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Die Region wächst. In Wiesbaden leben derzeit rund 290.000 Menschen. Das Rhein-Main-Gebiet ist ein sehr beliebter Raum zum Wohnen. Mit neuen Einwohnern steigt auch die Zahl der Autos auf den Straßen - der Pendlerverkehr zwischen den Landeshauptstädten und dem Rheingau-Taunus-Kreis sorgt für Staus und Verspätungen im Bussystem sowie bei dem Individualverkehr.
700.000 Menschen leben schon heute in der Region, das sind rund 40.000 mehr als noch vor 10 Jahren. 2026 könnte es nach einer Schätzung sogar auf 300.000 belaufen. Gleichzeitig wachsen Mainz und der Rheingau-Taunus-Kreis stetig weiter.
In Wiesbaden steigt die Zahl der Pkw-Neuzulassungen sogar schneller, als die Einwohnerzahlen der Stadt. Mittlerweile kommen 581 Pkw auf 1.000 Einwohner - das sind 100 Autos mehr als vor 20 Jahren.
Die beiden Mobilitätsanbieter ESWE Verkehr und Mainzer Mobilität befördern jedes Jahr mehr als 100 Millionen Fahrgäste. Besonders in Stoßzeiten sind die Busse überfüllt. Das aktuelle Verkehrskonzept ist an seinen Grenzen.
Auch das Straßensystem in der Stadt kann nicht mehr Fahrzeuge, besonders zu den Rush-Hour Zeiten, aufnehmen. Ein neues durchdachtes und gerechtes sowie clever vernetztes Mobilitätskonzept ist für Wiesbaden notwendig, damit der innerstädtische Verkehr auch in der Zukunft attraktiv und ansprechend für alle ist.
Eine Option soll die CityBahn sein, eine moderne Straßenbahn, die Wiesbaden mit Bad Schwalbach und Mainz verbinden soll. Auf hessischer Seite verläuft die Strecke von der Hochschule Rhein-Main über den Hauptbahnhof nach Biebrich bis zur Theodor-Heuss-Brücke in Mainz-Kastel. Die projektierte Neubaustrecke der CityBahn, zwischen der Hochschule Rhein-Main und der Theodor-Heuss-Brücke, stellt den ersten und zentralen Baustein in der perspektivischen Realisierung eines Stadtbahn-Gesamtnetzes zwischen den Landeshauptstädten Wiesbaden und Mainz dar.
Die CityBahn wird entlang der Linie zu rund 80 % auf einer separaten Spur fahren, die als Rasen- oder Pflastergleis ausgestattet ist. Die Strecke wird sich rund 12,2 Kilometer durch Wiesbaden ziehen. Auf der Theodor-Heuss-Brücke sowie an Straßenkreuzungen und bei schmalen Straßenquerschnitten wird sie straßenbündig unterwegs sein, die Gleise werden in die Straße mit Asphaltdecke oder Pflasterung gefasst.
Die Kosten für den Bau der CityBahn werden aktuell netto für den gesamten ersten Abschnitt auf mindestens 426 Millionen Euro geschätzt. Davon entfallen circa 288 Millionen Euro auf den Streckenbereich durch Wiesbaden. Rund 90 % davon würde laut CityBahn GmbH Bund und Land übernehmen. Das sind damit etwa 259 Millionen Euro. Den Rest von 29 Millionen Euro müsste die Landeshauptstadt selbst tragen. Aber die Förderung entfällt nur auf den Bau der Straßenbahnlinie, alles andere ist ausgenommen.
So wie die Baunebenkosten für Planung und Umgestaltung von rund 20 % - dazu zählen Material für den Gleisbau, Haltestellen und die Straßen bzw. Plätze. Diese Summe beträgt etwa 84 Millionen Euro, die ebenfalls aus dem Stadtsäckel, also von den Steuerzahlen, bezahlt werden muss.
Auch die Fahrzeuge für die Straßenbahn müssten die drei Kommunen Wiesbaden, Mainz und der Rheingau-Taunus-Kreis selbst bezahlen. Derzeit sind 38 Fahrzeuge angedacht. Ein Wagen kostet circa drei Millionen Euro. Das sind dann gesamt etwa 228 Millionen Euro. Von denen Wiesbaden den größten Anteil von rund 135 Millionen Euro bezahlen müsste.
Mit diesem abgetrennten Schienensystem werden auf vielen wichtigen Hauptstraßen in Wiesbaden ein oder zwei Fahrspuren für die Autos sowie Busse wegfallen. Kann die CityBahn also wirklich eine Lösung für das Verkehrsproblem in der hessischen Landeshauptstadt sein?
Schaut man über die Stadtgrenze nach Mainz, kommen Zweifel auf. Seit 2016 fährt durch unsere Nachbarlandeshauptstadt die “Mainzelbahn“. Mit diesem neuen erweiterten Angebot wollte man mehr Menschen dazu bewegen, vom Auto auf den ÖPVN zu wechseln. 2008 war die Verkehrsmittelwahl in Mainzer wie folgt: 42 % nutzten das Auto, 21 % Bus & Bahn, 10 % das Fahrrad und 28 % waren zu Fuß unterwegs. 2016 vor der Inbetriebnahme der Mainzelbahn ergab die Umfrage zum Verkehrsnutzungsverhalten folgendes Ergebnis: 39 % fuhren Auto, 22 % Bus & Bahn, 17 % das Fahrrad und 22 % liefen zu Fuß.
Drei Jahre nach der Einführung der Mainzelbahn (Erhebung: Herbst 2019) lag der Anteil des ÖPNV im Mainz unverändert bei 22 %, analog vor der Inbetriebnahme der Straßenbahn. Lediglich der Anteil Fahrrad konnte sich von 17 % auf 21 % verbessern. Weiterhin fuhren 39 % mit dem Auto und 18 % setzten ihre Wege zu Fuß zurück.
Wiesbaden braucht eine neue Verkehrsinfrastruktur und ein durchdachtes Verkehrskonzept, das sowohl zukunftsorientiert als auch wirtschaftlich attraktiv ist. Dies ist unumstritten.
Doch ein öffentlicher Nahverkehr, der an ein starres Schienennetz gebunden ist und mit Fahrzeugen betrieben werden soll, die im Zweifel ein Vielfaches ihrer tatsächlichen Nutzer fassen könnten, scheint angesichts unseres technischen Know-hows und bereits vorhandener innovativer Verkehrskonzepte nicht als Lösung für die Mobilität der Zukunft.
Denn im Zuge der Digitalisierung schreitet auch die Mobilität immer weiter voran, die sich nicht nur ständig verändert, sondern auch weiterentwickelt. In der Zukunft werden die Menschen und der Verkehr mithilfe von digitalen Angeboten miteinander vernetzt sein. So werden verschiedene Verkehrsmittel schnell und einfach miteinander kombiniert: Autonomes Fahren, energieeffizientes Routing, innovative Ladekonzepte, Infrastrukturstandards sowie Nutzerbedarfe und funktionierende Anreizsysteme sowie Smart Mobility. Die Verkehrsmittel werden kombiniert ganz nach dem persönlichen Bedarf.
Spezielle Apps schlagen eine Schneise durch den Verkehrsdschungel. Ob ÖPNV, Auto, Leihfahrzeug, Pedelecs, E- und Cargo-Bikes und On-Demand-Shuttle (Fahrten auf Abruf). Dieses Mobilitätsangebot ist ein neues öffentliches Verkehrsmittel ohne festen Fahrplan oder Linien, das per App bestellt werden kann. ESWE Verkehr arbeitet gerade an dem Konzept mit dem Namen “Rufus“, das mit batteriebetriebenen Fahrzeugen im Jahr 2021 in den östlichen Vororten von Wiesbaden an den Start gehen soll.
Bei der Mobilität der Zukunft ist nicht mehr entscheidend womit, sondern wie schnell und effizient man ans Ziel kommt. Anbieterübergreifend mit verschiedenen Verkehrsmitteln wird per Klick die schnellste oder bequemste Route gefunden. Nach und nach werden solche integrierten Angebote intelligenter und vernetzter: Algorithmen lassen aktuelle Verkehrssituationen per Echtzeit in die Berechnung einfließen. Wiesbaden rüstet derzeit die Ampelanlagen an allen großen und wichtigen Kreuzungen auf eine digitale Verkehrssteuerung “DIGI-V“ um. Auch die Parkplatzsituation am Zielort wird dazugehören. Auch hier wird gerade an einem digitalen Parkraummanagement in der Landeshauptstadt gearbeitet.
Technologien und digitale Geschäftsmodelle für das Thema nachhaltige Mobilität in einem urbanen Raum und einer zukünftigen smarten Stadt sind nicht nur der Schlüssel, sondern auch die Basics für neue Unternehmen sowie Geschäfte und damit einer wachsenden Wirtschaft die allen Menschen in Wiesbaden zugutekommt.
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Foto: Jan Schlotter