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In einer Sitzung im hessichen Landtag hat sich der Ministerpräsident Volker Bouffier am Dienstagvormittag zur aktuellen Corona-Krise, den veranlassten Maßnahmen und möglichen Soforthilfen für Kleinunternehmer und Selbstständige geäußert. Am Ende stimmte der Landtag dem milliardenschweren Rettungsschirm für Unternehmen zu.
In seiner Rede verdeutlichte Volker Bouffier den Ernst der Lage – in Deutschland, aber auch global: „Die sogenannte Corona-Krise stellt unser Land vor Herausforderungen, wie es sie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr gegeben hat. Buchstäblich alle Lebensbereiche sind davon erfasst.“ Gleichzeitig zeigte er sich zuversichtlich. Die Pandemie einzudämmen und die Krise zu beherrschen sei möglich, wenn sich alle Bürgerinnen und Bürger an die geltenden Maßnahmen und Regeln hielten.
Am Sonntag, 22. März, hatten Bund und Länder das bereits existierende Kontaktverbot von fünf auf zwei Personen verschärft. Familienmitglieder, Hilfsbedürftige oder Mitglieder des eigenen Haushalts sind von der Regelung ausgenommen. Mit den Einschränkungen will die Regierung die schnelle Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen, um das Gesundheitssystem und das medizinische Personal zu entlasten.
Die persönliche Freiheit eines jeden stark einzuschränken, sei keine leichte Entscheidung gewesen, versicherte der Ministerpräsident in seiner Rede. Er verdeutlichte aber auch, dass die individuelle Freiheit dort aufhöre, wo andere durch sie in Gefahr gerieten. „Freiheit bedeutet deshalb immer auch Verantwortung, ganz konkret für jeden selbst, seine Familie, seine Nachbarn und für unsere Gemeinschaft insgesamt“, so Volker Bouffier. Im Anschluss bedankte er sich bei der Bevölkerung für ihr vornehmlich verantwortungsvolles Verhalten und die große Hilfsbereitschaft im Land.
Der Ministerpräsident bekräftigte, dass die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung die oberste Priorität der Regierung genieße. „Wir haben in Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Aber auch dieses System bedarf in einer solchen Situation besondere Maßnahmen“, sagte er und verwies auf die Entscheidungen der letzten Tage: In Krankenhäusern wurden nicht notwendige Operationen abgesagt, um zusätzliche Intensivbetten zu gewinnen. Außerdem konzentriert sich die Behandlung von Corona-Kranken zukünftig auf sechs Kliniken der Maximalversorgung.
Bouffier verwies zudem auf das Problem der medizinischen Ausstattung. Die Bemühungen Material und Geräte zu beschaffen seien weltweit und auf alle möglichen Kanäle ausgerichtet. Gleichzeitig bedankte er sich bei allen, die im Gesundheitswesen tätig sind. Ihr Engagement verdiene „unser aller Dank und Anerkennung“.
Der Erhalt kritischer Infrastruktur genieße besondere Priorität, so Bouffier, der sich in seiner Rede bei den vielen Erzieherinnen und Erziehern und Lehrerinnen und Lehrern für ihren Einsatz bedankte.
Die Landesregierung und die Kommunen halten die Kinderbetreuung in Kitas und Schulen für Eltern, die zum Beispiel im Gesundheitswesen tätig sind, aufrecht. Sie soll auch in den Osterferien gewährleistet werden.
Die Corona-Krise stellt Unternehmen und Einrichtungen vor existenzielle Bedrohungen. Darum stellte der Ministerpräsident am Dienstag ein Soforthilfeprogramm für Unternehmen in Aussicht.
Die Maßnahmen, die die Bundesregierung und die Länder ergriffen haben, bezeichnete Bouffier als nicht ausreichend. Betroffene bräuchten schnelle und unbürokratische Hilfe, um ihre Grundkosten bezahlen zu können und nicht in die Insolvenz zu rutschen. Kleinunternehmen und Selbstständige würden in der Regel kaum über Rücklagen verfügen. Für sie sei Hilfe besonders wichtig. Darum müsse sich auch das Land Hessen zusätzlich engagieren: „Wir wollen deshalb ein Soforthilfeprogramm des Landes Hessens auflegen, das den Betroffenen schnell und unbürokratisch nicht rückzahlbare Zuschüsse zur Verfügung stellt. Dieses Programm richtet sich vor allem an Klein- und Kleinstunternehmer, Angehörige freier Berufe und Selbstständige mit bis zu 50. Beschäftigten.“
Das Land will demnach die Leistungen des Bundes um Einmalzahlungen aufstocken. Diese richten sich nach der Anzahl der Mitarbeiter:
Betriebe mit über 50 Beschäftigten können Kredite aus dem Bundesprogramm über die Hausbank in Anspruch nehmen. Auch Expressbürgschaften oder Mikrokredite stünden zur Verfügung. „Die von Finanzminister Dr. Schäfer in der vergangenen Woche vorgestellten steuerpolitischen Maßnahmen sind ebenfalls von größter Bedeutung und helfen der Wirtschaft, aber auch vielen Bürgern konkret. Nicht nur die Steuerstundungen, sondern insbesondere auch das Angebot an die Umsatzsteuerzahler, die letzte Rate der Umsatzsteuer auf Antrag zurückzuerhalten, hilft schnell. Wir sprechen hier alleine von einer Summe in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro“, so der Ministerpräsident.
Um die finanziellen Unterstützungen ermöglichen zu können, bedarf es der Zustimmung des Landtags. Volker Bouffier schloss seine Erklärung mit einem Appell: „Jetzt müssen wir alle zusammenstehen. Ungeachtet parteipolitischer Unterschiede erwarten die Bürger von uns allen zurecht, dass wir handeln. Zeigen wir den Bürgerinnen und Bürger, dass sie sich auf uns verlassen können. Zeigen wir: Wir Hessen handeln und stehen auch in der Krise zusammen.“
Das Parlament folgte den Worten Bouffiers und beschloss einstimmig den Rettungsschirm des Landes. Dafür wurde die Schuldenbremse befristet ausgesetzt.
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Foto: Laurence Chaperon