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Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden in Zusammenarbeit mit Polizeipräsidium Westhessen informierte am Donnerstagvormittag im Justizzentrum Wiesbaden über den aktuellen Stand im Fall der 14-Jährigen. Erschütternde Details zu dem Gewalt- und Sexualverbrechen wurden bekannt. Die zeitliche Abfolge haben wir in einer Chronologie dargestellt.
Oktober 2015: Ali Bashar und die Familie mit fünf Geschwistern reist über den Landweg nach Deutschland mit dem großen Flüchtlingsstrom ein. Zunächst kommen sie in die Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen.
April 2016: Umzug in eine Flüchtlingsunterkunft nach Wiesbaden. Susanna lernt den jüngeren Bruder von Ali Bashar kennen. Sie ist auch mehrmals zu Besuch in der Unterkunft und lernt Ali Bashar kennen.
September 2016: Ali Bashar reicht seinen Asylantrag ein, weil er im Irak mit Tod und Folter bedroht sei.
Oktober 2016: Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF). Ali Bashar gibt an, dass er in seiner Heimat von der kurdischen Arbeiterpartei PKK bedroht sei.
Dezember 2016: Der Asylantrag wurde abgelehnt.
Januar 2017: Über einen Wiesbadener Anwalt wurde beim Verwaltungsgericht Klage gegen den Ablehnungsbescheid eingereicht. Daraufhin erhält Bashar eine Aufenthaltsgestattung, bis das Verfahren abgeschlossen ist.
April 2017: In der Wiesbadener Innenstadt wird eine Frau von einer Menschengruppe angepöbelt. Zwei Passanten schalteten sich ein. Dadurch entwickelte sich eine Schlägerei. Hier fiel der Name Ali Bashar. Das Verfahren musste am Ende eingestellt werden, da nichts nachgewiesen werden konnte.
Mai 2017: Ein Türke, der an der Tat beteiligt zu sein verdächtigt wird, reiste nach Deutschland und beantragt in Thüringen Asyl.
Juni 2017: Der Türke ist bei der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen aufgetaucht. Er wurde nach Wiesbaden in eine Unterkunft zugewiesen. Er stellt einen Asylantrag und gab an als Kurde im syrischen Bürgerkrieg für die kurdische Miliz YPG (syrischer PKK-Ableger) gekämpft zu haben. Über den Asylantrag wurde bisher nicht entschieden. Der türkische Staatsangehörige ist polizeilich seitdem nicht in Erscheinung getreten.
Februar 2018: Mehre Männer greifen einen Mann in der Wiesbadener Innenstadt an. Der Geschädigte verweigert die Aussage. Die Polizei traf in Tatortnähe Ali Bashar an, der jedoch eine Tatbeteiligung bestreitet. Es gelang den Beamten nicht, ihm eine Tatbeteiligung nachzuweisen.
24. März 2018: Ali Bashar taucht nachts in der Wiesbadener Innenstadt am Kochbrunnen auf. Er rempelt eine Polizistin an, die zu Boden fällt. Bashar schlägt und spuckt um sich. Die Landespolizei wurde hinzugezogen und nahm ihn schließlich fest. Es wurde ein Strafverfahren eingeleitet, das in Kürze weiter bearbeitet wird.
März 2018: In der Flüchtlingsunterkunft, wo sich auch Ali Bashar befand, berichtet ein elfjähriges Mädchen ihrer Schwester, dass es von einem Ali in der Unterkunft vergewaltigt worden sei. Die Polizei hat davon erst am 17. Mai Kenntnis, da das Mädchen sich erst sehr spät ihrer Schwester anvertraut hatte. Diese Tat konnte die Polizei Ali Bashar noch nicht nachweisen. Die Vernehmung mit dem Mädchen muss behutsam durchgeführt werden. Bisher konnte noch keine intensive Befragung aufgrund der Situation erfolgen.
April 2018: Ali Bashar und ein weiterer Beteiligter sollen einen Mann mit einem Messer bedroht haben und ihn ein Gebüsch gezerrt haben. Wertsachen wurden entwendet.
19. April 2018: Bei einer Kontrolle in der Wiesbadener Innenstadt wurde bei Ali Bashar ein Einhandmesser gefunden. Dieses wurde beschlagnahmt. Die Stadt hat eine Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Waffenbesitzverbot gestellt.
22. Mai 2018: Die 14-jährige Susanna F. hält sich an diesem Tag in Wiesbaden auf. Sie kommt abends nicht zu ihrer Mutter nach Mainz. Nach derzeitigem Kenntnisstand soll sich die 14-Jährige in Erbenheim aufgehalten haben (letztes Handysignal). Am Abend ihres Verschwindens schrieb sie ihrer Mutter noch eine WhatsApp-Nachricht: "Mama such nicht nach mir. Ich bin mit meinem Freund nach Paris gefahren. Ich komme vielleicht in zwei, drei Wochen."
Ermittler gehen davon aus, dass sie in das Feld gelockt wurde und anschließend vergewaltigt wurde. Um die Tat zu vertuschen, wurde sie durch Gewalteinwirkungen am Hals getötet. Der Leichnam wurde circa 400 Meter weit in Richtung Dyckerhoffbruch und der anderen Seite der Ländchesbahn gebracht. Ein Erdloch wurde ausgehoben und mit Gräsern, Holz und Ästen abgedeckt.
23. Mai 2018: Die Mutter meldet die 14-Jährige vermisst bei der Polizei in Mainz. Die Mainzer Polizei schalteten die Kollegen in Wiesbaden ein, da sie sich zu zuletzt in der hessischen Landeshauptstadt befand.
29. Mai 2018: Die Mutter erhält abends von einer Freundin/Bekannten ihrer Tochter die Mitteilung, das die 14-Jährige tot sei und die Leiche in der Nähe eines Bahngleises liegen würde. Sie informiert daraufhin die Polizei in Mainz und Wiesbaden. Die meldende Person konnte nicht befragt werden, da sie auf Kurzurlaub und nicht erreichbar sei.
30. Mai 2018: Das Verfahren wechselt von der Polizei Mainz nach Wiesbaden. Mittwochnachmittag wurde mit einem Hubschrauber über Erbenheim nach dem Mädchen gesucht. Eine Hundertschaft der Polizei sowie Leichenspürhunde werden eingesetzt.
31. Mai 2018: Die Familie Bashar verlässt fluchtartig die Unterkunft. Der Hausmeister hatte sie am Donnerstagabend das letzte Mal gesehen.
1. Juni 2018: Es wurden acht Flüge von Ali Bashar und seiner Familie unter falschen Namen online gebucht.
2. Juni 2018: Die Familie bucht die Flüge am Flughafen in Düsseldorf um und bezahlt vor Ort in bar. In einem One-Way-Ticket ging es von Düsseldorf nach Istanbul. Mit einem Anschlussflug am selben Tag weiter bis nach Erbil in Irak. Beim Einchecken legte die Familie sogenannte Laissez-Passer-Dokumente vor, die vom irakischen Konsulat ausgestellt wurden. Bei den Kontrollen wurden die Namen nicht mit den Flugtickets und den Aufenthaltsgestattungen abgeglichen, da sie in arabischer Schrift verfasst waren. Lediglich prüfte man die Lichtbilder.
3. Juni 2018: Ein 13-Jähriger, der in der gleichen Unterkunft wie Ali Bashar wohnt, meldet sich beim ersten Polizei-Revier in Wiesbaden. Er sagt aus, dass der 20-jährige Iraker die 14-Jährige vergewaltigt und getötet hatte. Der Leichnam soll sich im Feld bei Erbenheim befinden.
4. Juni 2018: Die Polizei sucht am Montag die Flüchtlingsunterkunft auf. Ali Bashar konnte nicht angetroffen werden. Kleidung von Ali Bashar wurde sichergestellt. Er wird zur Fahndung ausgeschrieben. Abhörmaßnahmen wurden in der Unterkunft durchgeführt.
Die Suchmaßnahmen wurden intensiviert. Zwischen 300 bis 400 Polizisten sind mit der Suche beschäftigt. Leichenspürhunde und ein Hubschrauber kamen zum Einsatz.
5. Juni 2018: Die Suche wird in gleichem Umfang fortgesetzt.
6. Juni 2018: Am Mittwochnachmittag wurde die Leiche der 14-Jährigen in einem Erdloch in der Nähe von Bahngleisen in einem Feld bei Erbenheim gefunden. Am späten Nachmittag/Abend wird der tatverdächtige 35-jährige Türke festgenommen. Er wurde umgehend befragt. Die Staatsanwaltschaft wollte aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen.
7. Juni 2018: In der Pressekonferenz bestätigt die Staatsanwaltschaft, dass die 14-Jährige Susanna tot ist. Zunächst wird von zwei Tatverdächtigen ausgegangen. Der 20-jähriger Iraker Ali Bashar wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Der 35-jährige Türke wird am Abend freigelassen. Laut Staatsanwaltschaft besteht kein dringender Tatverdacht mehr.
Die Polizei hat ein Call-Center mit mehreren Polizeibeamten eingerichtet, welches ab sofort besetzt ist. Unter der Rufnummer 0611 / 345-5555 können Zeugen oder Hinweisgeber Angaben machen. Unter anderem ist für die Ermittler von Bedeutung, wo sich Ali Bashar, vielleicht auch in Begleitung von Susanna F., seit dem 22. Mai, oder auch wenige Tage zuvor, aufgehalten hat.
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