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Immer wieder kommt man im Alltag in Situationen, an denen man abwägt, ob man etwas tut oder ob man wegschaut. Jeder kennt solche Momente: Kinder prügeln sich, ein Mann schlägt seine Frau, Sachbeschädigungen oder andere Straftaten, die man sieht, erkennt, aber dennoch nicht handeln mag oder kann. Die Bürgerinnen und Bürger, die am Dienstagnachmittag ins Polizeipräsidium Westhessen in Wiesbaden eingeladen wurden, haben nicht weg gesehen, sondern sind entschlossen und tatkräftig eingeschritten. Sie haben im besonderen Maß Zivilcourage gezeigt oder vorbildlich gehandelt, zum Beispiel bei der Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten.
Steffen Kraft aus Wiesbaden ist auf eine gefährliche Körperverletzung zum Nachteil anderer Personen aufmerksam geworden und ist eingeschritten. Das engagierte Handeln einer Frau führte dazu, dass ein gesuchter Sexualstraftäter festgenommen werden konnte. Eine Autofahrerin wurde Zeugin, als ein vor ihr fahrender Pkw-Fahrer eine Unfallflucht beging. Sie folgte dem Flüchtenden und informierte die Polizei. Eine weitere Zeugin beobachtete professionelle Trickdiebe bei einem Diebstahl, informierte die Polizei und trug dazu bei, dass die Täter festgenommen wurden.
Dr. Charlotte Reinhardt nutzte die frühen Morgenstunden in der Römergasse in Wiesbaden-Dotzheim, um ihre Wohnung zu durchlüften. Sie vernahm einen lauten Knall und konnte durch ihr Fenster einen beschädigten Außenspiegel eines Autos erkennen. Ihr Mann erhielt den Auftrag, die Polizei zu informieren, Reinhardt schwang sich auf ihr Fahrrad und verfolgte den Täter, der kurz nach ein paar weiteren Sachbeschädigungen in einem Haus verschwand.
Die Zeugin wartete auf die Polizei, die kurz darauf den Täter festnahm. Der Randalierer, der kein unbeschriebenes Blatt war, hatte eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Insgesamt 52 Sachbeschädigungen konnte man ihm nachweisen.
Die zwei Polizeibeamte, Benjamin Rasch und David Stegemann, hatten einen dienstlichen Auftrag Anfang Oktober auf dem Schlossplatz in Wiesbaden. Rasch beobachtete, wie sich ein Kleinkind an einem Wurststück so sehr verschluckte, dass es zu ersticken drohte. Das Stück hatte sich vor die Luftröhre gelegt, so dass der Junge nicht mehr atmen konnte. Beherzt holte der Polizeibeamte mit den Fingern das Wurststück aus dem kleinen Rachen. Mit zwei kräftigen Beatmungsstößen gelang es ihm, das Kind wieder zum selbstständigen Atmen zu bringen (lesen Sie auch den verlinkten Artikel).
Trickdiebe versuchen an das Geld von unbescholtenen Bürgern zu kommen. Fast täglich hecken sie eine hinterhältige Masche aus, um meist ältere Maschen damit übers Ohr zu hauen.
Einige aufmerksame Zeugen erkannten die Betrügereien und konnten in mehreren Fällen, vor allem Senioren, vor größeren Schaden bewahren. Ob es Bankangestellte waren, die bei hohen Barabhebungen aufmerksam wurden und mit Umsicht handelten oder Angehörige, die bei der Sache ein ungutes Gefühl hatten. Sie alle reagierten richtig, zeigten Zivilcourage und schritten ein.
So auch ein 13 Jahre altes Enkelkind, die das eigenartige Verhalten ihrer Oma so zu schaffen machte, dass sie ihre Mutter informierte. Die richtige Reaktion schützte die Großmutter vor einem Schaden in Höhe von 15.000 Euro.
Die Dunkelziffer ist bei Trickbetrügereien erschreckend hoch. „Viele ältere Mitbürger trauen sich nicht, wenn sie Opfer von solchen Straftaten geworden sind, darüber zu reden oder Anzeige zu erstatten. Gerade Scham spielt dabei eine große Rolle“, erzählt Polizeipräsident Müller.
Auch die Bankangestellte Sandra Krämer wurde von einer Kollegin am 12. Juli darauf aufmerksam gemacht, dass eine betagte Kundin ihrer Bank in Wiesbaden-Bierstadt einen ungewöhnlich hohen Geldbetrag bar abheben möchte. Zunächst höflich befragt nannte die Dame, die angab, eine neue Küche kaufen zu wollen. Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurde die Seniorin merklich nervöser. Nach erneutem Nachfragen erklärte die Kundin den wahren Grund ihres Bankbesuchs. Sie hätte vor Tagen einen Einwurfzettel mit einem Angebot für Teppichreinigung in ihrem Briefkasten gefunden. Da ihre Teppiche schon sehr lange ungereinigt waren, hatte sie den Kontakt aufgenommen. Die Betrüger kamen darauf in ihr Haus, rollten die Teppiche ein und trugen sie in ihr Fahrzeug. Die Täter erklärten der Dame, dass die Reinigung 8.800 Euro kosten würde, aber sie sofort in bar eine Anzahlung in Höhe von 6.000 Euro machen muss.
Die Dame in der Bank erklärte weiter, dass die “Teppichreiniger“ vor der Bankfiliale im Auto auf sie warten würden. Sandra Krämer zögerte keinen Augenblick und rief die Polizei, die umgehend die Betrüger dingfest machen konnten.
Eine Polizeibeamtin aus Frankfurter war privat im Globus-Markt in Nordenstadt einkaufen und beobachtete ein Mann, der auffällig das Umfeld taxierte. Die geschulte Beamtin verfolgte in sicherem Abstand diesen Mann, um sein Vorhaben einschätzen zu können. Nachdem auch ein zweiter “Betrügerkollege“ ausfindig gemacht werden konnte, rief die Beamtin die Kollegen der Wiesbadener Polizei und lotste die gerufenen Beamten zu den Betrügern. Wenig später klickten die Handschellen. (Mehr Informationen zu dem Fall im verlinkten Artikel.)
Jeder Bürger ist gefordert, sich und sein Umfeld bewusst wahrzunehmen. Sollte dabei einem etwas seltsam oder merkwürdig vorkommen, ist es wichtig, die Lage und Situation zu analysieren und einzuschätzen. Sich selbst in Gefahr bringen muss man nicht und das erwartet auch keiner. In vielen Fällen ist ein Anruf bei der Polizei unter 110 mit einer Kurzbeschreibung schon das Wichtigste, um sich und andere vor Schaden zu bewahren oder zu Helfen.
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