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Die hessische Polizei ist erneut gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen vorgegangen: Insgesamt 316 Kräfte haben in der vergangenen Woche bei Schwerpunktmaßnahmen der BAO FOKUS 75 Wohnungen in Hessen durchsucht. Das Hessische Landeskriminalamt koordinierte den Einsatz im Auftrag der hessischen Staatsanwaltschaften.
Durch intensive Aufklärungsarbeit konnten die Polizei 78 Personen ermitteln. Den 74 Männern und vier Frauen werden sexueller Missbrauch von Kindern oder Erwerb, Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie zur Last gelegt. Die Beschuldigten sind zwischen 14 bis 77 Jahre alt.
Insgesamt wurden bei den Durchsuchungen 2.241 Datenträger sichergestellt - darunter 75 Smartphones, 60 Computer und 64 USB-Sticks. „Diese werden nun ausgewertet, um den jeweiligen im Raum stehenden Vorwurf zu erhärten oder zu entkräften“, teilte Laura Kaufmann-Conrad vom LKA Hessen am Dienstag mit.
Die Einsätze fanden in den Städten Darmstadt, Frankfurt am Main, Offenbach am Main sowie Wiesbaden statt. Außerdem in den Landkreisen Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Fulda, Gießen, Groß-Gerau, Hersfeld-Rotenburg, Hochtaunus, Kassel, Lahn-Dill, Limburg-Weilburg, Main-Kinzig, Main-Taunus, Marburg-Biedenkopf, Offenbach, Rheingau-Taunus, Schwalm-Eder, Odenwald, Offenbach, Vogelsberg, Waldeck-Frankenberg, Werra-Meißner und Wetterau.
Nach jetzigem Stand der Ermittlungen standen die Beschuldigten untereinander nicht im Austausch, so Kaufmann.
In Wiesbaden wurden fünf Wohnungen durchsucht - drei im Bereich der Innenstadt und zwei in Vororten.
Darunter war auch die Wohnung einer 44 Jahre alten Frau. Ihr wird die Verbreitung von kinderpornografischen Materials vorgeworfen. Einem 23-Jährigen wird zu Last gelegt, im Besitz von kinderpornografischen Aufnahmen zu sein. Ein weiterer 23-jähriger Wiesbadener hat jugendpornografisches Material verbreitet. Auch bei ihm wurden die Ermittler fündig.
Einem 65 Jahre alten Beschuldigten kamen die Polizisten auf die Schliche, nach dem sich dieser Kinderpornos über das Internet besorgt hatte.
Der schwerwiegendsten Fall bezieht sich in Wiesbaden auf einen 21-Jährigen. Er soll so die Ermittler, Kinder sexuell missbraucht haben.
Alle fünf Beschuldigte aus Wiesbaden wurden vernommen und entsprechendes Beweismaterial beschlagnahmt. Dieses wird nun ausgewertet. Die vier Männer und die eine Frau sind nach den polizeilichen Maßnahmen wieder auf freiem Fuß gesetzt worden.
Die Hinweise und Ermittlungsverfahren, die in der BAO FOKUS bearbeitet werden, erreichen die BAO auf verschiedensten Wegen: Beispielsweise erstatten Bürgerinnen oder Bürger Anzeigen auf Polizeirevieren oder über die Online-Wache auf der Homepage der hessischen Polizei. Teilweise entwickeln sich aus bereits laufenden Verfahren Folgeverfahren.
In vielen Fällen erhalten die hessischen Ermittlerinnen und Ermittler Hinweise von Internetdienstleistern oder der US-amerikanischen Organisation NCMEC (National Center for Missing and Exploited Children), die von Internetprovidern über Missbräuche im Zusammenhang mit Kinder- und Jugendpornografie oder sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen informiert wird.
Amerikanische oder in Amerika tätige Netzbetreiber sind verpflichtet, mögliche strafbare Inhalte an NCMEC zu melden. Das NCMEC schickt die Daten weiter in die Länder, in Deutschland an das Bundeskriminalamt, von wo aus sie an die Polizeien der Bundesländer weitergeleitet werden. Die Zahl der Hinweise, die über NCMEC gemeldet werden, nimmt kontinuierlich zu.
Vor über einem Jahr wurde daher eigens die sogenannte Clearingstelle der BAO FOKUS eingerichtet, in der alle NCMEC-Meldungen bearbeitet werden. In der Clearingstelle sind über 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hessichen Landeskriminalamtes tätig. Sie kontrollieren die eingehenden Meldungen - etwa darauf, ob Hinweise vorliegen, dass ein Kind akut real missbrauchsgefährdet und damit direkter Handlungsbedarf geboten ist. Die Ermittlungsteams schöpfen zudem alle Möglichkeiten aus, um Tatverdächtige zu identifizieren.
Durch die enge Abstimmung der Clearingstelle mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Zentralstelle für Internetkriminalität (ZIT), konnten Bearbeitungsstandards festgelegt werden, die das Vorgehen standardisieren und damit deutlich vereinfachen und beschleunigen. Durch die wichtige Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Clearingstelle ist es bereits gelungen, reale Missbräuche an Kindern und Jugendlichen zu stoppen und die Weiterverbreitung sexueller Darstellungen Minderjähriger zu unterbinden.
Die BAO FOKUS (Besondere Aufbauorganisation für Fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderpornografie Und Sexuellen Missbrauch von
Kindern) hat aufgrund steigender Fallzahlen im Bereich der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Oktober 2020 ihre Arbeit aufgenommen. Seither wurden 63 Haftbefehle vollstreckt, über 1.800 Beschuldigte erkennungsdienstlich behandelt und mehr als 66.000 Datenträger sichergestellt.
In der BAO arbeiten hessenweit über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind über 180 Ermittlerinnen und Ermittler. Sie ist organisatorisch im Hessischen Landeskriminalamt angesiedelt. Über den dortigen Führungsstab wird eine landesweite Koordination der Einsatzmaßnahmen gewährleistet. In jedem der sieben hessischen Polizeipräsidien wurde ein Regionalabschnitt gebildet.
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Symbolfoto