leider haben wir sie aber aus unerfindlichen Gründen doch verloren. Vom Gesamtergebnis bin ich zufrieden, es hätte zwar ein bisschen besser sein können, für die erste Saison war es eine gute Saison.
Und persönlich?
Es war mein erstes Jahr in Wiesbaden. Die Mannschaft musste sich an mich gewöhnen. Das ist ein Prozess, der dauert. Es gab zum Glück nicht viele Punkte, in denen wir uns unterschieden haben. Es war recht identisch und so haben wir uns schnell zurechtgefunden. Ich hatte ein Video von der vorherigen Saison, konnte mir die Spieler ein wenig angucken. Es ist aber natürlich etwas anderes, als mit ihnen persönlich zu arbeiten. Am Anfang hatten die Spieler zwar bedenken, ob der Trainerwechsel wirklich klappt. Michael Traber trat ja als Aufstiegstrainer zurück. Aber das hat super geklappt.
Ich wohne in der Nähe von Speyer, habe also einen langen Anfahrtsweg von rund 115 Kilometern. Ich bin es aber gewohnt. Bei meinen Trainerstationen in Saarbrücken bin ich 150 Kilometer gefahren, und in Kaiserslautern 90 Kilometer. Es ist aber ein Unterschied, ob ich nur eins bis zweimal die Woche fahren muss oder vier- bis fünfmal die Woche. Da wussten anfangs noch nicht, wie das funktioniert. Ich habe da eng mit meiner Frau den Kontakt gesucht. Ich bin die GFL gekommen, wie die Jungfrau zum Kind. Eigentlich war meine Arbeit für die zweite Saison geplant. Dass die Jungs noch den Hype bekommen und den Aufstieg geschafft haben, war schon schön, aber so nicht geplant. Natürlich muss da zuhause besprchen werden wie das ablaufen könnte. Das hat sehr gut geklappt. Vor zwölf Wochen haben wir Nachwuchs bekommen, Gott sei Dank in der Off-Season.
Schauen wir mal nach vorne. Wie laufen die Vorbereitungen für die neue Saison 2011/2012?
Bis jetzt gut. Wir sind nun im Wintertraining. Haben vor etwa drei, vier Wochen angefangen und befinden uns momentan im athletischen Bereich. Die Jungs quälen sich aktuell drei- bis viermal die Woche in der Halle plus das individuelle Krafttraining. Die Trainingsbeteiligung ist noch nicht ganz am Limit, aber das kommt im Dezember und Januar wieder, wenn die Jungs durchgeatmet haben und die letzte Saison weggesteckt haben.
Wie geht es im Frühjahr dann weiter?
Im Februar gehen wir raus, setzen die Schwerpunkte dann wieder allmählich auf Football. Wir brauchen ein neues Offense-System, da wir dort im Trainierbereich eine Veränderung haben. Im April geht es dann ins Trainingslager nach Köln.
Gibt es schon Zu- oder Abgänge?
Christian Ringleb und Christoph Hoffmann, die in der Defense sehr gute Dienste geleistet haben, hören auf und konzentrieren sich nun mehr auf Familie und Beruf, Quarterback Marius Markgraf geht nach Langen und Marcel Duft muss nach Kreuzbandriss leider aufhören. Momentan laufen die Verhandlungen aber, ob er ins Trainerteam einsteigt.
Als Zugänge haben wir paar gute Jungs aus unterklassigen Teams verpflichtet, die nun versuchen werden den Fuß zwischen die Tür zu setzen. Aber eine richtige "Verstärkung" haben wir noch nicht.
Erstes Jahr American Football in Wiesbaden. Wie fandest Du die Atmosphäre bei den Heimspielen?
Super! Gerade bei den Heimpsielen haben wir unsere besten Spiele in der Saison gemacht. Wenn ich da an Schwäbisch Hall denke, als wir 7:31 zurücklagen und fast den Ausgleich geschafft haben und am Ende knapp verloren, da hat das Stadion gekocht. Aber auch gegen München oder Saarland haben wir echt gute Spiele abgeliefert und auch da war die Stimmung richtig gut gewesen. Das Stadion an der Berliner Straße ist für American Football richtig gut.
Warst Du auch mit der Zuschauerzahl zufrieden?
Ja. Wir haben mit einem Schnitt von 800 gerechnet, 1000 waren es am Ende. Natürlich müssen wir auch sehen, dass wir nun noch mehr bekommen. Da muss auch sportlich was passieren, dass wir zu den Leuten sagen: „Kommt zu den Phantoms, da passiert was”. Wichtig ist dabei auch, dass wir auch in der Off-Season an solchen Dingen arbeiten. Dazu gehören Gespräche mit der Stadt und auch Events wie die Vernissage, um die Leute zu animieren und dann am Ende mal einen Schnitt 1.500 Zuschauer oder 2.000 zu haben. Es wäre wünschenswert.
Es ist noch früh, aber wo soll die Reise in der nächsten Saison gehen?
Wir arbeiten auf die Play-Offs hin und wollen besser sein als letztes Jahr. Da waren wir Fünfter und nächste Saison habe ich den vierten Platz angepeilt. Ich denke das ist okay. Wir müssen uns in der Liga jetzt etablieren. Zur neuen Saison kommen zwei Aufsteiger hoch. Darunter mit Franken Knights ein alter Bekanter und Rivale aus Zweitligazeiten. Auch in der nächsten Spielzeit sind Mannschaften dabei, die wir schlagen werden und müssen, aber die uns auch schlagen können. Da müssen wir immer aufpassen und nicht denken, wir haben Schwäbisch Hall fast geschlagen und unser Ziel sind die Play-Offs, das wir ein Selbstläufer, sondern die zweite GFL Saison wird sehr hart. Doch wenn wir unser Potenzial abrufen, mit ein paar Fehlern weniger, dann werden wir es schaffen.
Das Konzept, das Wiesbaden Phantoms auf lokale Spieler baut, bleibt bestehen?
Wir werden wieder auf deutsche Spieler bauen, bleiben unserer Linie treu und werden keine Amerikaner holen. Dadurch, dass Wiesbaden mit amerikanischen Bürgern aufstockt, werden wir ein Try-Out machen und eventuell den ein oder anderen heranholen, der uns nichts kostet. Wir fliegen aber mit Sicherheit keinen aus den Staaten ein.
Eine finanzielle Frage?
Auch, aber warum soll ich einen amerikanischen Quarterback holen, wenn ich zwei auf der Bank habe? Ich haben eine Kevin Brüngel und einen Guido Reuels. Marius ist leider weg, aber ich hab zwei gute Quarterbacks von denen ich überzeugt bin, dass sie GFL spielen können und dann brauch ich keinen Amerikaner. Ich hab gute Receiver, ich habe gute Running Backs, ich brauch keinen Import.
Es gibt aber viele Vereine die da Wert drauflegen und sagen: Die Amis können es am besten.
Natürlich, aber ich habe nicht das Problem, dass alle meine Quarterbacks von Wiesbaden weggehen. Wenn das der Fall wäre, dann müssten wir uns vielleicht doch überlegen einen Import zu holen. Quarterbacks wachsen nicht auf Bäumen. Aber wir haben momentan zwei, da brauche ich keine Amerikaner. Ich war immer ein Typ Trainer gewesen, genauso wie Michael Treber auch, wir bauen auf deutsche Spieler.
Eine Frage noch zur neuen 2. Mannschaft: Diese wird nächste Saison in der Landesliga antreten?
Schaun mer mal. Wir haben Anfragen von 25 Spielern plus die Jugendspieler, die jetzt herauskommen, die gerne 2. Mannschaft spielen würden. Es steht aber alles noch nicht fest.
Wir haben schon mal die Lizenz beim hessischen Landesverband gestellt, aber in welche Klasse wir spielen werden, wird sich alles erst in den nächsten drei, vier Wochen entscheiden.
Letzte Frage: Ein Wort noch zur erfolgreichen Jugendarbeit.
Unser Aushängeschild in der Jugend ist die A-Jugend. Leider gegen Düsseldorf in den Play-Offs knapp ausgeschieden. Bei den anderen Jugendmannschaften läuft es auch gut und das müssen wir auch weiterhin behalten, denn sind alles Spieler für die nächsten Jahrzehnte und den Herrenbereich. Rund 70% meiner Spieler kommen aus dem Jugendbereich der Phantoms und so soll das auch sein.
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